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Das alte Königreich 03 - Abhorsen

Titel: Das alte Königreich 03 - Abhorsen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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nicht viel Glück gehabt«, murmelte er. »Ich hoffe, es wird besser.«
    »Da vorn ist Sonnenlicht«, stellte die Hündin fest. »Wir haben also den Ausgang erreicht. Das Sonnenlicht wird euch aufmuntern.«
    »Es müsste längst dunkel sein«, meinte Sam. »Wie lange waren wir unter der Erde?«
    »Vier oder fünf Stunden mindestens«, erwiderte Lirael stirnrunzelnd. »Vielleicht länger. Das kann nicht die Sonne sein.«
    Sie ging voraus. Je näher sie dem Ausgang kamen, desto deutlicher wurde, dass es doch die Sonne war. Bald konnten sie voraus eine schmale Kluft erkennen, darüber einen klaren blauen Himmel und feinen Sprühregen von einem Wasserfall.
    Als sie die Kluft durchquert hatten, befanden sie sich mehrere Hundert Meter westlich des Wasserfalls, am Fuß der Langen Klippen. Die Sonne stand halbhoch am westlichen Himmel, und Regenbogen durchzogen den Sprühnebel, den der gewaltige Wasserfall erzeugte.
    »Es ist Nachmittag«, stellte Sam fest, beschattete die Augen und blickte die Klippen entlang. Dann maß er, wie viele Finger hoch die Sonne über dem Horizont stand. »Nicht später als vier Uhr.«
    »Dann haben wir einen ganzen Tag verloren!«, entfuhr es Lirael. Jede Verzögerung erhöhte das Risiko, dass sie es nicht schafften. Ihr Mut sank. Wie war es möglich, dass sie fast vierundzwanzig Stunden unter der Erde verbracht hatten?
    »Nein«, widersprach die Fragwürdige Hündin, wobei sie die Sonne beobachtete und schnupperte. »Wir haben nicht einen Tag verloren.«
    »Jetzt sag bloß nicht, dass es mehrere Tage waren«, flüsterte Lirael. Das konnte nicht sein. Wenn sie auf unerklärliche Weise Tage, Wochen oder gar noch länger unter der Erde verbracht hatte, war alles verloren…
    »Nein«, entgegnete die Hündin. »Es ist noch derselbe Tag, an dem wir das Haus verlassen haben. Es mag eine Stunde her sein, dass wir den Brunnenschacht hinabgestiegen sind, vielleicht weniger.«
    »Aber…«, begann Sam, hielt inne, schüttelte den Kopf und blickte auf die Kluft in den Klippen zurück.
    »Die Zeit und der Tod liegen dicht beieinander«, erklärte die Hündin. »In Astaraels Reich. Auf ihre Weise hat sie uns geholfen.«
    Lirael nickte, auch wenn sie im Augenblick nicht das Gefühl hatte, dass ihr geholfen worden war. Sie war müde und ihr taten die Füße weh. Zu gern hätte sie sich in der warmen Sonne schlafen gelegt und wäre in der Großen Bibliothek der Clayr aufgewacht, mit steifem Nacken vom unbequemen Schlaf an ihrem Schreibtisch und einer verschwommenen Erinnerung an beunruhigende Albträume.
    Sie schob den Tagtraum beiseite. »Ich kann keine Toten hier unten spüren«, sagte sie. »Ich nehme an, wenn man uns schon einen Nachmittag schenkt, sollten wir ihn nutzen. Wie kommen wir die Klippen wieder hinauf?«
    »Es gibt einen Pfad ungefähr anderthalb Meilen in westlicher Richtung«, sagte Sam. »Er ist schmal, hauptsächlich Stufen, und wird selten benutzt. Da oben sollten wir weit genug vom Nebel und von Chlorrs Helfern entfernt sein. Gut zwölf Meilen dahinter verläuft der Westgraben. Dort führt auch die Straße durch.«
    »Wie heißt der Stufenpfad?«, fragte die Hündin.
    »Keine Ahnung. Mutter nannte ihn nur die Stiege, glaube ich. Sie ist bemerkenswert. Die Stufen sind niedrig und tief und gerade breit genug für eine Person.«
    »Ich kenne diese Stiege«, meinte die Hündin. »Dreitausend Stufen, nur wegen des frischen Wassers am Fuß.«
    Sam nickte. »Ja, es gibt dort eine Quelle mit gutem Wasser. Du meinst, jemand hat diesen Pfad nur deshalb angelegt, um an einen Schluck frisches Wasser heranzukommen?«
    »Um an das Wasser heranzukommen, ja, aber nicht, um es zu trinken«, sagte die Hündin. »Ich bin froh, dass es den Pfad noch gibt. Gehen wir.«
    Mit diesen Worten setzte die Hündin sich in Bewegung und sprang über die Felsbrocken, die den Eingang zur Kluft und zu den Höhlen dahinter verbargen.
    Lirael und Sam folgten bedächtiger und suchten sich einen Weg zwischen den Felsen. Beide waren in Gedanken versunken. Lirael dachte vor allem an die Worte der Hündin: »Wenn alte Kräfte sich regen, werden viele Dinge geweckt.« Sie wusste, was immer Nicholas ans Licht brachte, war mächtig und böse, und sein Erscheinen hatte vieles in Bewegung gesetzt, zum Beispiel, dass die Toten im ganzen Königreich sich erhoben. Aber sie hatte nicht in Betracht gezogen, dass auch noch andere Kräfte erwachen und ihre Pläne stören könnten.
    Nicht dass sie wirklich einen Plan hatten. Sie stürmten

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