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Das Amerikanische Hospital

Titel: Das Amerikanische Hospital Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kleeberg
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Situation weiter zuhörte. Ich kenne Sie ja nicht. Major Cote hat mir gesagt, Sie seien eine gute Freundin, aber ich weiß ja nicht, ob Sie das ebenso sehen, verstehen Sie?
    Ich verstehe. Aber er hat recht. Wir sind befreundet.
    Gut, das freut mich zu hören, sagte Dr. Woods. Der Punkt ist, dass es Major Cote guttun würde, Sie zu sehen, und das wäre wiederum auch gut für seine Behandlung. Aber -.
    Aber was?
    Es wäre für Sie vielleicht nicht unbedingt eine reine Freude …
    Wie meinen Sie das?
    Zum einen bekommt er Medikamente, an die er sich erst noch gewöhnen muss, und zum andern ist er, nun ja, nicht in der Form, die Sie vielleicht an ihm kennen.
    Hören Sie, sagte Hélène, die dem Fremden am Telefon, mit dem eine Sekretärin oder Telefonistin des Krankenhauses sie verbunden hatte, so weit vertraute, ihm Dinge zu sagen, die er ohnehin wissen musste, wenn er der war, der er zu sein vorgab, hören Sie, ich habe Mr. Cote im Krankenhaus kennengelernt, während er wegen eines Kriegstraumas behandelt wurde. Das ist die Form, in der ich ihn kenne.
    Sie hörte ihn lächeln. Dann wissen Sie ja, worauf ich hinauswill. Es würde Sie von seiner Seite voraussichtlich eine gewisse Apathie und Unkonzentriertheit erwarten, womöglich sogar ein depressiver Ausbruch, ich meine Tränen, auch wenn der Major sich darauf freut, Sie zu treffen.

    Das ist mir schon klar, sagte sie ein wenig aggressiv, als müsse sie den Amerikaner gegen jemanden in Schutz nehmen, der ihm Vorwürfe machte.
    Der Arzt seufzte. Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich will Ihnen um Gottes willen keinen moralischen Zwang antun. Ich kenne Ihr Verhältnis zu Major Cote ja nicht -.
    Ich sagte doch schon, wir sind Freunde -.
    Aber Sie sind natürlich in keiner Weise verpflichtet, irgendetwas zu tun. Sie müssen sich auch nicht jetzt entscheiden. Sie können ablehnen, vertagen, sich verleugnen lassen, ich nehme das alles gern auf meine Kappe.
    Warum ist er denn überhaupt wieder im Krankenhaus?, fragte Hélène. Er hat doch vor mehr als einem Jahr seine Behandlung beendet und war gesund -.
    Was vor mehr als einem Jahr war, weiß ich nicht, antwortete Dr. Woods ausweichend. Jedenfalls wird er jetzt wieder bei uns behandelt.
    Hélène sah ein, dass der Arzt ihr nichts verraten würde, und sagte: Sie meinten vorhin, Sie riefen mich nicht ausschließlich auf seine Bitte hin an.
    Dr. Woods zögerte einen Moment, dann sagte er: Bei der Behandlung, die er bekommt, ist es wichtig, oder sagen wir nützlich, dass er Vertrauen hat. Vertrauen in uns, aber wenn möglich eben auch noch in andere Leute - in Freunde eben.
    Ich verstehe.
    Er nannte mir, als ich nach einem emotionalen Umfeld hier in Frankreich fragte, Ihren Namen. Ausschließlich Ihren Namen.
    Ich verstehe.

    Nun, das ist eine schwere Hypothek für Sie. Ich will auf jeden Fall vermeiden, dass Sie den Eindruck bekommen, Sie wären irgendwie verantwortlich für Erfolg oder Misserfolg der Behandlung.
    Ich habe Sie schon verstanden. Was kann ich also tun?
    Sie könnten einfach einmal auf einen Besuch vorbeikommen, wann immer Sie mögen und Zeit haben. Und wenn Sie danach immer noch wollen, dann wäre es schön, eine gewisse Regelmäßigkeit einzuführen. Immer nur im Rahmen Ihres Wollens und Ihrer Möglichkeiten, versteht sich.
    Versteht sich, sagte Hélène. Sind das nicht die Dinge, die man für einen Freund tut?
    Doch, das würde ich auch so sehen. Das sind die Dinge, die man für einen Freund tut. Freut mich für ihn, dass er offenbar einen hat.

D as Erste, was Hélène bemerkte, war, dass die Türen in diesem Raum anders eingehängt waren als sonst im Krankenhaus und dicke Gummiwülste die Zargen entlangliefen, sodass selbst, wenn jemand sie ins Schloss fallen ließ, kein lautes Knallen zu hören war, sondern nur ein leise schmatzendes Klicken.
    Woods hatte recht gehabt. Der Amerikaner war nicht wiederzuerkennen. Hélène sagte nach den ersten beiden Treffen zu ihrem Mann, Cote habe sie an einen Zombie erinnert, an die Hülle eines Menschen, und als er fragte, warum sie sich das antue, wusste sie keine Antwort.
    Der Amerikaner, auffallend blass und, wie es schien, dünner als zuvor, hatte sie mit einem vagen Lächeln begrüßt, als Dr. Woods sie in den Aufenthaltsraum führte, und einen Scherz versucht über die lange Zeit, die seit ihrem letzten Treffen vergangen war, der abbrach, noch bevor er eine Pointe oder einen Abschluss erreichte. Hélène hielt ihre Wiedersehensfreude zurück, zu weit schien der Mann

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