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Das alte Königreich 03 - Abhorsen

Titel: Das alte Königreich 03 - Abhorsen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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wusste nicht, wie lange der Splitter des Zerstörers – oder was immer es war, das er in sich trug – gebannt bleiben würde.
    »Warum tust du das?«, krächzte Nick, als sie ihn auf ihre Schultern hob. »Das Experiment wird auch ohne mich stattfinden.«
    Lirael hatte gelernt, wie Feuerwehrleute Verletzte schulterten, damals in der Großen Bibliothek der Clayr, doch sie hatte es seit Jahren nicht mehr getan, seit Kemmerus Schwarzbrennerei Feuer gefangen hatte, als Lirael in der Bibliotheksfeuerwehr Dienst tat. Es war erfreulich, dass sie es nicht verlernt hatte und dass Nick wesentlich leichter als Kemmeru war. Doch der Vergleich war nicht fair. Kemmeru hatte darauf bestanden, zusammen mit ihren Lieblingsbüchern hinausgetragen zu werden.
    »Dein Freund Sam kann alles erklären«, keuchte Lirael. Sie konnte noch immer die Hündin in der Ferne bellen hören, was beruhigend war, doch sie vermochte kaum zu erkennen, wohin sie trat. Der erste Hauch der Dämmerung war kaum mehr als eine Ahnung von Licht. In Gestalt der Eule war es wesentlich einfacher gewesen, diesen Teil des Tales zu durchqueren.
    »Sam?«, fragte Nick. »Was hat denn Sam damit zu tun?«
    »Er wird es dir erklären«, sagte Lirael knapp, um Atem zu sparen. Sie blickte zum Himmel, um sich mit Hilfe Uallus’ zu orientieren. Doch sie befanden sich noch immer zu nahe an der Grube und konnten lediglich Gewitterwolken und Blitze sehen. Wenigstens hatte es zu regnen aufgehört und die Wolken trieben davon.
    Lirael kämpfte sich weiter, doch mehr und mehr hatte sie das Gefühl, nicht mehr in die richtige Richtung zu gehen. Sie hätte während des Fluges besser Acht geben müssen, als die Landschaft deutlich erkennbar unter ihr lag.
    »Hedge wird mich holen kommen«, flüsterte Nick schwach. Seine Stimme war heiser und klang seltsam, vor allem, da sie aus der Gegend ihrer Gürtelschnalle kam, so wie er über ihren Schultern hing.
    Lirael gab keine Antwort. Sie konnte die Hündin nicht mehr hören, und der Boden zu ihren Füßen wurde sumpfig, was ihr bestätigte, dass es keinesfalls der richtige Weg war. Doch voraus nahm sie verschwommene Umrisse wahr, von Büschen möglicherweise. Vielleicht lag das Flussufer vor ihr, an dem Sam wartete.
    Lirael stapfte weiter. Nicks Gewicht drückte ihre Füße tief in den durchweichten Boden. Jetzt, im ersten spärlichen Licht der aufgehenden Sonne, konnte sie erkennen, was vor ihr lag. Es war Schilf, nicht Buschwerk. Hohe Binsen mit roten Blüten. Ihr Samen färbte die Seeufer tiefrot, was dem Roten See seinen Namen gab.
    Lirael erkannte, dass sie eine vollkommen falsche Richtung genommen hatte. Irgendwann musste sie nach Westen abgebogen sein. Jetzt war sie am Seeufer, und den Blutkrähen würde es ein Leichtes sein, sie zu finden. Es sei denn, überlegte sie, diese Biester konnten sie nicht sehen. Sie verlagerte Nicks Gewicht und beugte sich ein wenig vor, um die Last besser im Gleichgewicht halten zu können. Nick stöhnte vor Schmerz, doch Lirael beachtete es nicht und stapfte ins Schilf hinein.
    Bald wurde aus dem Sumpf zu ihren Füßen Wasser, das bis fast zu den Knien reichte. Das Schilf wuchs dichter, und die Blüten ragten über sie empor. Lirael sah einen schmalen Pfad vor sich, in dem das Schilf umgeknickt worden war, um einen Durchgang zu ermöglichen. Sie folgte dem Pfad immer tiefer ins Binsendickicht.
     
    Sam nahm ein weiteres Zeichen aus dem endlosen Fluss der Charter, zwang es in den Pfeil, der auf seinen Knien lag, und beobachtete, wie es den scharfen Stahl der Spitze wie Öl überzog. Es war das letzte Zeichen für diesen Pfeil. Er hatte den Schaft bereits mit den Zeichen für Zielsicherheit und Kraft versehen, die Fiederung mit den Zeichen für Flug und Glück und die Spitze mit den Zeichen für Bannkraft und Auflösung.
    Es war der letzte Pfeil von zwanzig, die alle nun wirkungsvolle magische Waffen zumindest gegen die Geringeren Toten waren. Sam hatte zwei Stunden dafür gebraucht, und er war ein wenig müde. Er wusste nicht, dass die meisten Chartermagier fast einen ganzen Tag dafür gebraucht hätten. Magie an leblosen Objekten war Sam schon immer leicht gefallen.
    Er erledigte diese Arbeit auf einem Stamm sitzend, der aus dem Fluss ragte. Sam war sehr zufrieden mit diesem Fluss, der gut fünfzehn Meter breit, sehr tief und schnell war. Man konnte ihn von diesem Stamm aus überqueren, indem man von Stein zu Stein sprang, doch Sam glaubte nicht, dass die Toten das tun würden.
    Er steckte den

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