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Das alte Haus am Meer

Das alte Haus am Meer

Titel: Das alte Haus am Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: wentworth
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sie heute Morgen bei Ashley’s traf, habe ich deshalb gefragt, ob dem wirklich so sei.«
Ein ungläubiger Ausdruck trat in die ebenmäßigen Züge von Inspektor March.
»Sie haben sie bei Ashley’s nach ihrem Testament ausgefragt?« Seine Stimme war so ungläubig wie sein Gesichtsausdruck.
»O ja«, sagte Miss Silver. »Sie kaufte gerade einen Badeanzug, und es war sonst niemand am Verkaufstisch. Ein Geschäft ist wirklich ein ziemlich sicherer Ort für Gespräche, weil jeder mit seinen eigenen Angelegenheiten beschäftigt ist – Einkaufslisten, und ob man etwas Passendes zu den Bändern findet, die man vor zwei Monaten gekauft hat und so weiter. Wir hatten eine höchst vertrauliche Unterhaltung, während die Verkäuferin am nächsten Tisch bediente.«
March lehnte sich zurück und betrachtete seine ehemalige Lehrerin. Und dachte, wie absolut sie doch dieser Rolle entsprach. Egal, worüber sie an irgendeinem Ort der Welt redete, kein Mensch würde glauben, dass es sich dabei um etwas von auch nur der geringsten Bedeutung handelte. Er seufzte halb verzweifelt und sagte:
»Na los, erzählen Sie es mir.«
Miss Silver faltete ihre schwarz behandschuhten Hände über einer abgewetzten schwarzen Handtasche.
»Nun, das war schon so gut wie alles. Ich habe sie gefragt, ob noch jemand von ihrem Testament profitiere, und sie erwähnte Mr Rafe. Das war alles. Außer, dass ich sie drängte, ihren Anwalt anzurufen und ihn anzuweisen, das Testament zu vernichten.«
March machte eine Bewegung.
»Er würde das sicher nicht auf eine telefonische Anweisung hin tun.«
Miss Silver hüstelte leicht tadelnd.
»Das würde keine Rolle spielen. Vor allem drängte ich Mrs Jerningham, nach Hause zu gehen und der ganzen Familie mitzuteilen, dass ihr Anwalt auf ihre Anweisung das Testament vernichtet habe. Sollte irgendjemand noch einmal planen, sie umzubringen, so würde er natürlich abwarten, bis er sicher sein kann, dass ein Testament zu seinen Gunsten existiert. Er könnte es sich nicht leisten, das Risiko eines Mordes auf sich zu nehmen, um dann festzustellen, dass alles Geld unwiderruflich für ihn verloren wäre.«
»Das träfe für Dale Jerningham ebenso zu wie für seinen Cousin Rafe.«
»Es würde auf Mr Dale Jerningham, Mr Rafe Jerningham und auch auf Lady Steyne zutreffen.«
»Und Sie glauben ernsthaft, dass einer dieser drei versucht hat, sie umzubringen?«
»Es versucht hat und es wieder versuchen wird.« Sie machte eine Pause und fügte dann hinzu: »Ist das nicht auch Ihre Ansicht, Randal?«
»Ihre oder meine Ansicht, das ist hier nicht so wichtig. Was wir brauchen, sind Beweise, und bis jetzt deuten alle Beweise in diesem Fall einzig auf den unseligen Pell. Ich habe heute Vormittag Rafe Jerningham aufgesucht – deshalb war ich nicht im Büro. Ich habe noch nie einen unnützeren und sinnloseren Morgen verbracht. Zuerst habe ich mit Mrs Jerningham gesprochen. Sie ist eine gute Zeugin und machte klare Angaben bezüglich ihrer Jacke. Sie hat sie letzten Sonntagabend getragen. Rafe hat sie ihr geholt, und hat ihr auch in die Jacke hineingeholfen. Undeutliche Abdrücke am Kragen bestätigen das. Er hat sie jedenfalls nicht bei den Schultern gehalten, wie er es hätte tun müssen, um die frischeren, deutlichen Spuren zu hinterlassen. Sonst hat niemand sie berührt. Sie ging danach direkt ins Haus, zog die Jacke aus und hängte sie in einen Schrank in ihrem Schlafzimmer. Auch ihrem Mann ist sie nicht begegnet. Die undeutlichen Abdrücke sind möglicherweise von ihm. Der Abdruck mitten auf dem Rücken könnte auch zu einem anderen Zeitpunkt entstanden sein. Sie sind schwer von Pells Abdrücken zu unterscheiden. Aber Rafe Jerningham hat die Jacke in den Händen gehabt – wer auch immer sie anhatte. Und da seine Abdrücke die frischesten sind, müssen sie vom Mittwochabend stammen. Aber ich kann es nicht beweisen.«
»Hat er eine Erklärung abgegeben?«
March lachte.
»O ja, aalglatt ist er. Jawohl, er holte die Jacke und half Mrs Jerningham hinein. Und das war’s. Rafe Jerningham ist nicht auf den Kopf gefallen. Er weiß so gut wie Sie und ich, wie wir mit dieser Argumentation vor Gericht aussehen würden. Ich höre ihn geradezu bei der Vernehmung: ›Natürlich hatte ich die Jacke in den Händen. Ich brachte sie Mrs Jerningham und half ihr hinein. Ich vermute, meine Abdrücke sind überall zu sehen.‹ Ich sage Ihnen, er grinste mir ins Gesicht und lud mich zu einem Tennisspiel ein, wenn ich nicht im Dienst bin.«
Miss Silver

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