Das Alte Aegypten
nichts mehr vorhanden. Heliopolis, einst Hauptstadt des 13. unterägyptischen „Gaus des unversehrten Zepters“, war neben Theben und Memphis eines der drei geistigen Zentren des Landes. Fundstücke machen deutlich, dass hier seit der 3. Dynastie an den üppig ausgestatteten Kultbauten des Sonnengottes gearbeitet wurde. Im Innersten seines Tempels hoch verehrt wurde der Benben-Stein, auf den die Tradition zurückgeht, Obelisken aufzustellen. Der monolithische, sich auf quadratischem Grundriss nach oben verjüngende Stein war ein uraltes Kultmal und wurde als die Stelle angesehen, auf die die ersten Sonnenstrahlen getroffen waren. Mindestens 16 Obelisken versuchten mit ihren vergoldeten Spitzen es ihm nachzutun. Heute steht hier, zwölf Kilometer nordöstlich von Kairo, als einziger würdevoller Rest noch einer von zwei Obelisken, die Sesostris I. um 1942 v. Chr. anlässlich seines Regierungsjubiläums aufstellen ließ – es ist das älteste noch an Ort und Stelle stehende Exemplar in Ägypten. Sein unter Ramses II. errichtetes, mit 20,40 m gleich hohes Gegenstück gelangte als Beutestück der Römer unter Kaiser Augustus nach Rom und wurde dort im Circus Maximus aufgestellt. Zwei weitere Obelisken, 13 m hoch und aus rotem Granit, die einst Thutmosis III. anfertigen ließ, zieren seit dem 19. Jahrhundert das Londoner Themseufer und den Central Park in New York.
Re
Der Sonnengott Re gilt neben Amun und Osiris als wichtigster der zahlreichen Götter Ägyptens. Er erschien je nach Tageszeit in anderer Gestalt: am Tage falkenköpfig mit von einer Kobra umwundenen Sonnenscheibe als Re-Harachte, am A|bend in Menschengestalt als Atum-Re und am Morgen in der Gestalt eines Skarabäus als Chepre. Als Weltenlenker fährt er in der Sonnenbarke über den himmlischen Ozean, als Amun-Re auch durch die Unterwelt, wo er widderköpfig erscheint. Der Titel „Sohn des Re“ wurde in der 4. Dynastie in die Titulatur der Pharaonen (siehe S. 178) aufgenommen. Die Sonnenreligion wurde in der 5. Dynastie zur Staatsreligion
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Schöpfungsmythos von Heliopolis
Auch Atum, der Schöpfergott, wurde in Heliopolis angebetet. Er soll hier auf dem Urhügel erschienen sein, der aus dem chaotischen Urwasser Nun aufgetaucht war. Als Atum-Re schuf er das Licht. Ihm wurden nicht nur Tempel errichtet, es wurde auch ein „Hohe Sand“ genannter Hügel von etwa 600 m Durchmesser aufgeschüttet, der den Urhügel symbolisieren sollte.
All das ist längst Vergangenheit. Was von den Römern nicht weggeschafft wurde, verfiel nach dem Schließen der Tempel. Die Steine nutzte man zur Befestigung der nahen Stadt Kairo. Die kommenden Jahrhunderte begruben die Überreste mit Sand.
Das einzige Monument, das sich an Ort und Stelle in Heliopolis erhalten hat, ist der Obelisk Sesostris' I. (1965-1920). Als ältester der vier noch aufrecht stehenden „Nadeln der Pharaonen“ in Ägypten steht er in Sichtweite der Pyramiden von Giza
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(c) dpa/picture alliance, Frankfurt am Main
Wächter der Pyramiden
Der Sphinx von Giza
Auf einer Stele, die Thutmosis IV. (1400-1390) zu Füßen des Sphinx von Giza aufstellen ließ, berichtet er von einem Traum, den er als Prinz hatte, während er sich dort, am östlichen Ende des Aufgangs zur Chephren-Pyramide ausruhte. Ihn träumte, dass ihm der Sonnengott den Thron versprach, wenn er sein Bildnis davor rette, im Wüstensand zu versinken.
Der Löwe von Ägypten
In Sphingen sahen die Ägypter die Macht des Königs verkörpert. Sie wurden meist mit Löwenleib und Menschenkopf, manchmal auch widder- oder falkenköpfig dargestellt, selbst Kombinationen mit Krokodilen, Schlangen und Schakalen waren möglich. Seit dem Neuen Reich säumten sie die Prozessionswege zu vielen Tempeln, wie in Karnak und in Luxor. Das größte (Länge: 72,5, Breite: 19,1 und Höhe: 20,2 m) und berühmteste Exemplar, der Große Sphinx von Giza, jedoch ist 1000 Jahre älter. Er wurde wahrscheinlich schon während der Herrschaft König Chephrens (2558-2532) aus einem stehen gebliebenen Kalksteinblock des Plateaus von Giza geschlagen. Da er neben dem Taltempel seiner Pyramide sitzt, trägt er vermutlich auch des Königs Züge. Die Proportionen des Sphinx, der genau nach Osten schaut – ein Hinweis auf den Sonnengott Re, den er ebenfalls verkörpert – sind disharmonisch, der Löwenkörper viel zu lang. Schuld daran sind vermutlich Verwerfungen im Fels, die eine realistischere Darstellung verhinderten. Auch die Sandsteinverkleidungen, die ihm schon während
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