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Das alte Königreich 03 - Abhorsen

Titel: Das alte Königreich 03 - Abhorsen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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den Toten nicht ertragen konnten, in die Dunkelheit davon. Die Kompanie hatte mehr als hundert Mann, als sie das Grenzgebiet verließ. Als sie nach Forvale kamen, waren es nur noch dreiundsiebzig.
    »Aussteigen! Aussteigen!«
    Die lauten Befehle des Sergeant Major der Kompanie weckten Lireal. Sie fuhr hoch, griff mit einer Hand nach einer Glocke und mit der anderen nach Nehima. Sam reagierte ähnlich. Verwirrt und erschrocken stolperte er zur Heckklappe, hinter der Fragwürdigen Hündin her, die gleich darauf hinaussprang.
    »Fünf Minuten Pause! Fünf Minuten! Erledigt eure Geschäfte, aber rasch! Wir müssen weiter!«
    Lirael kletterte aus dem Laster, gähnte und rieb sich die Augen. Es war noch immer ziemlich dunkel. Der östliche Himmel jenseits des Kammes war hell, aber die Sonne war noch nicht aufgegangen. Ein Großteil des Himmels färbte sich blau, ausgenommen ein Teil, der schwarz und bedrohlich wirkte. Lirael nahm es aus den Augenwinkeln wahr. Sie wirbelte herum und sah ihre schlimmsten Befürchtungen bestätigt. Blitze zuckten in der Wolke, mehr als je zuvor, und schlugen auf einem wesentlich größeren Gebiet jenseits des Hügelkammes ein.
    »Die Bucht von Forwins Mühle und die Mühle«, sagte Major Greene. »Sie liegen hinter dem Hügel. Was, zum…«
    Sie alle hatten über den Hügel geblickt. Jetzt deutete Greene ins Tal, das vor ihnen lag – fruchtbares grünes Weideland, aufgeteilt in regelmäßige, umzäunte, fünf Morgen große Flächen. In einigen dieser Areale weideten Schafe. Am Südende des Tales aber bewegte sich eine gewaltige blaue Masse. Tausende von Menschen, eine riesige Ansammlung von Südlingen in blauen Kappen und Tüchern, zogen durch das Tal.
    Greene und Tindall hatten ihre Ferngläser an den Augen. Doch Lirael brauchte kein Fernglas, um zu erkennen, wohin die Menge unterwegs war. Die vordersten Gruppen wandten sich nach Westen, auf den Kamm zu, nach Forwins Mühle hinüber. Zur Blitzfarm, wo sich dem Gewitter nach zu urteilen bereits die Hemisphären befanden.
    »Wir müssen sie aufhalten!«, sagte Sam und deutete auf die Südlinge.
    »Es ist wichtiger, dass wir die Hemisphären aufhalten, bevor sie zusammengebracht werden können«, entgegnete Lirael. Sie zögerte einen Augenblick und dachte nach. Es gab nur eines, das sie tun konnten. Sie mussten über den Kamm, um zu sehen, was dahinter vorging. Dazu mussten sie das Tal so schnell wie möglich durchqueren. »Wir müssen auf den Kamm! Kommt!«
    Sie lief los, die Straße hinunter ins Tal, langsam zuerst, um dann allmählich ihre Geschwindigkeit zu steigern. Die Hündin lief mit heraushängender Zunge an ihrer Seite. Sam folgte eine halbe Minute später. Er hatte Mogget auf der Schulter. Major Greene und Lieutenant Tindall brauchten länger, brüllten aber bald darauf Befehle, und die Soldaten kamen aus dem Straßengraben und formierten sich.
    Die Straße war eher ein Pfad, doch vom Fuß des Hügels aus verlief sie schnurgerade zwischen den Weiden hindurch und über eine betonierte Furt oder versunkene Brücke über den Fluss und am Hügel entlang.
    Lirael rannte wie nie zuvor. Sie watete so schnell sie konnte durch die Furt und gelangte an die Spitze der Südlinge. Aus der Nähe sah sie, dass sie in Hunderten von Familiengruppen dahinzogen, die mehrere Generationen umfassten – Großeltern, Eltern, Kinder und Säuglinge. Allen stand die gleiche Furcht in die Gesichter geschrieben, und fast jeder, ganz gleich wie jung oder alt, groß oder klein, war mit Koffern, Taschen und kleinen Bündeln beladen. Manche hatten seltsame Gegenstände dabei, kleine Maschinen und Metallobjekte, die Lirael nicht kannte, die Sam aber als Nähmaschinen, Phonographen und Schreibmaschinen vertraut waren. Merkwürdigerweise hatte jeder Erwachsene einen Zettel dabei.
    »Sie dürfen nicht über den Hügel«, sagte die Hündin, als Lirael ihr Tempo verlangsamte, um die Scharen von Menschen zu betrachten. »Aber wir dürfen nicht anhalten. Ich fürchte, die Blitze werden häufiger.«
    Lirael blieb einen Augenblick stehen und blickte zurück. Sam war etwa fünfzig Meter hinter ihr und lief mit grimmiger Entschlossenheit.
    »Sam!«, rief Lirael. Sie deutete auf die Südlinge, die auf den Hügel zukamen. Einige jüngere Männer stiegen bereits hangaufwärts. »Halte sie auf. Ich laufe weiter!«
    Lirael setzte sich wieder in Bewegung und ignorierte die Seitenstiche. Mit jedem Schritt erschien es ihr, als würde das Blitzen hinter dem Hügel sich ausbreiten und

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