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Das alte Königreich 03 - Abhorsen

Titel: Das alte Königreich 03 - Abhorsen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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müssen wir uns beeilen«, sagte die Hündin und konnte ihren Eifer kaum bezwingen. »Der Fluss wird sie schon ein Stück mitgenommen haben.«
    »Willst du in den Tod?«, fragte Sam. »Ist das klug? Ich meine, Hedge könnte in der Nähe sein oder dich sogar dort erwarten!«
    »Ich weiß«, sagte Lirael. Sie hatte die gleichen Gedanken. »Aber wir sollten das Wagnis eingehen. Wir müssen den genauen Ort von Nicks Ausgrabung herausfinden. Und wir müssen wissen, was mit der Gardistin passiert ist. Wir können nicht einfach blind weitermarschieren.«
    »Ja, wahrscheinlich«, erwiderte Sam und grub seine Zähne in unbewusster Furcht in die Unterlippe. »Was muss ich tun?«
    »Wache über meinen Körper, während ich fort bin«, sagte Lirael.
    »Aber setze keine Chartermagie ein, wenn es nicht unbedingt sein muss«, fügte die Hündin hinzu. »Jemand wie Hedge kann sie aus vielen Meilen Entfernung riechen, selbst im Regen.«
    »Ich weiß«, erwiderte Sam, zog sein Schwert und musterte seine Umgebung Busch für Busch und Baum für Baum. Er blickte auch nach oben – geradewegs in einen Schauer Regentropfen, die einen Weg durchs Blätterdach gefunden hatten. Sie liefen Sam den Hals hinunter, fanden ihren Weg unter die Kleidung und verstärkten sein Unbehagen. Doch in den Ästen des Baumes lauerte nichts, und in dem kleinen Stück Himmel, das er sehen konnte, gab es nur Wolken und Regen.
    Auch Lirael zog ihr Schwert. Die Hand am Gurt, überlegte sie einen Augenblick, welche Glocke sie wählen sollte. Sie war schon einmal im Totenreich gewesen, als sie beinahe von Hedge besiegt und seine Sklavin geworden wäre. Dieses Mal, schwor sie sich, würde sie stärker und besser vorbereitet sein. Deshalb war es wichtig, dass sie die richtige Glocke wählte. Ihre Finger glitten leicht über jeden Beutel bis zum sechsten, den sie vorsichtig öffnete. Sie zog die Glocke heraus, die Finger in der Öffnung, so dass der Klöppel nicht schlagen konnte. Sie hatte Saraneth, die Fesslerin, gewählt. Sie war die stärkste aller Glocken, von Astarael abgesehen.
    »Ich komme doch mit, oder?«, fragte die Hündin voller Eifer und sprang schwanzwedelnd um Lirael herum.
    Lirael nickte und begann, ihre Sinne in den Tod hinein auszudehnen. Es war hier nicht schwierig, denn das gewaltsame Ende der Gardistin hatte ein Tor geschaffen, das Leben und Tod an dieser Stelle viele Tage lang verbinden würde. Ein Tor, das in beiden Richtungen offen stand.
    Die Kälte kam und verdrängte die warme Feuchtigkeit des Regens. Lirael zitterte, doch sie drang vorwärts in den Tod, bis der Regen, der Wind, der Duft der feuchten Blätter und Sams Gesicht verschwunden waren und das kalte graue Licht des Totenreichs sie umhüllte.
    Das Wasser des Flusses umspülte Liraels Knie und drängte sie vorwärts. Einen Moment lang stemmte sie sich dagegen, wollte festhalten am Gefühl des Lebens hinter ihr. Sie brauchte nur einen Schritt rückwärts zu tun und nach dem Leben zu greifen, und sie würde wieder im Wald sein. Aber dann hätte sie nichts erfahren…
    »Ich bin die Abhorsen-Nachfolgerin«, flüsterte sie und spürte in diesem Augenblick, wie der Druck des Wassers schwächer wurde. Vielleicht bildete sie es sich nur ein. Aber sie fühlte sich besser. Sie hatte ein Recht, hier zu sein.
    Sie tat einen ersten zögernden Schritt vorwärts, dann einen weiteren und wieder einen, und marschierte schließlich festen Schrittes dahin, während die Fragwürdige Hündin neben ihr durch die Fluten sprang.
    Wenn sie Glück hatte, würde die Gardistin noch auf dieser Seite des Ersten Tores sein. Doch soweit sie sehen konnte, bewegte sich nichts, auch nicht auf der Wasseroberfläche. Aus der Ferne drang das Donnern des Tores zu ihr.
    Lirael lauschte gespannt, denn das Donnern würde verstummen, wenn die Frau hindurchging. Sie bewegte sich weiter, wobei sie vorsichtig nach Löchern und Steinen im Flussbett tastete. Es war leicht, mit der Strömung zu gehen, und sie entspannte sich ein wenig, hielt Klinge und Glocke aber wachsam bereit.
    »Sie ist nicht weit vor uns, Herrin«, flüsterte die Hündin. Ihre Nase zuckte kaum einen Zoll über dem Wasser. »Links.«
    Liraels Blick folgte der Pfote der Hündin, die die Richtung wies, und nahm eine undeutliche Gestalt unter dem Wasser wahr, die mit der Strömung auf das Erste Tor zutrieb. Instinktiv ging sie darauf zu, um nach der schattenhaften Form zu greifen. Dann erkannte sie ihren Fehler und hielt inne.
    Selbst die gerade Verstorbenen

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