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Das alte Haus am Meer

Das alte Haus am Meer

Titel: Das alte Haus am Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: wentworth
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die Male, als dieser Blick zu sagen schien – ich liebe dich. Jetzt schien er nur zu bedeuten – ich will etwas haben, gib es mir! Sie hatte immer versucht, ihm zu geben, was er wollte. Sie musste es weiter versuchen.
Er sprang auf und zog sie hoch.
»Du machst es? O, Liebling! Komm mit, mal sehen, was wir Herzzerreißendes zu Wege bringen. Wir haben noch genug Zeit vor dem Mittagessen. Anscheinend sind alle anderen unterwegs. Komm, wir gehen ins Arbeitszimmer und setzen einen Brief auf.«
Die nächste halbe Stunde blieb Lisle als äußerst verwirrend und anstrengend in Erinnerung. Sie wusste gar nicht mehr, wie viele Entwürfe sie gemacht hatte für einen Brief, der nie abgeschickt wurde. Wirre Sätze, inständige Bitten, sachliche Argumente, Dale wechselte von einem zum anderen, machte Vorschläge, diktierte, fügte hinzu und verwarf.
»Nimm ein neues Blatt! Versuchen wir es so! Nein, nein, nein, das geht nicht. Nimm ein anderes Blatt, da steht doch schon was drauf. Wie klingt das? Schreib!«
»Es klingt ein bisschen übertrieben.«
Dale schritt im Zimmer auf und ab. Sie wusste noch, wie er herumgefahren war, als sie diese Bemerkung machte.
»Übertrieben – übertrieben? Was glaubst du, was ich für Tanfield empfinde? Glaubst du, ich habe lauwarme Milch und Wasser in den Adern?«
»Ich meine ja nur, der Brief soll doch von mir sein. Und das wird Mr Robson nicht glauben, wenn es so klingt. O Dale, bitte …«
Er kam zu ihr, stellte sich hinter sie und küsste ihr Haar.
»Es tut mir Leid, Liebling. Das Ganze bedeutet mir so viel. Wenn wir nur diesen verdammten Brief richtig formulieren könnten …. Das hier taugt nichts. Probieren wir es noch einmal. Nimm ein neues Blatt!«
Es lief immer wieder auf dasselbe hinaus. Der Tisch war von verworfenen Entwürfen übersät. Manche waren eng beschrieben, andere enthielten nur einen Satz. Als der Gong zum Essen ertönte, raffte Dale sie alle mit einem Stöhnen zusammen.
»Es hat keinen Sinn, jetzt weiterzumachen. Ich nehme sie mit und gehe sie noch einmal durch. Wir haben es jetzt schon zu lange probiert, du siehst ganz erledigt aus.« Er legte den Arm um ihre Schultern und schmiegte seine Wange an ihre. »Armes, müdes Kind. Ich bin brutal, nicht?«
Sie sagte: »Nein«, mit unsicherer Stimme und machte sich los. Aber seine Hand lag auf ihrer Schulter und hielt sie fest.
»Lisle, sag niemandem, dass wir es noch einmal bei Robson versuchen. Die anderen sollen es nicht wissen, ich will nicht wieder darüber reden müssen. Du weißt wie es ist. Ich mag Lal sehr, aber sie kann einem manchmal auf die Nerven gehen. Ich will mit niemandem außer dir darüber reden.«
    39

    Als Inspektor March in sein Büro zurückkam, erfuhr er, dass eine Dame angerufen hatte. »Wollte keine Nachricht hinterlassen. Sagte nur, dass sie Sie sprechen wolle und es noch einmal probieren würde – eine Miss Silver.«
    March zog die Augenbrauen in die Höhe. Zehn Minuten später klingelte das Telefon. Ein bekanntes Hüsteln war zu hören.
»Oh, Sie sind zurück, wie schön. Ich müsste Sie einen Augenblick sprechen. Passt es Ihnen, wenn ich gleich vorbeikomme?«
March sagte: »Ja«, und legte auf.
Kurz darauf brachte ein Constable Miss Maud Silver ins Zimmer. Sie trug ein adrettes Kleid aus grauer Waschseide, bedruckt mit altrosa und schwarzen Blumen. Es war ein Kleid vom letzten Sommer und noch durchaus angemessen für einen Vormittag in Ledlington. Ihr Hut war gleichen Datums, ein etwas mitgenommener schwarzer Strohhut mit einem kleinen Strauß aus rosa und weißem Flieder. Am Kragen saß eine rosenförmige Holzbrosche. Sie trug schwarze Baumwollhandschuhe und schwarze Schuhe und Strümpfe. Sie wirkte äußerst ernst. Sie nahm auf dem angebotenen Stuhl Platz, wartete, bis sich die schweren Schritte des Constables entfernt hatten und sagte ohne Einleitung:
»Mr Rafe Jerningham ist in Mrs Jerninghams Testament ebenfalls als Erbe aufgeführt.«
March wirbelte auf seinem Stuhl herum, und sah sie an.
»Tatsächlich?«
»Er erbt zwanzigtausend Pfund.«
Er pfiff.
»So, so, und woher wissen Sie das?«
Miss Silver hüstelte.
»Ich habe es von Mrs Jerningham selbst erfahren. Deshalb komme ich ja her.«
»Sie hat Ihnen gesagt, dass Sie Rafe Jerningham zwanzigtausend Pfund vermacht?«
»O ja«, sagte Miss Silver. »Wissen Sie, als wir uns damals im Zug begegneten und sie so völlig außer sich war, da erzählte sie von ihrem Testament, und ich hatte den Eindruck, sie hätte alles ihrem Mann vermacht. Als ich

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