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Das alte Königreich 02 - Lirael

Titel: Das alte Königreich 02 - Lirael Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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ordentlich an der Wand dahinter hing. Den letzten Teil des Rittes hatte er dadurch überstanden, indem er sich neue Spielsachen und allerlei kleine nützliche Dinge ausgedacht hatte, die er dann in seiner Zuflucht anfertigen konnte, allein und ungestört.
    »Das Königreich steht immer an erster Stelle!«, trumpfte Ellimere auf. »Die Moral des Volkes ist sehr wichtig, und jedes Mitglied der Familie muss seinen Teil dazu beitragen, dass sie erhalten bleibt. Als der einzige Prinz, den wir haben, wirst du…«
    »Nein!«, rief Sam, der plötzlich erkannte, was Ellimere vorhatte. Er sprang so wild aus dem Bett, dass sein Nachthemd flatterte, und blickte finster auf seine Schwester, bis sie aufstand und auf ihn hinunterstarrte. Sie war nicht nur eine Spur größer als Sam, sondern hatte auch den Vorteil, Schuhe zu tragen.
    »Ja!«, sagte sie streng. »Die Sonnwendfeier. Du musst den Vogel der Auferstehung spielen. Die Proben fangen morgen an.«
    »Aber bis zur Sonnwendfeier sind es noch fünf Monate!«, protestierte Sam. »Außerdem will ich nicht dieser verflixte Vogel sein! Das Kostüm wiegt mindestens eine Tonne, und ich muss es eine ganze Woche lang tragen! Hat Vater dir nicht gesagt, dass ich krank bin?«
    »Er hat gesagt, dass Beschäftigung das Beste für dich ist«, entgegnete Ellimere. »Und da du noch nie den Vogel getanzt hast, wirst du fünf Monate zum Üben brauchen. Außerdem ist da noch dein Auftritt am Ende des Wintersonnwendfestes – und bis dahin sind es nur noch sechs Wochen!«
    »Ich hab nicht die richtigen Beine dafür«, murmelte Sameth, der an die gelben Strümpfe mit den grässlichen Strumpfhaltern dachte, die unter dem goldenen Federkleid des Vogels der Auferstehung getragen werden mussten. »Such dir jemand, der Beine wie Baumstämme hat!«
    »Sameth, du wirst den Vogel tanzen, ob du willst oder nicht!«, rief Ellimere streng. »Es ist an der Zeit, dass du mal was Nützliches tust. Ich habe dich auch für das tägliche Schiedsgericht mit Jall eingeteilt. Es findet zwischen zehn und ein Uhr statt. Außerdem wirst du zweimal täglich Fechtübungen mit den Gardisten machen. Und du wirst dir dein Essen nicht mehr in deinen schmuddeligen Werkraum bringen lassen, sondern zum Dinner erscheinen. Außerdem habe ich dich jeden zweiten Mittwoch zur Küchenarbeit vorgesehen – der Perspektive wegen.«
    Sam stöhnte und sank aufs Bett zurück. Die so genannte Perspektive war Sabriels Idee. An einem Tag jede zweite Woche mussten Ellimere und Sam irgendwo im Palast eine Arbeit verrichten, die üblicherweise von ordinärem Gesinde erledigt wurde. Natürlich vergaßen die Dienstboten selten, dass Sam und Ellimere, auch wenn sie Geschirr spülten oder die Böden bohnerten, am nächsten Tag wieder Prinz und Prinzessin sein würden. Die meisten Diener und Mägde taten vorsichtshalber so, als wären Sam und Ellimere gar nicht da; allerdings gab es ein paar bemerkenswerte Ausnahmen wie Mistress Finney, die Falknerin, die Ellimere und Sam genauso anschrie wie alle anderen, denen sie etwas zu sagen hatte.
    »Und was machst
du
zur Perspektive?«, fragte Sam misstrauisch, da er annahm, dass Ellimere als Mitregentin sich über die alten Regelungen hinwegsetzte.
    »Marstall.«
    Sam zuckte die Schultern. Die Stallungen zu säubern war harte Arbeit; man brauchte zum Ausmisten meist einen ganzen Tag. Doch Ellimere liebte Pferde und alles, was mit ihnen zu tun hatte, also würde es ihr vermutlich nicht so viel ausmachen.
    »Mutter sagte, du sollst das hier studieren.« Ellimere zog ein Päckchen aus ihrem weiten Ärmel. Es war nicht sofort erkennbar, da es in Öltuch gewickelt und mit fasriger Schnur zusammengebunden war.
    Sam griff danach. Kaum hatte er es berührt, spürte er eine schreckliche Kälte und die plötzliche Anwesenheit des Todes, trotz der Schutzzauber in den Wänden um sie, die jede Verbindung mit dem eisigen Reich verhindern sollten.
    Sam riss die Hand weg und wich ans andere Ende des Bettes zurück. Sein Herz hämmert plötzlich wie verrückt, und er begann wie ein Fieberkranker am ganzen Körper zu schwitzen.
    Er wusste nun, was sich in diesem scheinbar harmlosen Päckchen befand. Es war das
Buch der Toten.
Ein kleines, in grünes Leder gebundenes Werk mit uraltem, angelaufenem Silberverschluss. Leder und Silber waren mit Schutzzauber behaftet. Zeichen zum Binden und Blenden, zum Verschließen und Festhalten. Nur jemand mit der angeborenen Begabung für Freie Magie und Nekromantie vermochte das Buch zu

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