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Das alte Königreich 01 - Sabriel

Titel: Das alte Königreich 01 - Sabriel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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eine so offenkundig nutzlose Person wie Sabriel etwas ausrichten könnte. »Aber mir ist egal…«
    Das Knarren einer Falltür über ihren Köpfen ließ die Katze mitten im Satz verstummen. Sabriel hielt den Atem an und blickte hoch, um zu sehen, was die Leiter herunterkam. Sie atmete erleichtert aus, als sie erkannte, dass es nur ein Sendling war, dessen schwarzer Habit beim Heruntersteigen gegen die Sprossen schlug. Wie die Hüter im Felskorridor – doch im Gegensatz zu den Hausdienern – trug er das Silberschlüssel-Wappen auf der Brust und dem Rücken. Er verbeugte sich vor Sabriel und deutete nach oben.
    Mit ungutem Gefühl spürte Sabriel, dass er sie aufforderte, sich irgendetwas im Observatorium anzuschauen. Zögernd schob sie ihren Stuhl zurück und ging zur Leiter. Zugluft blies durch die offene Falltür und brachte die Kälte des Eises von weiter flussauf mit sich. Sabriel fröstelte, als ihre Hände die kalten Metallsprossen berührten.
    Im Observatorium aber schwand die Kälte, denn der Raum wurde noch vom letzten roten Schein der untergehenden Sonne beleuchtet, was Wärme vortäuschte und Sabriel blinzeln ließ. Sie erinnerte sich nicht an diesen Raum und stellte deshalb erfreut fest, dass die Wände gänzlich aus Glas oder etwas Ähnlichem bestanden. Die Balken des roten Ziegeldachs ruhten auf diesen durchsichtigen Wänden und waren so geschickt zusammengefügt, dass das Dach wie ein Kunstwerk erschien.
    Ein großes Teleskop aus glänzendem Glas und Bronze beherrschte das Observatorium. Es ruhte auf einem Dreibein aus dunklem Holz und noch dunklerem Eisen. Ein hoher Hocker für den Beobachter stand davor; daneben befand sich ein Pult mit einer noch aufgeschlagenen Sternkarte. Von Wand zu Wand zog sich ein dichter weicher Teppich, der gleichzeitig ebenfalls eine Himmelskarte war, auf der – in wunderschön gefärbter Wolle eingewebt – die unterschiedlichsten bunten Konstellationen und wirbelnden Planeten zu bewundern waren.
    Der Sendling, der Sabriel gefolgt war, trat an die südliche Wand und deutete zum Südufer. Seine bleiche Hand mit den Machtsymbolen wies genau auf die Stelle, an der Sabriel nach ihrer Flucht vor dem Mordicanten durch den Tunnelkorridor herausgekommen war.
    Sabriel schaute dorthin und beschirmte ihr rechtes Auge vor dem Schein der untergehenden Sonne. Trotz ihrer Furcht starrte sie wie gebannt zum Sims am anderen Ufer des weiß schäumenden Flusses.
    Wie sie befürchtet hatte: Der Mordicant stand immer noch dort. Nun jedoch empfand sie die Kreatur bloß als hässliche Statue, als Vordergrund für andere Gestalten, die hinter ihm und um ihn herum rastlos mit irgendetwas beschäftigt waren.
    Sabriel starrte noch eine Weile hin; dann trat sie ans Teleskop, wobei sie beinahe über Mogget stolperte, der plötzlich vor ihr auf dem Sternenteppich erschienen war. Sie fragte sich, wie er die Leiter heraufgekommen war, tat es dann jedoch als unwichtig ab und konzentrierte sich darauf, was dort drüben am Sims geschah.
    Ohne das Teleskop war sie nicht sicher gewesen, worum es sich bei den Gestalten handelte, die den Mordicanten umgaben, doch durch die Linse wurden die Konturen so scharf, dass sie vermeinte, nur die Hand nach ihnen ausstrecken zu müssen, um sie wegzureißen.
    Es waren Männer und Frauen – lebende, atmende Wesen. Jeder war mit einer Eisenkette ans Bein eines Leidensgenossen gefesselt; unter der Furcht und Schrecken verbreitenden Präsenz des Mordicanten schlurften sie verängstigt dahin. Es waren Dutzende, die aus dem Korridor kamen. Sie schleppten schwer beladene Ledereimer und Bretter über den Sims und die Stufen zum Fluss hinunter. Dann kehrten sie nach oben zurück, ließen die Bretter und leeren Eimer jedoch am Wasser.
    Sabriel änderte die Einstellung des Teleskops ein wenig und fluchte fast vor Ärger, als sie sah, was sich am Fluss tat. Weitere lebende Sklaven zimmerten aus den Brettern lange Kisten und füllten diese mit Erde aus den Eimern. Jede volle Kiste wurde sodann vorwärts geschoben, um den Zwischenraum zwischen den Trittsteinen zu überbrücken. Wieder andere Sklaven hämmerten Haken in den Stein.
    Dieser Teil der Arbeit wurde von etwas Unbestimmbarem überwacht, das weit entfernt vom Fluss zu lauern schien, auf halber Höhe der Stufen. Es war ein Klecks schwärzester Nacht, eine bewegte Silhouette, eines Nekromanten Schattenhand oder ein Toter Geist mit Freiem Willen, der keinen Körper benutzen wollte.
    Während Sabriel zuschaute, wurden die letzten

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