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Das alte Königreich 03 - Abhorsen

Titel: Das alte Königreich 03 - Abhorsen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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Sir«, murmelte der Soldat, der sich in diesem Augenblick wünschte, sich nicht ausgerechnet in dieser Nacht an seinen geheimen Rumvorräten bedient zu haben. Er hielt sich die Hand vor den Mund, um den Geruch des Fusels vor dem grimmigen Major und seinen merkwürdigen Begleitern zu verbergen.
    Als die Verbindung stand, griff Greene nach dem Sprechapparat und redete schnell und entschlossen. Offensichtlich bekam er eine Reihe nicht allzu hilfreicher Leute an die Strippe, denn sein Gesicht wurde röter und röter, bis Lirael schon glaubte, sein Schnurrbart würde Feuer fangen. Schließlich geriet Greene an jemanden, dem er eine Minute zuhörte, ohne ihn zu unterbrechen. Dann legte er den Hörer auf.
    »Da ist eine Offensive im Gange, am westlichen Rand des Grenzgebiets«, sagte er. »Es gab Berichte von roten Notsignalen, aber wir haben keine Verbindung mehr von Meile eins bis Meile neun, also ist es eine breit angelegte Offensive. Niemand weiß Genaues. General Tindall hat bereits eine schnelle Einheit in Marsch gesetzt, aber offenbar kam es unterwegs zu irgendwelchen Schwierigkeiten. Der Stabscolonel am anderen Ende der Leitung hat mir befohlen, hier zu bleiben.«
    »Hier bleiben? Können wir nicht nach Westen gehen und versuchen, Hedge an der Mauer aufzuhalten?«, fragte Lirael.
    »Wir haben seit einer Stunde keine Verbindung mehr«, sagte Major Greene. »Sie konnte nicht wiederhergestellt werden. Auch wurden keine Leuchtraketen mehr gesehen, was bedeuten könnte, dass niemand mehr lebt, um die Raketen abzufeuern, oder dass die Männer dort die Flucht ergriffen haben. In beiden Fällen haben Hedge und die Hemisphären sowohl die Mauer als auch die Zone bereits überquert.«
    »Ich verstehe nicht, wie sie so schnell hier sein konnten«, sagte Lirael.
    »Zwischen hier und zu Hause spielt die Zeit verrückt«, sagte Mogget düster und erschreckte den Telefonvermittler damit beinahe zu Tode. Der kleine Kater sprang aus Sams Rucksack, ohne den Soldaten zu beachten, und fügte hinzu: »Aber ich glaube, sie werden einige Zeit brauchen, die Hemisphären nach Forwins Mühle zu schleppen. Das verschafft uns Zeit genug, vor ihnen da zu sein.«
    »Ich muss meine Eltern anrufen«, sagte Sam. »Können Sie mich mit dem zivilen Telefonnetz verbinden?«
    »Äh…«, sagte der Major. Er rieb sich die Nase und schien nicht recht zu wissen, wie er es ausdrücken sollte. »Ich dachte, Sie wüssten es bereits. Es ist schon vor fast einer Woche passiert…«
    »Was?«
    »Es tut mir Leid, Junge«, sagte der Major, nahm Haltung an und sagte: »Ihre Eltern sind tot. Sie wurden in Corvere von Corolinis Anhängern ermordet. Eine Bombe. Ihr Wagen wurde völlig zerstört.«
    Sam hörte dem Major mit bleichem Gesicht zu. Dann rutschte er an der Wand hinab und vergrub das Gesicht in den Händen.
    Lirael legte Sam eine Hand auf die linke Schulter, und die Hündin drückte ihre kalte Nase auf seine rechte. Nur Mogget schien unbeeindruckt von der Nachricht. Er saß mit funkelnden grünen Augen neben dem Telefonvermittler.
    Lirael verbrachte die nächsten Minuten damit, die Nachricht – wie alle anderen Kümmernisse auch – an einen fernen Ort zu verbannen. Sie musste derartige Schicksalsschläge ignorieren, um sich ihrer Aufgabe stellen zu können. Falls sie überlebte, würde sie um die Schwester weinen, die sie nie gekannt hatte, wie sie auch um Touchstone weinen würde und um ihre Mutter und so viele andere Dinge, die in der Welt schief gelaufen waren. Aber jetzt war keine Zeit zum Weinen, denn das Leben vieler Schwestern, Brüder, Mütter, Väter und anderer hing davon ab, dass Lirael und ihre Gefährten taten, was getan werden musste.
    »Denk nicht darüber nach«, sagte Lirael und drückte Sams Schulter. »Es liegt jetzt ganz bei uns. Wir müssen eher als Hedge in Forwins Mühle sein.«
    »Wie denn?«, erwiderte Sam. »Wir können ebenso gut aufgeben…«
    Er brach mitten im Satz ab, nahm die Hände vom Gesicht und stand auf, vornübergebeugt, als hätte er Leibschmerzen. Fast eine Minute stand er stumm da. Dann holte er die geflügelte Münze aus dem Ärmel und warf sie. Sie wirbelte zur Decke und hing dort. Sam lehnte sich an die Wand und beobachtete sie, noch immer vornübergebeugt, den Kopf jedoch im Nacken.
    Schließlich wandte er den Blick von der wirbelnden Münze und richtete sich auf, bis er Lirael gegenüberstand. Er schnippte nicht mit den Fingern, um die Münze zurückzuholen.
    »Es tut mir Leid«, flüsterte er. Tränen stiegen

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