Das alte Königreich 03 - Abhorsen
Ellies Paps und Mama – ihr wisst dann schon Bescheid. Also bleibt mir mit euren Schwertern und Gewehren vom Leib.«
Das vordere Mädchen, das nicht älter als siebzehn sein konnte, wandte sich an ihre Begleiterin, die wahrscheinlich noch jünger war, und sagte: »Geh und hol Magistrix Coelle.«
Und an den Fahrer gewandt sagte sie: »Bleiben Sie, wo Sie sind, und lassen Sie die Hände am Lenkrad. Teilen Sie Ihren Fahrgästen mit, dass sie warten sollen.«
»Wir hören dich«, antwortete eine Stimme aus dem Kombi. Es war die kraftvolle Stimme einer Frau. »Bist du das, Felicity?«
Das Mädchen zuckte zusammen. Dann spähte sie mit vorgehaltener Klinge durch das Fenster ins Wageninnere hinter dem Fahrer.
»Ja, ich bin’s, Madam«, erwiderte das Mädchen vorsichtig. Sie trat ein paar Schritte zurück und gab den mit den Gewehren bewaffneten Schülerinnen ein Zeichen. Die beiden Mädchen entspannten sich daraufhin ein wenig, senkten ihre Waffen aber nicht, sehr zum Missvergnügen des Fahrers. »Macht es Ihnen etwas aus, zu warten, bis die Magistrix Coelle herunterkommt? Wir können heute nicht vorsichtig genug sein. Wir haben Wind aus dem Norden und Berichte von Unruhen. Wie viele sind Sie?«
»Wir warten«, sagte die Stimme. »Wir sind zu zweit. Ich… und Ellimeres Vater.«
»Oh, hallo«, sagte Felicity. »Wir hatten gehört… dass Sie… aber die Magistrix Coelle hat es nicht geglaubt…«
»Lassen wir dieses Thema für den Augenblick«, sagte Sabriel. Sie hatte sich aus dem Postsack befreit und kauerte nun hinter dem Fahrer. Felicity spähte erneut ins Innere, um sich zu überzeugen, dass die Frau wirklich Ellimeres Mutter war. Wenngleich Sabriel einen blauen Postoverall trug und eine Kappe der Wache über ihr schwarzes Haar gestülpt hatte, war sie trotz der Verkleidung zu erkennen. Doch Felicity blieb wachsam. Erst der wirkliche Test, wenn Magistrix Coelle die Charterzeichen der Leute überprüfte, würde alle Zweifel beseitigen.
»Hier ist Ihre Bezahlung, wie ausgemacht«, sagte Sabriel und reichte dem Fahrer einen dicken Umschlag. Er nahm ihn und warf gleich einen Blick hinein. Seine Miene hellte sich auf.
»Besten Dank«, sagte er. »Und ich werde den Mund halten wie versprochen.«
»Hoffentlich«, murmelte Touchstone.
Die Bemerkung kränkte den Fahrer offensichtlich. Er sagte: »Ich lebe in Bain, immer schon. Und ich kenne mich aus. Ich habe nicht nur wegen des Geldes geholfen, auch wenn ich es nicht abgelehnt habe.«
»Wir wissen Ihre Hilfe zu schätzen«, sagte Sabriel mit einem beschwichtigenden Blick zu Touchstone. Die Fahrt, eingeschnürt in einem Postsack, hatte seine Laune nicht eben gebessert. Und das Warten, so nahe an der Mauer und zu Hause, stellte seine Geduld auf eine harte Probe. Das Wyverley College befand sich nur vierzig Meilen südlich der Grenze.
»Hier, verdammt, Sie können es zurückhaben«, sagte der Fahrer und schob den Umschlag Touchstone zu.
»Nein, nein, betrachten Sie es einfach als Belohnung, die Sie sich wohl verdient haben«, sagte Sabriel und schob ihm den Umschlag wieder zu. Der Fahrer zögerte einen Augenblick; dann zuckte er die Schultern, steckte das Geld in seine Jacke und sank verstimmt in seinen Sitz zurück.
»Hier kommt die Magistrix«, sagte Felicity erleichtert. Eine ältere Frau und mehrere Schülerinnen kamen die Einfahrt herunter. Sie schienen aus dem Nichts aufgetaucht zu sein, denn das Schulgebäude lag hinter einer Biegung und einer dichten Reihe Pappeln verborgen.
Es dauerte nur ein paar Minuten, bis die Magistrix die Charterzeichen auf Sabriels und Touchstones Stirn auf ihre Reinheit überprüft hatte. Dann eilten sie alle in Richtung der Schule, und der Postwagen nahm die Straße nach Bain.
»Ich wusste, dass die Nachricht falsch war«, sagte Magistrix Coelle, während sie fast im Laufschritt die großen Eingangstüren des Hauptgebäudes erreichten. »Die
Corvere Times
hat ein Foto von zwei ausgebrannten Wagen und mehreren Leichen gebracht, aber der Bericht besagt nicht viel. Es sah ganz nach einem Propagandaschwindel aus.«
»Oh, es war wirklich genug«, erwiderte Sabriel grimmig. »Damed und elf weitere Personen kamen bei dem Angriff ums Leben. Noch zwei verloren wir außerhalb von Hennen. Wahrscheinlich wurden auch noch andere getötet. Wir haben uns dann getrennt, um falsche Fährten zu legen. Ist bis jetzt keiner von unseren Leuten hier eingetroffen?«
Coelle schüttelte den Kopf.
»Wir werden Damed nicht vergessen«, sagte
Weitere Kostenlose Bücher