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Das alte Königreich 02 - Lirael

Titel: Das alte Königreich 02 - Lirael Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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und
Finderin
segelte darauf zu, ohne Anweisungen erhalten zu müssen.
    »Wach auf, Mogget!«, rief Sam leise. Mit Anbruch der Nacht war es am Fluss still geworden, und er wollte nicht, dass seine Stimme über das sanfte Plätschern der Strömung gehört werden konnte.
    Mogget rührte sich nicht. Sam forderte ihn noch einmal auf und kraulte ihn am Kopf, doch der Kater schlief weiter.
    »Er wird aufwachen, wenn er gebraucht wird«, versicherte die Hündin ihnen leise. »Macht euch bereit.«
    Finderin glitt geschickt an den Pier. Sam sprang mit gezogenem Schwert hinauf, dicht gefolgt von der Hündin.
    Lirael schloss sich ihnen an. Die Charterzeichen auf Nehimas blanker Klinge glühten im Zwielicht.
    Wieder schnüffelte die Hündin und spitzte ein Ohr. Alle drei standen ganz still. Lauschten. Warteten.
    Sogar die hungrigen Möwen hatten zu schreien aufgehört. Nichts war zu hören als ihr eigener Atem und das leise Rauschen des Flusses unter dem Pier.
    In der Ferne wurde die Stille plötzlich durch einen lang gezogenen Schrei gebrochen. Dann, als wäre es ein Signal gewesen, folgten zunächst gedämpfte, dann laute Schreie.
    Gleichzeitig spürten Lirael und Sam, wie Menschen starben. Obwohl es weit entfernt geschah, zuckten sie bei jedem Tod zusammen. Und da war noch etwas, das sie spüren konnten: jemand, der Macht über den Tod hatte…
    »Ein Nekromant!«, entfuhr es Sam. Er machte einen Schritt rückwärts.
    »Die Glocken!«, erinnerte ihn Lirael und blickte an Bord. Mogget war jetzt wach; seine grünen Augen glühten in der Dunkelheit. Er kauerte auf dem Glockenbandelier.
    Die Schreie kamen näher, doch Lirael und Sam konnten hinter dem Weidengehölz nichts sehen. Plötzlich, etwa fünfzig Meter stromabwärts, rannte ein Mann zwischen den Bäumen hervor und stürzte ins Wasser. Er ging sofort unter, tauchte jedoch in einiger Entfernung wieder auf, schwamm ein Stück und drehte sich auf den Rücken, um sich treiben zu lassen. Möglicherweise war er zu erschöpft oder verletzt, um weiter zu schwimmen.
    Ein halb verkohlter, belebter Leichnam kam an den Wasserrand getaumelt und stieß einen grässlichen Schrei aus, als er sah, dass sein Opfer entkam. Von der Strömung abgeschreckt, torkelte die Totenhand zu den Bäumen zurück.
    »Kommt!«, stieß Lirael hervor, zog ihre Panflöte und eilte los. Die Hündin folgte ihr. Sam zögerte noch und starrte in die Dunkelheit.
    Weitere gellende Schreie waren zu vernehmen. Verzweifelte Menschen riefen in Todesangst um Hilfe.
    Sam blickte zu den Glocken. Mogget starrte ihn an. »Worauf wartest du?«, fragte der Kater. »Auf meine Erlaubnis?«
    Sam schüttelte den Kopf. Er war wie gelähmt und konnte weder nach dem Bandelier greifen noch Lirael folgen, die sich mit der Hündin fast schon am Ende des Piers befand. Er spürte die Toten weniger als hundert Meter entfernt – und der Nekromant war mitten unter ihnen.
    Er musste etwas tun. Er musste handeln. Sich selbst beweisen, dass er kein Feigling war.
    »Ich brauche die Glocken nicht!«, rief er und rannte den Pier entlang, dass seine Schritte auf den Holzplanken dröhnten. Er flitzte an der erstaunten Lirael und der Hündin vorbei und stürmte durch die Lücke, wo die Weiden gestutzt worden waren.
    Blitzschnell war er zwischen den Bäumen hindurch und auf einer dämmerigen Koppel. Eine Totenhand stürmte auf ihn zu. In einer fließenden Bewegung schlug Sam ihr mit dem Schwert die Beine ab, stieß sie um und rannte weiter.
    Der Nekromant. Er musste den Nekromanten töten, ehe dieser ihn in den Tod ziehen konnte. Er musste ihn so schnell wie möglich töten!
    Heiße Wut stieg in ihm auf und vertrieb seine Angst. Entschlossen rannte er weiter.
    Lirael und die Hündin kamen gerade zwischen den Bäumen hervor, als sie Sam über die Koppel rennen sahen. Die Totenhand, der er die Beine durchschnitten hatte, kroch auf sie zu, doch Lirael hatte die Panflöte bereits an die Lippen gesetzt. Sie wählte die Flöte Saraneth und blies eine Note, deren befehlender Ton die Totenhand verharren ließ. Ohne Übergang wechselte Lirael zu Kibeth, und ein Triller von Tanznoten ließ den Leichnam einen Purzelbaum rückwärts schlagen, während der Geist in ihm gezwungen wurde, in den Tod zurückzukehren.
    »Er ist fort«, sagte die Hündin und sprang vorwärts. Auch Lirael rannte, jedoch nicht mit Sams waghalsiger Achtlosigkeit.
    Es war noch hell genug, um zu sehen, dass dreißig oder vierzig Totenhände eine Gruppe Männer, Frauen und Kinder umzingelt

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