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Das alte Königreich 02 - Lirael

Titel: Das alte Königreich 02 - Lirael Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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im Boden, das Blitze verschlingt, erinnert mich an etwas Furchtbares…« Sie hielt kurz inne. »Und dann ist da auch noch dieser Nekromant.« Die Hündin schwieg eine Weile. Dann sagte sie: »Die Dinge, die in diesem Raum für dich zurückgelassen wurden – weißt du, wie sie benutzt werden müssen?«
    »Sie sind vielleicht gar nicht für mich bestimmt«, gab Lirael zu bedenken. »Ich habe sie nur durch Zufall gefunden. Ich will sie sowieso nicht.«
    »Wähler werden zu Bettlern, wenn das Betteln nicht ihre Wahl ist«, brummte die Hündin.
    »Was bedeutet das?«
    »Ich habe keine Ahnung«, antwortete die Hündin. »Also, was ist, kannst du mit den Dingen umgehen, die für dich zurückgelassen wurden?«
    »Nun, ich habe das
Buch des Erinnerns und Vergessens
gelesen«, antwortete Lirael zögernd. »Die Theorie kenne ich…«
    »Dann solltest du üben«, unterbrach die Hündin sie. »Denn du wirst vielleicht bald auch die Praxis brauchen.«
    »Aber dazu müsste ich mich in den Tod begeben«, protestierte Lirael. »Das habe ich noch nie getan. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob ich es soll. Ich bin schließlich eine Clayr. Ich müsste die Zukunft Sehen, nicht die Vergangenheit.«
    »Du solltest dich der Gaben bedienen, die du erhalten hast«, rügte die Hündin. »Stell dir vor, wie du dich fühlst, wenn du mir einen Knochen gibst und ich rühre ihn nicht an.«
    »Dann würde ich mich wundern«, antwortete Lirael. »Aber du hast Knochen auch schon oft im Eis vergraben.«
    »Aber irgendwann fresse ich sie«, sagte die Hündin. »Zur richtigen Zeit.«
    »Und woher willst du wissen, dass dies die richtige Zeit für mich ist?«, fragte Lirael misstrauisch. »Ich meine, woher willst du wissen, wozu meine Gaben da sind? Ich habe es dir doch nicht gesagt, oder?«
    »Ich lese viel, schließlich lebe ich in einer Bibliothek«, beantwortete die Hündin die zweite Frage zuerst. »Und es liegen eine Menge Inseln vor uns. Du könntest den Dunkelspiegel auf einer dieser Inseln ausprobieren. Falls jemand dir auf dem Rückweg aus dem Tod folgt, brauchen wir bloß an Bord zu gehen und weiterzusegeln.«
    »Du meinst, wenn etwas Totes mich angreift«, entgegnete Lirael. Das war die wirkliche Gefahr. Sie war erpicht darauf, in die Vergangenheit zu blicken, wollte sich zu diesem Zweck aber nicht in den Tod begeben. Das
Buch des Erinnerns und Vergessens
zeigte ihr zwar den Weg und versicherte ihr, dass sie zurückkommen konnte – aber wenn das nicht stimmte? Und die Panflöte – sieben Rohrflöten, benannt nach den sieben Glocken der Nekromanten, zusammengefügt zu einem Instrument – war zwar wirksam als Waffe und Schutz gegen die Toten, jedoch nicht so wirkungsvoll wie die Glocken. Dennoch war die Panflöte dem Buch zufolge durchaus im Stande, Liraels Sicherheit zu gewährleisten. Vorausgesetzt natürlich, sie konnte die Flöte richtig einsetzen…
    Schließlich traf Lirael ihre Entscheidung.
    »Wir müssen so schnell wie möglich nach Kante«, sagte sie, »aber ich glaube, ein paar Stunden könnten wir abzweigen. Zuvor werde ich ein Nickerchen machen. Sobald ich aufwache, laufen wir die nächste Insel an. Dann werde ich in den Tod gehen und in die Vergangenheit schauen.«
    »Gut«, lobte die Hündin.

     

35
    DIE ERINNERIN
     
    Lirael stand mit der Hündin mitten auf einer winzigen Insel. Rings um sie erhoben sich kleine verkrüppelte Bäume und Büsche, die in dem felsigen Boden nicht höher wachsen konnten. Der Mast des Schiffes ragte dahinter auf, keine dreißig Schritt entfernt – die einzige sichere Zuflucht, falls Lirael vor etwas fliehen musste, das aus dem Tod kam.
    Ehe sie selbst nun dieses kalte Reich betrat, schnallte sie sich das Schwert um, das ihr die Clayr mitgegeben hatten. Das Gewicht an ihrer Hüfte war ungewohnt, ebenso der enge lederne Gürtel. Das Schwert war länger und schwerer als ihr Übungsrapier; dennoch kam es Lirael vertraut vor, obgleich sie es nie zuvor gesehen hatte, da war sie sicher: Mit dem silberumzogenen Griff und dem grünen, in Bronze gefassten Stein am Knauf erschien es ihr unverkennbar.
    Lirael hielt die Panflöte in der Linken und beobachtete, wie die Charterzeichen über die silbernen Röhren zogen und sich mit der darin verborgenen Freien Magie verbanden. Sie betrachtete jede Flöte einzeln und rief sich ins Gedächtnis, was im Buch darüber stand. Ihr Leben konnte davon abhängen, dass sie auf Anhieb wusste, welche Flöte sie benutzen musste. Laut nannte sie die Namen, um sie sich noch

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