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Das alte Königreich 02 - Lirael

Titel: Das alte Königreich 02 - Lirael Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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Liraels ersten Charterhäuten war ihre ganze Kleidung zerfallen, als sie sich aus den Häuten gewunden hatte.
    »Gut«, lobte die Fragwürdige Hündin. »Jetzt können wir uns diese Tür mal näher anschauen.«

19
    ELLIMERES ANSICHTEN ÜBER DIE
ERZIEHUNG VON PRINZEN
     
    Nach zwei Wochen beschwerlichen Reitens, schlechten Wetters, bescheidenen Essens und schmerzender Muskeln, die sich erst wieder an einen Sattel gewöhnen mussten, erreichte Sam die große Stadt Belisaere, musste jedoch feststellen, dass er seine Mutter knapp verfehlt hatte. Sabriel war gerufen worden, um nach einem Bandenführer zu sehen, angeblich ein Freier Magier, der Reisende im äußersten Norden von Klauenpfad überfiel.
    Einen Tag später ritt Touchstone bereits weiter, um dem Hohen Gericht in Estwael beizusitzen, wo eine alte Fehde zwischen zwei mächtigen Familien wieder ausgebrochen war, was Morde und Entführungen zur Folge gehabt hatte.
    Während Touchstones Abwesenheit regierte Sams vierzehn Monate ältere Schwester Ellimere gemeinsam mit Jall Oren, dem Kanzler. Es war im Grunde genommen bloß eine Formalität, da Touchstone fast immer durch Kurierfalken erreichbar war und in wenigen Tagen zurück in Belisaere sein konnte. Doch für Sam hatte diese Regelung unangenehme Folgen: Ellimere nahm ihre Pflichten sehr ernst und war der Meinung, dass sie als stellvertretende Mitregentin ihren jüngeren Bruder auf dessen Unzulänglichkeiten hinweisen musste.
    Seit Touchstones Aufbruch war erst eine Stunde vergangen, als Ellimere bereits nach Sam sah. Da Touchstone im Morgengrauen losgeritten war, schlief Sam noch. Er hatte sich von seinen äußeren Verletzungen erholt, fühlte sich aber noch immer ein wenig geschwächt. Er ermüdete rasch und wollte nach Möglichkeit allein sein. Sich zwei Wochen lang Tag für Tag im Morgengrauen aufs Pferd zu schwingen und bis zum Einbruch der Nacht zu reiten, begleitet vom rauen Humor der Wachen, hatte nicht gerade dazu beigetragen, dass er sich erholt hatte oder nun gesteigerten Wert auf Gesellschaft legte.
    Deshalb war er nicht allzu erfreut, als Ellimere ihn schon am ersten Morgen nach seiner Rückkehr weckte, indem sie die Vorhänge öffnete, die Fenster aufriss und Sam die Decken wegzog. Im Alten Königreich hatte vor wenigen Tagen der Winter seinen Einzug gehalten, und die Brise, die vom Meer her wehte, war frostig. Überdies schmerzte der trübe, verwaschene Sonnenschein Sam in den Augen.
    »Wach a-uf! Wach a-uf! Wach a-uf!«, schmetterte Ellimere mit ihrer für eine Frau erstaunlich tiefen Gesangsstimme.
    »Lass mich in Ruhe!«, brummte Sam, wobei er versuchte, sich seine Decken zurückzuschnappen. Es kam zu einem kurzen Hin- und Hergezerre, bis Sam schließlich aufgab, als eine der Decken auseinander riss.
    »Sieh nur, was du angerichtet hast!«, beschwerte Sam sich bitter. Ellimere zuckte nur die Schultern. Viele hielten sie für hübsch – manche sogar für schön –, doch soweit es Sam betraf, war sie bloß ein gefährliches Übel. Indem ihre Eltern sie zur Mitregentin ernannten, hatten sie Ellimere in den Status eines Ungeheuers erhoben.
    »Ich bin hier, um deinen Zeitplan mit dir zu besprechen«, erklärte Ellimere. Sie setzte sich hoch aufgerichtet ans Bettende und verschränkte die Hände auf ihrem Schoß. Sam bemerkte, dass sie über ihrem üblichen Linnengewand einen eleganten roten Wappenrock mit weiten Ärmeln trug, durchsetzt mit gesponnenem Gold; ein niedriger, kronenähnlicher Reif hielt ihr makellos gebürstetes schwarzes Haar. Da sie üblicherweise in alten Jagdledersachen herumlief und das Haar meist achtlos im Nacken zusammengebunden hatte, konnte bei dieser Aufmachung zu Sams Leidwesen von einer zwanglosen Atmosphäre nicht mehr die Rede sein.
    »Mein was?«, fragte er.
    »Dein Zeitplan«, wiederholte Ellimere. »Ich bin sicher, dass du vorhattest, den größten Teil deiner Zeit in deinem übel riechenden Werkraum zu verbringen, aber ich fürchte, deine Pflicht gegenüber dem Königreich hat Vorrang!«
    »Wa-as?« Sam gähnte. Er war sehr müde, zu müde für diese Art von Gespräch. Außerdem war es tatsächlich seine Absicht gewesen, den größten Teil seiner Zeit im Werkraum im Turm zu verbringen. Während der letzten paar Tage des Rittes nach Belisaere hatte er sich schon darauf gefreut, allein und in Ruhe an seinem Werktisch mit den vielen winzigen Schubladen zu sitzen, die alle mit nützlichen Dingen wie Silberdraht oder Mondsteinen gefüllt waren, und wo sein ganzes Werkzeug

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