Das also ist mein Leben - Chbosky, S: Das also ist mein Leben - The Perks of Being a Wallflower
eine Akte, in der alles über einen steht.
Jedenfalls, am ersten Tag setzte sich Brad neben mich, und er wirkte sehr traurig. Ich glaube, nach dem ersten Schock war ihm inzwischen klar geworden, was er da gemacht hatte.
»Charlie?«
»Ja?«
»Danke. Danke, dass du eingegriffen hast.«
»Schon okay.«
Und das war’s. Seither habe ich nicht mehr mit ihm geredet. Und er hat sich auch nicht wieder neben mich gesetzt.
Zuerst hatte mich das, was er gesagt hatte, verwirrt, aber dann habe ich es verstanden: Ich würde auch nicht wollen, dass meine Freunde Sam zusammenschlagen, auch wenn ich sie nicht mehr gern haben dürfte.
Als wir heute vom Nachsitzen kamen, wartete Sam draußen auf mich. Und sie lächelte. Ich war wie betäubt. Ich konnte nicht glauben, dass sie wirklich da war. Dann sah sie Brad mit eisigem Blick an.
»Sag ihm, dass es mir leid tut«, sagte Brad.
»Sag ihm das selbst«, erwiderte Sam.
Brad senkte den Blick und ging zu seinem Auto. Und dann kam Sam zu mir und strich mir durchs Haar.
»Du bist also dieser Ninja, was?«
Ich glaube, ich habe genickt.
Sam fuhr mich mit ihrem Pick-up nach Hause. Unterwegs sagte sie mir, dass sie wirklich sauer auf mich war wegen dem, was ich Mary Elizabeth angetan hatte. Sie sagte, dass Mary Elizabeth eine sehr gute Freundin von ihr war und dass Mary Elizabeth für sie da gewesen war, als sie diese schlimme Zeit durchgemacht hatte – die, von der sie mir erzählt hatte, als sie mir die Schreibmaschine geschenkt hatte. Sie sagte, dass mein Kuss bei Craig einen Keil zwischen sie und ihre Freundin getrieben hatte. Offenbar weil Mary Elizabeth mich wirklich sehr gemocht hatte. Das machte mich traurig, weil ich nicht gewusst hatte, wie sehr. Ich hatte gedacht, sie wollte mir lediglich ihre »großartigen Sachen näherbringen«. Da sagte Sam:
»Manchmal bist du einfach wirklich dämlich, Charlie. Weißt du das?«
»Ja. Das stimmt. Ich meine, weiß ich. Ehrlich.«
Dann sagte sie, dass Mary Elizabeth und sie darüber weg seien und es sei gut gewesen, dass ich Patricks Rat befolgt und mich so lange ferngehalten hatte, weil das alles einfacher gemacht hätte. Also sagte ich:
»Können wir jetzt wieder Freunde sein?«
»Natürlich.«
»Auch Patrick?«
»Auch Patrick.«
»Und alle anderen?«
»Und alle anderen.«
Da musste ich weinen. Aber Sam sagte, ich solle bloß damit aufhören.
»Weißt du noch, was ich eben Brad gesagt habe?«
»Ja. Du hast ihm gesagt, er soll Patrick persönlich sagen, dass es ihm leid tut.«
»Ganz genau. Und das gilt auch für Mary Elizabeth.«
»Ich habe es ja versucht, aber sie …«
»Ich weiß, dass du es versucht hast. Ich will aber, dass du es noch einmal versuchst.«
»Okay.«
Sam setzte mich zu Hause ab, und als sie um die Ecke bog, fing ich wieder an zu weinen. Weil wir wieder Freunde waren. Und ich schwor mir, das nie wieder aufs Spiel zu setzen – und das werde ich auch nicht, das kannst Du mir wirklich glauben.
Heute in der Rocky Horror Picture Show war die Stimmung ziemlich angespannt. Gar nicht mal wegen Mary Elizabeth – das war eigentlich ganz in Ordnung. Ich sagte ihr, dass es mir leid tat, und dann fragte ich, ob sie mir etwas sagen wolle. Und genau wie früher erhielt ich eine sehr lange
Antwort. Als ich fertig mit Zuhören war – ich habe ihr wirklich zugehört –, sagte ich noch einmal, dass es mir leid tat. Und sie sagte, es sei gut, dass ich nicht versuchte, irgendwelche Ausflüchte zu finden. Und dann war eigentlich alles wieder wie früher, außer dass wir nur noch »Freunde« waren.
Um ehrlich zu sein, ich glaube, dass vor allem deshalb wieder alles im Lot ist, weil Mary Elizabeth jetzt mit einem von Craigs Freunden ausgeht. Er heißt Peter und geht aufs College, was Mary Elizabeth sehr freut. Auf der Party später bei Craig bekam ich mit, wie sie zu Alice sagte, sie sei viel glücklicher mit Peter, weil er eine »klare Meinung« habe und sie über so vieles diskutierten. Sie sagte, ich sei ja wirklich nett und verständnisvoll, aber unsere Beziehung sei zu einseitig gewesen. Sie wolle jemanden, der etwas gesprächiger ist und keine Erlaubnis braucht, bevor er den Mund aufmacht.
Da wusste ich nicht, ob ich lachen oder weinen sollte. Darüber, wie seltsam wir alle doch waren, vor allem ich. Aber ich war auf einer Party mit meinen Freunden, also spielte es in diesem Moment keine große Rolle. Ich trank bloß eine Menge, weil es höchste Zeit wurde, das Grasrauchen etwas einzuschränken.
Was die
Weitere Kostenlose Bücher