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Das alte Königreich 02 - Lirael

Titel: Das alte Königreich 02 - Lirael Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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sich nicht bewegen, und seine Beine stapften bereits durchs Wasser und brachten ihn rasch zum Ursprung des Tones – zu dem, der die Glocke läutete.
    Ein Augenblick der Unbeholfenheit wurde ihm schließlich zum Verhängnis. Die Strömung, die zwischen seinen Beinen wallte und wogte, packte ihn, als er zum nächsten Schritt einen Fuß hob, und warf ihn um wie einen Kegel, so dass er in den Fluss stürzte. Die Kälte schien ihn am ganzen Körper mit Tausenden kleiner Klingen zu traktieren.
    In diesem Moment hörte er Kibeth nicht mehr, trotzdem hielt sie ihn wie einen Fisch an der Angel. Die Glocke befahl ihm zurückzuschreiten, während die Strömung ihn festzuhalten versuchte. Sam mühte sich, den Kopf aus dem Fluss zu heben, um Luft zu bekommen und kein Wasser zu atmen. Doch die Wirkung von Glocke und Strömung zusammen war zu viel für ihn und verstrickte ihn in einen Kampf, in dem er keine Macht über seinen Körper besaß. Er konnte Kibeth im Moment zwar nicht hören, wurde von der Gewalt des Ersten Tores jedoch mit jeder Sekunde näher zum Wasserfall gerissen.
    Sam bemühte sich, das Gesicht an die Oberfläche zu stoßen, und einen Moment lang glückte es ihm, Luft zu holen. In diesem Augenblick jedoch hörte er, wie das Tosen des Tores zu einem Crescendo anschwoll. Ihm war bewusst, dass er zu nahe war und jeden Augenblick Gefahr lief, durch das Tor gerissen zu werden. Ohne Glocken würde er eine leichte Beute jener Geschöpfe werden, die sich in der Zweiten Zone aufhielten. Selbst wenn es ihm gelingen sollte, ihnen zu entfliehen, wäre er wahrscheinlich bereits zu schwach, gegen den Zug des Flusses anzukommen. Die Strömung würde ihn die ganze Strecke zum Neunten Tor mitreißen – und in den unwiderruflichen Tod dahinter.
    Plötzlich packte jemand sein rechtes Handgelenk und hielt ihn eisern fest, während der Fluss – unfähig, ihn weiter mitzureißen – wütend um ihn schäumte. Beinahe kämpfte Sam gegen seinen Retter an, aus Angst davor, wer es sein mochte, doch seine Furcht vor dem Fluss war größer, und er musste unbedingt zu Atem kommen, so dass er an nichts anderes denken konnte. Darum plagte er sich nur, festen Boden unter die Füße zu bekommen und das Wasser im Hals und in der Lunge auszuhusten.
    Dabei bemerkte er, dass Dampf von seinem Ärmel aufstieg und sein Handgelenk brannte. Er schrie auf. Wieder packte ihn Furcht vor dem, der ihn hielt, wer oder was es auch sein mochte.
    Langsam hob Sam den Kopf. Ausgerechnet der Nekromant, den er hatte überraschen wollen, hielt ihn fest. Er war ein dünner, kahl werdender Mann in einer mit emaillierten Platten verstärkten Lederrüstung – und einem Glockenbandelier um die Brust.
    Hier, im Tod, vergrößerte Freie Magie seine Statur und umhüllte ihn mit einem gewaltigen Schatten aus Feuer und Finsternis, der sich mit ihm bewegte und ihn zu etwas Schrecklichem und Grausamem machte. Flammen loderten, wo das Weiße seiner Augen sein sollte, und die Berührung seiner Hand brannte wie Feuer.
    Mit der Linken hielt er ein Schwert vor Sams Hals, die scharfe Spitze nur wenige Zoll von seiner Kehle entfernt. Dunkle Flammen rannen langsam wie Quecksilber über die Klinge und tropften auf die Flussoberfläche, wo sie weiterbrannten, während die Strömung sie davontrieb.
    Sam hustete erneut, weil er seinen Gegner ablenken wollte, um in die Charter greifen zu können. Doch sofort schwang das Schwert noch näher heran. Die beißenden Dämpfe der verzauberten Klinge raubten ihm beinahe den Atem.
    »Nein«, sagte der Nekromant. Seine Stimme war voller Freier Magie, und sein Atem stank nach trocknendem Blut. Verzweifelt überlegte Sam, was er tun könnte. Die Charter vermochte er nicht zu erreichen, und mit bloßer Hand konnte er nichts gegen das Schwert ausrichten. Abgesehen davon konnte er sich nicht rühren, da der Nekromant immer noch sein rechtes Handgelenk umklammerte.
    »Du wirst ins Leben zurückkehren und mich aufsuchen«, befahl der Nekromant mit leiser, aber unerbittlicher Stimme. Das waren keine leeren Worte: Sam spürte den Zwang, den der Nekromant auf ihn ausübte. Es war ein Zauber Freier Magie, doch Sam wusste, dass dieser Zauber erst dann wirkungsvoll genug war, wenn er mit der Macht Saraneths besiegelt wurde, der sechsten Glocke. Darin lag Sams Chance, denn der Nekromant musste ihn entweder loslassen oder sein Schwert in die Scheide stecken, ehe er die Glocke läuten konnte.
    Lass mich los!, dachte Sam inbrünstig und bemühte sich, seine Muskeln

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