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Das alte Königreich 03 - Abhorsen

Titel: Das alte Königreich 03 - Abhorsen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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beiden.
    Liraels Gefühl, dem Tod nahe zu sein, wurde stärker, als ein Windstoß auf den letzten paar Stufen über sie hinwegfegte. Er trug einen schrecklichen Gestank mit sich, eine Vorwarnung auf den Anblick, der sie erwartete. Als sie oben ankamen, blickten sie auf ein kahles Feld, das mit den Leichen unzähliger Männer und Maultiere übersät war. Schwarze Schwärme von Raben tummelten sich zwischen und auf den Körpern, hackten mit ihren scharfen Schnäbeln ins Fleisch oder stritten sich krächzend.
    Zum Glück wurde sofort deutlich, dass die Raben ganz normale Vögel waren. Sie flatterten auf, als die Fragwürdige Hündin vorwärts jagte, und krächzten verärgert, dass sie beim Frühstück gestört wurden. Lirael nahm keine magischen Toten unter ihnen oder in der Nähe wahr, dennoch zog sie Saraneth hervor und griff nach ihrem Schwert Nehima. Selbst aus dieser Entfernung verrieten ihr ihre nekromantischen Sinne, dass die Leichen bereits seit Tagen hier lagen; aber das hätte allein schon der entsetzliche Gestank verraten.
    Die Hündin lief zu Lirael zurück und neigte fragend den Kopf. Lirael nickte, und die Hündin begann in immer größeren Kreisen um die Leichen herum zu schnüffeln, bis sie schließlich hinter Akazien verschwand. Am höchsten Baum hing eine Leiche, die von einem mächtigen Windstoß oder einer übermenschlichen Kreatur dorthin geschleudert worden sein musste.
    Das Schwert in der Faust, trat Sam neben Lirael. Die Charterzeichen auf der Klinge leuchteten bleich in der Sonne. Mit gleißendem Licht war der Tag angebrochen, doch es passte nicht zu diesem Ort des Todes. Wie konnte heller Sonnenschein auf solch ein Feld fallen, das in Nebel und Düsternis liegen sollte?
    »Kaufleute, wie es aussieht«, stellte Sam fest, als sie näher kamen. »Ich frage mich, was…«
    So, wie die Leichen lagen, war deutlich zu erkennen, dass die Männer vor irgendetwas geflohen waren. Die Leichen der Kaufleute, die kostbarer gekleidet und unbewaffnet waren, lagen näher an den Stufen. Die Wachmannschaft war zwanzig Meter weiter hinten im Kampf gefallen, als sie sich dem Feind gestellt hatte, vor dem es kein Entkommen mehr gegeben hatte.
    »Es ist mindestens eine Woche her«, sagte Lirael, als sie sich langsam den Leichen näherte. »Ihre Geister sind längst fort – in den Tod, hoffe ich. Aber es könnte auch sein, dass sie für dunkle Zwecke im Leben rekrutiert wurden.«
    »Aber warum blieben die Körper zurück?«, fragte Sam. »Und was hat ihnen solche Wunden zugefügt?«
    Er deutete auf einen toten Krieger, dessen Rüstung an zwei Stellen durchbohrt war. Die beinahe faustgroßen Löcher waren an den Rändern versengt, und die Stahlringe und das Leder darunter waren geschwärzt wie von Feuer.
    Lirael schob Saraneth vorsichtig in ihren Beutel zurück und kam zu Sam, um sich die Leiche und die merkwürdigen Wunden genauer anzusehen. Sie hielt den Atem an, doch in ein paar Schritten Entfernung blieb sie plötzlich stehen und schnappte nach Luft, so dass der scheußliche Gestank ihr in Nase und Lunge drang. Sie begann zu würgen und musste sich abwenden, um sich zu übergeben. Auch Sam konnte jetzt nicht mehr an sich halten, und beide befreiten ihren Magen von Brot und Kaninchen.
    »Tut mir Leid«, sagte Sam. »Geht es wieder?«
    »Ich habe ihn gekannt«, sagte Lirael mit einem Blick auf den Krieger. Ihre Stimme bebte, und sie atmete tief ein. »Er kam vor Jahren auf den Gletscher und sprach mich im Unteren Refektorium an. Seine Rüstung passte ihm damals nicht.«
    Sie nahm die Flasche, die Sam ihr hinhielt, schüttete sich Wasser in die hohle Hand und spülte sich den Mund aus.
    »Er hieß Larrow oder Harrow oder so ähnlich… ich weiß es nicht mehr genau. Er hatte mich nach meinem Namen gefragt, aber den habe ich ihm nie gesagt…«
    Sie zögerte, wollte noch etwas hinzufügen, brach jedoch abrupt ab, als Sam plötzlich herumfuhr.
    »Was war das?«
    »Was?«
    »Ein Geräusch, irgendwo da drüben«, erwiderte Sam und deutete auf den Kadaver eines Maultiers, der am Rand einer Erosionsspalte lag, die zu den Klippen hinunter verlief. Der Kopf des toten Tieres hing in die Rinne und war nicht zu sehen.
    Noch während sie darauf starrten, bewegte der Kadaver sich leicht; dann glitt er mit einem Ruck über den Rand in den Spalt.
    Sie konnten noch das Hinterteil des Maultieres sehen. Dann begannen Rumpf und Hinterbeine zu zittern und zu wackeln.
    »Das Maultier wird von irgendetwas aufgefressen!«, entfuhr es

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