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Das alte Königreich 02 - Lirael

Titel: Das alte Königreich 02 - Lirael Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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kann ich nicht mehr wenden, nicht gegen diese Strömung.
    Die Strömung des Flusses hielt das Schiff, und die Strömung ihres Geschicks geleitete Lirael ins Unbekannte, in einen neuen, aufregenden Abschnitt ihres Lebens.
    Von der Schneeschmelze und von unzähligen unterirdischen Bächen gespeist, floss der Ratterlin breit und ruhig dahin; trotzdem war nur die mittlere Fahrrinne tief genug für Schiffe. Lirael atmete die warme, nach Fluss riechende Luft ein und genoss die Sonnenwärme auf ihrer Haut. Wie versprochen lenkte
Finderin
sich nun selbst, während das Segel erschlaffte, bis der Nordwind von achtern darauf traf und das Schiff mit unglaublicher Geschwindigkeit dahinglitt. Liraels Unruhe ließ nach, als sie erkannte, dass
Finderin
tatsächlich all das alleine tat, was für die Fahrt nötig war. Bald machte es ihr sogar Spaß, mit dem Wind zu segeln. Feine Gischt spritzte über den Bug, wenn das Boot die Wellen zerschnitt. Wäre jetzt ihre beste Freundin bei ihr gewesen, die Fragwürdige Hündin, hätte Lirael sich glücklich gefühlt.
    Sie langte in ihre Wamstasche nach der Speckstein-Statuette. Schon die Berührung bereitete ihr Freude, auch wenn sie den Rufzauber erst ausführen konnte, nachdem sie sich in Qyrre den Silberdraht und die anderen Materialien besorgt hatte, die es dort hoffentlich zu kaufen gab.
    Doch statt kühlen glatten Stein spürte sie warmes Hundefell – und was sie dann herauszog, war unverkennbar ein spitzes Ohr, dann ein zweites, gefolgt vom ganzen Kopf der Fragwürdigen Hündin, der eigentlich viel zu groß war, um in die Wamstasche zu passen, vom Rest ganz zu schweigen.
    »Autsch! Viel zu eng!«, knurrte die Hündin, stieß ein Vorderbein aus der Tasche, wand sich heftig, und ließ das zweite Vorderbein folgen. Bald darauf stand Liraels vierbeinige Freundin an Deck und schüttelte ihr Fell, bevor sie Lirael begeistert das Gesicht ableckte.
    »Endlich geht es los!« Sie bellte fröhlich und ließ die Zunge heraushängen, um die Brise zu genießen. »War ja auch höchste Zeit. Wohin fahren wir?«
    Lirael antwortete nicht sofort, sondern drückte die Hündin fest an sich und nahm mehrere tiefe Atemzüge, wobei sie gegen die Tränen ankämpfte. Nachdem sie sich gefasst hatte, erwiderte sie: »Die richtige Frage wäre,
warum
wir wo hinfahren.« Sie griff in ihre Wamstasche, um sich zu vergewissern, dass bei der stürmischen Wiederbelebung der Hündin der Dunkelspiegel nicht herausgefallen war. Seltsamerweise war die Tasche nicht einmal ausgeheult.
    »Spielt es denn eine Rolle?«, fragte die Hündin, setzte sich vor Liraels Füße, wedelte mit dem Schwanz und schnappte hechelnd nach Luft.
    »Nun, wir machen keine unserer üblichen Erkundungen wie im Gletscher«, erklärte Lirael. »Ich muss einen Mann suchen…«
    »Gut!«, unterbrach die Fragwürdige Hündin sie. »Wird auch Zeit, dass du Junge kriegst.«
    »Um so etwas geht es nicht«, erwiderte Lirael lachend. »Dieser Mann ist aus Ancelstierre und versucht etwas… auszugraben, glaube ich. Etwas Uraltes. In der Nähe des Roten Sees. Es ist etwas aus Freier Magie und so mächtig, dass mir übel davon wurde, obwohl Ryelle und Sanar es mir nur in einer Vision zeigten. Und da war ein Nekromant, der mich gesehen hat, und Blitze schlugen immer wieder in die Grube ein…«
    »Das hört sich gar nicht gut an«, sagte die Hündin, die plötzlich sehr ernst geworden war. Regungslos saß sie da und blickte Lirael fest an. »Du musst mir mehr erzählen. Von da an, als die Clayr dich tief unten fanden.«
    Lirael nickte. Sie erzählte alles, was die Zwillinge gesagt hatten, und beschrieb auch die Vision, die sie mit ihr geteilt hatten.
    Als sie schließlich endete, war der Ratterlin zu dem mächtigen Strom geworden, als der er im Königreich bekannt war – über eine halbe Meile breit und sehr tief. Trotzdem war das Wasser, selbst hier in der Flussmitte, von einem klaren Blau, und wenn man sich über die Reling beugte, konnte man Schwärme silberner Fische sehen.
    Die Hündin lag mit dem Kopf auf den Vorderbeinen und dachte offenbar angestrengt nach. Lirael beobachtete sie und blickte in die braunen Augen, die auf ferne Dinge gerichtet zu sein schienen.
    »Das gefällt mir nicht«, sagte die Hündin schließlich. »Man schickt dich auf eine gefährliche Mission, doch wie es scheint, weiß keiner richtig, was vor sich geht. Die Clayr können nicht klar Sehen, und der König und die Abhorsen befinden sich nicht einmal im Königreich. Und dieses Loch

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