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Das alte Königreich 01 - Sabriel

Titel: Das alte Königreich 01 - Sabriel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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war beruhigend. Starke Magie bedeutete ein starkes Leben. Thralk brauchte dieses Leben, um seinen Geist wieder aufzufüllen, von dem viel in den Tod geronnen war.
    Die Gier siegte über die Furcht. Das Tote Ding verließ die Öffnung seiner Höhle und begann den Berg zu erklimmen. Seine lidlosen, verrottenden Augen starrten auf den fernen Kamm.
    Sabriel sah ihre Führerin zunächst als hohes, bleiches Licht, das über das wirbelnde Wasser auf sie zu trieb; dann, als sie mehrere Schritte von Sabriel entfernt hielt, war sie eine verschwommen leuchtende menschliche Gestalt, deren Arme zum Willkommen ausgestreckt waren.
    »Sabriel.«
    Die Stimme klang unscharf und schien von viel weiter her zu kommen als von der Stelle, wo ihre Führerin und Beschützerin stand. Doch Sabriel lächelte über die Wärme der Begrüßung. Abhorsen hatte ihr nie erklärt, wer oder was dieses leuchtende Wesen war, doch Sabriel ahnte es. Nur einmal zuvor hatte sie es gerufen – als sie zum ersten Mal ihre Tage bekommen hatte.
    Im Wyverley College wurde wenig über Sex gelehrt – bevor man fünfzehn war, schon mal gar nichts. Was die älteren Mädchen über die Menstruation erzählten, war wirr und übertrieben. Sie wollten sich wichtig machen und den jüngeren Schülerinnen Angst einflößen. Keine von Sabriels Freundinnen war vor ihr in die Pubertät gekommen. So hatte sie sich in ihrer Verzweiflung in den Tod begeben. Ihr Vater hatte ihr versichert, dass die, die sie mit dem Papierschiffchen rief, jede Frage beantworten könne und sie beschützen würde – und so war es gewesen. Die Leuchtgestalt erklärte ihr alles, bis Sabriel schließlich gezwungen wurde, ins Leben zurückzukehren.
    »Hallo, Mutter«, grüßte sie, schob ihr Schwert in die Scheide zurück und beendete Saraneths Geläut, indem sie den Klöppel wieder festhielt.
    Die leuchtende Form schwieg, doch das kam nicht unerwartet. Von dem einen Wort der Begrüßung abgesehen, vermochte sie nur zu reden, wenn ihr Fragen gestellt wurden. Sabriel war nicht einmal sicher, ob die Manifestation tatsächlich der tote Geist ihrer Mutter war – was unwahrscheinlich schien – oder der Rest eines Schutzzaubers, den sie zurückgelassen hatte.
    »Ich habe nicht viel Zeit«, erklärte Sabriel. »Dabei hätte ich so viele Fragen… doch im Augenblick muss ich nur erfahren, wie man vom Spaltkamm aus, vom Barhedrin-Kamm, zu Vaters Haus gelangt.«
    Der Sendgeist nickte und antwortete. Während Sabriel zuhörte, sah sie vor ihrem geistigen Auge, was die Frau beschrieb. Es waren deutliche Bilder, wie die Erinnerung an eine eigene Reise.
    »Geh zur Nordseite des Kammes. Folge dem schmalen Pfad bis zur Talsohle. Schau zum Himmel auf – er wird wolkenlos sein. Blick zu dem hellen roten Stern Uallus nahe dem Horizont, drei Finger östlich von Norden. Folge diesem Stern, bis du zu einer Straße gelangst, die von Südwest nach Nordost verläuft. Nimm diesen Weg eine Meile nach Nordosten, da findest du einen Meilenstein und gleich dahinter den Charterstein. Ein Pfad führt von dort zur Langwand im Norden. Geh diesen Pfad. Er endet an einer Tür im Felsen. Sie lässt sich durch Mosrael öffnen. Hinter der Tür führt ein Tunnel steil empor. An seinem Ende erstreckt sich Abhorsens Brücke. Das Haus liegt jenseits der Brücke. Geh mit Liebe. Säume nicht und halte nicht an, was auch geschehen mag.«
    »Danke«, begann Sabriel und prägte sich die Worte ein. »Könntest du mir noch…«
    Abrupt hielt sie inne, als der Muttersendgeist vor ihr plötzlich wie erschrocken beide Arme hob und schrie: »Lauf!«
    Gleichzeitig spürte Sabriel die Schutzraute um ihren fleischlichen Körper warnend zucken, und sie erkannte, dass das Nordzeichen versagt hatte. Sofort drehte sie sich auf dem Absatz, stürmte zur Grenze des Lebens zurück und zog das Schwert. Die Strömung um sie herum schien sich zu verstärken und sich um ihre Beine zu winden. Doch Sabriel war zu schnell. Atemlos erreichte sie die Grenze, und ihr Geist kehrte mit einem gewaltigen Willensschub ins Leben zurück.
     
    Einen Augenblick wusste sie nicht, wo sie war. Sie zitterte vor Kälte und ihr Kopf schmerzte. Eine grinsende, leichengleiche, durchdringend nach Aas riechende Kreatur trat soeben durch das fehlerhafte Nordzeichen und streckte gierig die Arme nach ihr aus.
    Thralk war sehr erfreut gewesen, die Schutzraute gebrochen vorzufinden, vom Geist des Chartermagiers verlassen. Das Schwert hatte ihm zuerst ein wenig Sorge bereitet, doch es war mit Reif

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