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Das alte Königreich 02 - Lirael

Titel: Das alte Königreich 02 - Lirael Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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lag. Gischt und Wasser schäumten über die Reling.
    Sam wurde gegen die Steuerbordreling geworfen, Mogget und die Hündin landeten auf ihm. Sam streckte die Hände aus der Decke und krallte sich an der Seite entlang zur Reling, doch seine Finger tauchten ins tosende Wasser. Ihm wurde bewusst, dass
Finderin
so stark krängte, dass sie jeden Moment kentern musste. Verzweifelt versuchte er, sich von Mogget, Hündin, Gepäck und Decke zu befreien, während er schrie: »Lirael! Lirael! Was ist passiert?«

     

40
    UNTER DER BRüCKE
     
    Verzweifelt versuchte Lirael, sich aufs Schiff zu ziehen. Der Baum hatte sie an der Schulter getroffen und über Bord geworfen, ehe sie überhaupt wusste, was los war. Glücklicherweise war es ihr gerade noch gelungen, die Reling zu packen und sich daran festzuhalten. Entsetzt starrte sie den Rumpf der
Finderin
hinunter; das Schiff krängte so sehr, dass es jeden Moment kentern und Lirael unter sich drücken musste.
    Doch dann richtete
Finderin
sich wieder auf, und der plötzliche Ruck half Lirael, sich zurück an Bord zu werfen. Gleichzeitig fuhr das Schiff aus dem Sonnenschein hinaus in das kühle Zwielicht des gewaltigen Tunnels der Felsbrücke von Hochbrück.
    »Was ist passiert?«, prustete Sam, als er sich endlich von der nassen Decke befreit hatte. Lirael, ebenfalls völlig durchnässt, stand bereits wieder an der Pinne.
    »Ich dachte schon,
Finderin
wäre völlig durchgedreht«, sagte sie, »bis ich
das
gesehen habe.«
    Sam schlurfte zu ihr und verfluchte die Decke, die sich immer noch um seine Beine gewickelt hatte. Es war nicht stockdunkel unter Hochbrück, da von beiden Enden des Tunnels Licht einfiel, doch es war ein eigenartiges Licht, ähnlich dem, wenn die Sonne durch dichten Nebel bricht. Die Hündin eilte herbei, um sich ebenfalls umzusehen. Mogget rümpfte nur das Näschen und huschte zum Bug, um sich dort ausgiebig trockenzulecken.
    Noch ehe Sam einen klaren Gedanken fassen konnte, sah die Hündin, was Lirael in der rechten Hand hielt, und knurrte aufgeregt. An der Backbordseite des Hecks, unterhalb des Schandecks, wo Lirael vor dem Unfall mit der Segelstange gesessen hatte, war ein zersplittertes Loch, verursacht von einem Armbrustpfeil, den Lirael jetzt hochhob, so dass die anderen ihn sehen konnten. Der Schaft war weiß gestrichen und mit Rabenfedern bestückt.
    »Er kann Euch nur knapp verfehlt haben«, rief Sam, während er drei Finger durch das Loch steckte.
    »Ja, dank
Finderin
hat er mich nicht getroffen.« Lirael streichelte sanft die Pinne. »Aber seht bloß, was er mit meinem armen Schiff gemacht hat!«
    »Er hätte Euch durchbohrt, selbst wenn Ihr eine Rüstung getragen hättet«, stellte Sam grimmig fest. »Das ist ein Kriegspfeil! Und der Mann muss ein sehr guter Schütze sein. Zu gut für einen gewöhnlichen Soldaten.«
    »Sie werden es vermutlich auf der anderen Seite wieder versuchen – oder vorher schon.« Lirael blickte erschrocken zum Fels hoch über ihnen hinauf. »Wisst Ihr, ob es da oben irgendwelche Öffnungen gibt?«
    »Nein«, antwortete Sam und folgte ihrem Blick, sah aber nur Felsgestein. Doch die Brücke befand sich mehrere hundert Fuß über ihnen, und das Licht war trüb: Es mochte viele dunkle Öffnungen geben, die in diesem Licht nicht zu erkennen waren.
    »Auch ich kann keine Höhlen entdecken, Herrin«, knurrte die Hündin, die ebenfalls nach oben sah. »Aber bei dieser Strömung werden wir in wenigen Minuten hindurch sein.«
    Sam schaute zu Lirael. »Könnt Ihr einen Pfeilschutz zaubern?« Die Strömung riss sie nun immer schneller mit, und der helle, sonnenbeleuchtete Bogen verriet, dass sie sehr bald an der anderen Brückenseite sein würden.
    »Nein«, antwortete Lirael ängstlich und verschämt zugleich. »Eigentlich müsste ich es können, aber ich habe zu oft den Unterricht geschwänzt.«
    »Schon gut«, sagte Sam. »Wie wär’s, wenn wir die Plätze tauschen? Ich setze mich hierher und steuere, und Ihr haltet Euren Bogen bereit, um einen Beschuss sofort erwidern zu können. – Mogget, du hast die schärfsten Augen, du gibst Lirael Bescheid.«
    »Das kann die Zweifelhafte Hündin tun oder wie sie sich nennt«, erwiderte Mogget vom Bug her. »Ich schlaf lieber weiter.«
    »Was ist, wenn Euer Schutz nicht wirkt?«, fragte Lirael. »Ihr seid verwundet…«
    »Ich schaffe das schon.« Sam ging bereits auf sie zu, so dass Lirael gar keine andere Wahl hatte, als ihm Platz zu machen. »Ich habe jeden Tag mit der Garde geübt. Nur

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