Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das alte Königreich 03 - Abhorsen

Titel: Das alte Königreich 03 - Abhorsen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
Vom Netzwerk:
blieb, als zu kämpfen.
    Er suchte erneut an Lirael nach Anzeichen einer Veränderung, doch sie blieb im Totenreich. Ihr Körper war reglos wie eine Statue, weiß von Reif, und verströmte eine Kälte, welche die Pfützen zu ihren Füßen gefrieren ließ. Sam wollte sich mit einem Stück Eis Kühlung verschaffen, unterdrückte jedoch das Verlangen. Mehrere große Pfotenspuren in der Mitte der Pfütze verrieten ihm, dass die Fragwürdige Hündin im Gegensatz zu Lirael körperlich ins Totenreich gelangen konnte. Ihre Gestalt musste vollkommen magisch sein.
    Der Körper der Gardistin lehnte noch immer an dem Baum. Sam hatte erwogen, sie aufzubahren, aber das hätte bedeutet, den Leichnam in den Schlamm zu legen. Er wollte auch dem Körper der Toten ein gebührendes Ende bereiten, wagte es aber nicht, die erforderliche Chartermagie einzusetzen, bevor Lirael zurück war.
    Sam seufzte bei dem Gedanken und hätte gern Schutz vor dem Regen unter dem Baum gesucht. Doch er war sich nur allzu bewusst, dass er für Liraels Sicherheit verantwortlich war. Er war jetzt allein und vermisste in diesem Augenblick sogar die zweifelhafte Gesellschaft Moggets. Das Alleinsein beunruhigte ihn, doch die Furcht, die er seit Belisaere immer wieder verspürt hatte, war fort. Dieses Mal wollte er Tante Lirael auf keinen Fall enttäuschen. Also nahm er sein Schwert und schritt erneut den dichten Ring von Bäumen ab, den er seit Liraels Aufbruch ins Totenreich regelmäßig patrouillierte.
    Er hatte die Runde halb geschafft, als er im steten Prasseln des Regens ein Geräusch vernahm wie ein Knacken, wenn jemand auf nasse Zweige trat.
    Augenblicklich ließ Sam sich hinter dem Stamm eines gewaltigen Farns auf die Knie nieder und lauschte mit angehaltenem Atem.
    Zuerst hörte er nichts als den Regen und seinen eigenen Herzschlag. Dann erklang das Geräusch wieder: leise Schritte, das Rascheln von Laub. Jemand – oder etwas – versuchte sich an ihn heranzuschleichen. Es war noch etwa zwanzig Fuß entfernt, ein Stück hangabwärts, im grünen Unterholz verborgen. Es kam ganz langsam näher. Die Schritte lagen minutenlang auseinander.
    Sam warf einen Blick zurück auf Lirael. Nichts deutete darauf hin, dass sie von den Toten zurückkehrte. Einen Moment lang war er versucht, sie an der Schulter zu rütteln, damit sie zurückkam und hier das Kommando übernahm.
    Dann aber bezwang er sich. Lirael hatte eine Aufgabe zu erfüllen, und er ebenso. Es blieb Zeit genug, sie zurückzuholen, wenn es sein musste. Vielleicht kroch nur eine große Echse zwischen den Farnen herum, oder ein wilder Hund oder einer der großen schwarzen Laufvögel, die in diesen Bergen heimisch waren. Er wusste nicht mehr, wie sie hießen.
    Es war jedenfalls nichts Totes, denn das hätte er mit Sicherheit gespürt. Ein Wesen der Freien Magie hätte gezischt und gedampft im Regen, und er hätte es gerochen. Wahrscheinlich…
    Es bewegte sich wieder, doch nicht den Hang herauf, sondern in einem Bogen, vielleicht, um einen Gegner zu umgehen und von oben anzugreifen. Das allerdings wäre ein menschlicher Trick.
    Es könnte ein Nekromant sein, warnte eine Stimme in einem verborgenen Winkel in Sams Verstand.
    Was es auch sein mochte, es war nicht von den Toten, so dass man es nicht spüren konnte. Auch wenn es sich ihrer bediente, war es nicht von Freier Magie, so dass man es nicht riechen konnte. Sogar
er selbst
könnte es sein. Hedge.
    Sams Schwerthand begann zu zittern. Er schloss die Faust fester um den Griff, bis das Zittern endete und die Brandwunden an seinen Handgelenken fast weiß waren.
    Der Augenblick ist gekommen, dachte Sam. Der Augenblick deiner Bewährungsprobe! Wenn er sich der unbekannten Gefahr nicht stellte, würde er für alle Zeiten mit der Erkenntnis leben müssen, ein Feigling zu sein. Lirael hielt ihn nicht für feige, und auch nicht die Hündin. Gewiss, er war vor Astarael geflohen, aber nicht aus Furcht. Magie hatte ihn dazu getrieben. Auch Lirael war geflohen. Dessen musste man sich nicht schämen.
    Es bewegte sich wieder, stahl sich näher. Sam konnte es immer noch nicht sehen, glaubte aber zu wissen, wo es sich befand.
    Er öffnete seinen Geist der Charter und spürte, wie sein Herzschlag ruhiger wurde, als die vertraute Ruhe der Magie über ihn kam, die alles Lebende verband. Mit der freien Hand zeichnete er vier helle Charterzeichen in die Luft. Das fünfte Zeichen flüsterte er hinter vorgehaltener Hand. Als die Zeichen sich verbanden, hielt Sam einen

Weitere Kostenlose Bücher