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Das alte Königreich 03 - Abhorsen

Titel: Das alte Königreich 03 - Abhorsen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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der Donner häufiger und lauter rollen. Schließlich bog Lirael von der Straße ab und folgte einem im Zickzack verlaufenden Fußweg den Hügel hinauf, wobei sie Halt an Steinen und den Ästen von Bäumen fand, die am Hang wuchsen.
    Sie konnte die Toten spüren, während sie immer weiterkletterte. Nicht mehr als ein Dutzend zuerst, doch es wurde wenigstens ein Dutzend mehr, als sie höher kam. Offenbar holte Hedge Geister aus dem Totenreich. Er musste irgendwo genügend Leichen gefunden haben. Lirael glaubte nicht, dass es sich um Schattenhände handelte, denn es dauerte länger – zumindest in der Theorie –, einen Geist für das Leben vorzubereiten, wenn er keinen Körper als Heimstatt besaß. Lirael erschauerte. Sie hatte keine Ahnung, wozu Hedge fähig war.
    Dann gelangte sie unvermittelt auf die Spitze des Kammes, wo keine Bäume mehr wuchsen und keine großen Felsen mehr waren. Sie hatte freien Blick den Westhang hinunter zum blauen Wasser der Bucht. Der Hang war wie mit Feuer und einem riesigen Besen gesäubert worden. Es gab nur aufgewühlte braune Erde, aus der seltsame Gebilde ragten. Schlanke, doppelt mannshohe Metallstangen. Es waren Hunderte, aufgestellt in Abständen von sechs Fuß und am Boden durch dicke Kabel miteinander verbunden, die sich den Hang hinabwanden und in ein heruntergekommenes Steingebäude ohne Dach führten. Zwei parallele Metallstangen, etwa sechs Fuß auseinander, verliefen auf vielen kurzen Holzbalken durch das Gebäude. Es war eine Art Weg, der abrupt nach etwa zwanzig Metern auf jeder Seite endete. An jedem Ende stand ein niedriger Wagen mit metallenen Rädern. Lirael wusste instinktiv, dass diese Gefährte für die Hemisphären bestimmt waren. Sie würden die silbernen Halbkugeln auf die Wagen laden und sie mit der Kraft der Blitze irgendwie zusammenführen.
    Wie um ihre Gedanken zu bestätigen, erhellte ein Blitz den Himmel und zuckte bis zum Kai hinunter, so grell, dass Lirael die Hand schützend vor die Augen halten musste. Sie roch den metallischen Brandgeruch, den zerstörerischen Gestank Freier Magie. Es drehte ihr den Magen um, und sie war froh, dass sie seit Stunden nichts gegessen hatte.
    Eine der Silberhemisphären befand sich bereits am Kai. Sie leuchtete blau, als der Blitz sie traf. Die andere Kugel war auf einem Boot draußen in der Bucht. Wenngleich die Blitze sich auf die Hemisphären konzentrierten, sah Lirael, dass sie sich zugleich weiter verstreuten und den Hang hinaufwanderten. Die meisten schlugen in die hohen Metallstäbe ein, die tausend Blitzableiter von Nicholas’ Blitzfarm.
    Als wären die dunklen Wolken noch nicht genug, begann Nebel von der Bucht heraufzuziehen. Lirael konnte spüren, dass es ein magischer Nebel war, jedoch aus Wasser, so dass es viel schwieriger sein würde, diesen Nebel aufzuhalten oder den Zauber zu brechen. Lirael spürte die Freie Magie darin, die ihn schuf. Hedge war irgendwo unten am Kai. Er hatte Tote bei sich, die die erste Hemisphäre transportierten; weitere Tote waren überall bei den kleinen Gebäuden am Kai postiert. Lirael konnte spüren, wie sie sich um Hedge herum bewegten. Sie fühlte sich wie eine Fliege am Rand eines Spinnennetzes, die die Bewegungen der großen Mutterspinne in der Mitte und ihrer vielen Jungen überall im Netz spürte.
    Lirael zog Nehima hervor, und nach einem Augenblick des Zögerns fiel ihre Hand auf Astarael. Die Klagende. Alle, die sie hörten, würden ins Totenreich geschleudert werden, auch Lirael. Wenn sie nahe genug herankam, könnte sie Hedge und sämtliche Toten tief in den Tod schicken. Hedge zumindest würde vermutlich einen Weg zurück ins Leben finden, doch es bestand eine geringe Chance, dass es auch Lirael gelang, und sie würde kostbare Zeit gewinnen.
    Als sie die Glocke aus dem Gurt ziehen wollte, sprang die Hündin auf und stieß Liraels Hand mit der Schnauze zur Seite.
    »Nein, Gebieterin«, sagte sie. »Astarael allein ist hier nicht stark genug. Es ist zu spät. Wir können die Verbindung der Hemisphären nicht mehr verhindern.«
    »Sam… die Soldaten«, sagte Lirael, »wenn wir sofort angreifen…«
    »Ich glaube nicht, dass wir die Blitzfarm so einfach durchqueren können.« Die Hündin schüttelte den Kopf. »Die Macht des Zerstörers ist hier freier. Er lenkt die Blitze. Außerdem werden die Toten hier von Hedge geführt, nicht von Chlorr.«
    »Aber wenn die Hemisphären zusammenkommen…«, flüsterte Lirael. Dann schluckte sie und sagte: »Jetzt ist die Zeit

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