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Das alte Königreich 03 - Abhorsen

Titel: Das alte Königreich 03 - Abhorsen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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besser gekleidet war als alle anderen. Zu ihr gehörten mehrere junge Männer und Frauen. Es war die einzige Gruppe, die offensichtlich keine Familie war, ohne Kinder und viel Gepäck. Die Matriarchin war die Anführerin, soviel wusste Sam über die Südlinge. Wenn jemand die menschliche Flut stoppen konnte, dann sie – sofern er sie in den nächsten fünf Minuten überzeugen konnte.
    Sobald die Toten angriffen, konnte alles geschehen. Panik mochte unter den Südlingen ausbrechen und viele würden zertrampelt. Oder sie glaubten nicht, was sie mit eigenen Augen sahen, wollten kein Hindernis wahrnehmen und setzten blind ihren Weg über den Hügel fort, getrieben von Optimismus und Hoffnung, schließlich doch noch eine neue Heimat zu finden.

21
    Tiefer in den Tod
     
    Lirael hielt nicht an, um sich umzusehen, als sie in den eisigen Fluss des Todes tauchte. Die Strömung erfasste sie, wollte sie unter Wasser ziehen. Sie kämpfte sich vorwärts, während die Hündin voraussprang und nach Anzeichen lauernder Toter schnüffelte.
    Während Lirael durch den Fluss watete, rekapitulierte sie die Schlüsselkapitel aus dem
Buch der Toten
und dem
Buch des Erinnerns und Vergessens.
Ihr Verstand blätterte durch die Seiten über jede der Neun Zonen und die Geheimnisse der Neun Tore. Aber diese Geheimnisse zu kennen, selbst aus einem Zauberbuch, war nicht dasselbe, wie sie selbst zu durchwandern. Und Lirael war nie zuvor über die Erste Zone hinausgekommen, hatte nie auch nur das Erste Tor passiert.
    Dennoch schritt sie zuversichtlich aus und verdrängte ihre Zweifel. Das Totenreich war kein Ort für Zweifel. Der Fluss würde jede Schwäche nutzen. Allein die Kraft des Willens hinderte die Strömung daran, Liraels Geist mit sich zu reißen. Wenn ihre Kraft sie verließ, würden die Fluten über ihr zusammenschlagen und alles wäre verloren.
    Sie gelangte unerwartet rasch zum Ersten Tor. Eine Minute zuvor war es noch ein fernes Donnern gewesen, eine ferne Nebelwand, die sich nach links und rechts in die Unendlichkeit erstreckte. Jetzt stand Lirael so nah, dass sie den Nebel berühren konnte, und das Donnern des Wasserfalls auf der anderen Seite klang erschreckend laut.
    Worte kamen ihr in den Sinn, Worte der Macht, welche die beiden Bücher ihr in den Mund legten. Sie sprach sie aus und spürte die Freie Magie auf ihrer Zunge und ihren Lippen knistern und zischen, als die Worte aus ihrem Mund kamen.
    Der Nebelvorhang teilte sich, wogte langsam zur Seite und enthüllte eine Reihe von Wasserfällen, die in einen dunklen, unendlichen Abgrund zu stürzen schienen. Lirael sprach erneut und deutete mit ihrem Schwert nach links und rechts. Ein Pfad erschien vor ihr, der tief in den Wasserfall führte, gleich einem schmalen Pass zwischen zwei Wasserbergen. Lirael betrat den Pfad. Die Hündin folgte ihr so dicht, dass sie fast zwischen Liraels Beine geriet. Nach den ersten Schritten schloss sich der Nebel, und der Pfad verschwand hinter ihnen.
    Als sie nicht mehr zu sehen waren, stieg ein sehr kleiner boshafter Geist in der Nähe des Ersten Tores aus dem Wasser und ging auf das Leben zu. Dabei folgte er einem nahezu unsichtbaren schwarzen Faden, der an seinem Nabel befestigt war. Der Geist tänzelte und plapperte und freute sich auf die Belohnung, die er von seinem Meister für die Nachricht über diese Reisenden erhalten würde. Vielleicht würde er sogar einen Körper bekommen und im Reich der Lebenden bleiben dürfen.
    Die Durchgang durchs Erste Tor war trügerisch. Lirael hätte nicht sagen können, wie lange es dauerte, doch bald war der Fluss wieder in seinem ebenen, breiten Bett auf dem Weg durch die Zweite Zone. Lirael hatte gleich nach Verlassen des Pfades begonnen, mit ihrer Klinge im Wasser zu stochern, um zu sehen, wohin sie trat. Diese Zone war nicht viel anders als die Erste, doch befanden sich hier außer der allgegenwärtigen Strömung auch tiefe, gefährliche Löcher im Flussbett. Auch sehen konnten sie nicht sehr viel, denn das graue Licht ließ alles unscharf und verschwommen erscheinen, so dass sich Liraels Gesichtsfeld nicht weiter als bis zur Spitze ihres Schwerts erstreckte.
    Es gab einen leichten Weg durch die Zone, einen Pfad, den die früheren Abhorsen schon beschritten und im
Buch der Toten
aufgezeichnet hatten. Diesen Weg nahm nun auch Lirael. Zwar verließ sie sich auf ihr Gedächtnis, aber nicht so blind, dass sie das Stochern mit dem Schwert aufgegeben hätte. Doch sie zählte ihre Schritte wie im Buch

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