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Das alte Königreich 03 - Abhorsen

Titel: Das alte Königreich 03 - Abhorsen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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Lirael schritt schneller aus.
    Sie war gerade beim hundertdreiundsiebzigsten Schritt, als plötzlich irgendetwas zwischen den Bäumen hervorkam und geradewegs auf sie zuschoss.
    Instinktiv griff Lirael nach ihrem Bogen – den sie nicht bei sich hatte. Mit derselben fließenden Bewegung zog sie ihr Schwert, ohne im Laufen innezuhalten.
    Sie setzte gerade mit einem Schrei zum Angriff an, als sie die Fragwürdige Hündin erkannte und erleichtert nach ihr rief, was mit einem freudigen Jaulen quittiert wurde.
    Ein paar Minuten später trafen sie aufeinander, die Hündin hüpfend, schlabbernd und umhertanzend, Lirael umarmend, küssend und bemüht, das Schwert aus dem Weg zu halten.
    »Du bist es! Du bist es! Du bist es!«, bellte die Hündin und wedelte vor Begeisterung mit dem ganzen Hinterteil.
    Lirael sagte nichts. Sie kniete nieder, drückte den Kopf an den warmen Hals der Hündin und seufzte tief. Alle Sorgen waren für einen Moment fern und bedeutungslos.
    »Du riechst schlimmer, als ich zumeist rieche«, bemerkte die Hündin, nachdem die erste Begeisterung ein wenig abgeflaut war und sie an Liraels schlammbedecktem Körper zu schnüffeln begann. »Steh auf. Wir müssen schnell zum Fluss. Es sind noch immer viele Tote unterwegs. Hedge scheint sie sich selbst überlassen zu haben – glauben wir zumindest, seit der Gewittersturm sich auf den See hinausbewegt, vermutlich, um den beiden Hemisphären zu folgen.«
    »Ja«, sagte Lirael, als sie sich auf den Weg gemacht hatten. »Hedge ist dort. Nick… die Kreatur in ihm… rief ihn. Sie haben zwei Kähne, auf denen sie die Hemisphären nach Ancelstierre bringen.«
    »Die Kreatur in Nick ist wieder erwacht«, überlegte die Hündin. »Das hat nicht lange gedauert. Selbst das Fragment muss stärker sein, als ich dachte.«
    »Es übertraf meine schlimmsten Vorstellungen«, erwiderte Lirael schaudernd. Sie hatten den Fluss nun fast erreicht. Sam erwartete sie im Schatten der Bäume mit einem Pfeil am gespannten Bogen. Wie sollte sie ihm erklären, dass sie Nick befreit hatte – und wieder verloren?
    Sam bewegte sich plötzlich, und Lirael hielt erschrocken inne. Es sah aus, als würde er auf sie oder die Hündin schießen. Sie konnte sich gerade noch ducken, als sein Bogen sang und ein Pfeil direkt auf ihren Kopf zuraste.

13
    Einzelheiten von der Fragwürdigen Hündin
     
    Noch während Lirael sich duckte, spürte sie schaudernd die Anwesenheit einer Blutkrähe direkt über ihr. Im gleichen Augenblick endete der Flug der gefiederten Kreatur. Durchbohrt von Sams Pfeil schlug sie am Boden auf. Die Chartermagie in der Pfeilspitze sprühte Funken, während sie sich in das Stück toten Geistes fraß, das fortzukriechen versuchte.
    Lirael hatte instinktiv eine Glocke in die Hand genommen und hielt Ausschau nach weiteren Blutkrähen. Eine zweite tauchte herab, doch ein Pfeil sirrte hoch und traf auch sie. Das Geschoss durchschlug das gefiederte Knäuel aus fleischlosen Knochen und flog weiter. Die Blutkrähe nicht. Im brennenden, alles vernichtenden Licht der Sonne wand sich ein weiteres Fragment toten Geistes am Boden.
    Lirael blickte auf die Glocke in ihrer Hand und die Geistfragmente – dickflüssige dunkle Lachen, die aufeinander zuflossen, um sich zu größerer Stärke zu vereinen. Die Glocke war Kibeth. Lirael läutete sie in einer schnellen S-Form, und es erklang eine helle und fröhliche Melodie, die Liraels linken Fuß zu einem lustigen kleinen Stepptanz veranlasste.
    Auf die Geistfragmente der Blutkrähen hatte der Klang der Glocke allerdings eine weniger erfreuliche Wirkung. Die beiden Kleckse wanden sich wie gesalzene Blutegel und überschlugen sich beinahe, um dem Klang zu entfliehen. Doch es gab für sie keine Flucht vor Kibeths gebieterischem Lied, außer an den einen Ort, den der Geist mehr als alles andere fürchtete. Aber er hatte keine Wahl. Innerlich schreiend gehorchte er der Glocke, und die beiden Flecken verschwanden ins Reich der Toten.
    Lirael suchte den Himmel ab und lächelte zufrieden, als in der Ferne drei weitere schwarze Punkte herabfielen: Blutkrähen, die verendeten, als die beiden ersten verbannten Fragmente den Rest des gemeinsamen Geistes mit ins Totenreich rissen. Dann steckte sie die Glocke zurück und ging auf Sam zu, während die Fragwürdige Hündin an den Krähenfedern schnüffelte, um ganz sicherzugehen, dass der Geist fort und nichts Essbares übrig geblieben war.
    Wie die Hündin war auch Sam überglücklich, Lirael wiederzusehen.

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