Das Amulett der Macht
unsere Feinde wissen ja offensichtlich schon, dass Sie hier sind.«
»Was glauben Sie, wie sie es so schnell herausgefunden haben?«, fragte Lara, während sie die Kleidung ablegte. »Wir haben diese Suite vor gerade mal zehn Minuten bekommen.«
Omar hob die Schultern. »Vielleicht sind alle anderen Zimmer belegt. Vielleicht wusste der Verräter, dass wir einer Engländerin die Churchill-Suite geben würden. Vielleicht mussten unsere Feinde Ihre Verkleidung gar nicht erst durchschauen – vielleicht sahen sie nur Gaafar, Hassam und mich mit einem schmächtigen Fremden und zogen die logischen Schlüsse daraus.«
»Sollten wir das Hotel wechseln?«
»Ich glaube nicht, dass das helfen würde«, sagte Omar. »Sie wissen, dass Sie hier sind, und werden uns von jetzt an unter Beobachtung halten. Wenn wir in ein anderes Hotel umziehen, würden sie es sofort erfahren – und trotz des Skorpions können wir Sie hier besser beschützen. Es gibt zwar einen Verräter unter uns, aber im Arak arbeiten immer noch zehn Männer, die willens sind, sich zu opfern, um für Ihre Sicherheit zu sorgen.« Er verstummte kurz. »Wir müssen uns nicht nur wegen Spionen und Mahdisten Sorgen machen, da sind auch noch die Lautlosen, die nicht wollen, dass das Amulett jemals gefunden wird, und die Sie mit Freuden töten würden, bevor Sie herausfinden, wo es ist.«
»Das ist dumm«, sagte sie. »Es wird von sich aus aktiv. Es scheint einen eigenen Willen zu haben, und es will gefunden werden. Wenn Kevin oder ich es nicht finden, dann eben jemand anderes – aber es ist ziemlich offensichtlich, dass es sich nicht mehr damit begnügt, inaktiv zu sein.«
»Ich weiß«, stimmte Omar ihr zu. »Aber wir können nicht alle, die unsere Verbündeten und gegen die Mahdisten sein sollten, davon überzeugen.«
»Darüber zerbrechen wir uns den Kopf, wenn wir auf sie treffen«, sagte Lara. Sie wurde des Gesprächs müde; es schien sich allein darum zu drehen, wie viele verschiedene Parteien es gab, die es auf ihr Leben abgesehen hatten. Sie legte ihr Obergewand auf ein Sofa. »In der Wüste ist es ja ganz nützlich, aber hier ist es ein wenig unbequem.«
»Ich glaube nicht, dass Sie in die Wüste zurückkehren müssen. Vergessen Sie nicht, dass Gordon umzingelt war. Das Amulett m uss in Khartoum sein.«
»Er schickte Colonel Stewart bis nach Edfu«, erinnerte Lara. »Was bringt Sie zu der Annahme, er könnte nicht jemand anderen mit dem Amulett außer Landes geschickt haben?«
»Lassen Sie uns hoffen, dass er es nicht getan hat«, sagte Omar. »Der Sudan ist groß genug. Der Gedanke, dass wir womöglich die ganze Welt absuchen müssen, gefällt mir nicht wirklich.«
»Es würde das Leben um einiges einfacher machen, wenn Sie Recht hätten – aber es ist möglich, dass er Stewart als Ablenkungsmanöver benutzte und das Amulett, während seine Feinde ihn und Stewart im Auge behielten, einem Sudanesen oder einer Sudanesin gab, damit er oder sie es in die Wüste schaffte – oder nach Somalia oder Libyen oder sonst wohin.«
»Glauben Sie das wirklich?«
»Ich weiß es nicht«, antwortete Lara. »Aber wir müssen alle Möglichkeiten in Betracht ziehen. Colonel Stewart zum Beispiel fuhr von Khartoum bis nach Edfu auf dem Nil. Wie könnten wir sicher sein, dass er es nicht einfach über Bord geworfen oder Hunderte Meilen von Edfu entfernt am Flussufer vergraben hat?«
»Weil wir wissen, dass er nicht allein reiste, bis er in Edfu eintraf, und er wäre nicht das Risiko eingegangen, dass ihn jemand beobachten könnte.«
»Jemand beobachtete, wie er den Horus-Tempel betrat«, erinnerte sie.
»Aber wir wissen jetzt, dass seine Reise ein Ablenkungsmanöver war«, antwortete Omar.
»Wenn er das Amulett tatsächlich bei sich gehabt hätte, dann hätte er gewartet, bis es Nacht war, und einen Umweg genommen, um sicherzugehen, dass er nicht beobachtet wurde.«
»Na ja, das klingt jedenfalls einleuchtend«, meinte Lara.
»Sie wissen, dass es nicht im Horus-Tempel war, sonst hätten Sie es gefunden.«
»Ich sage Ihnen doch: Ich habe nicht danach gesucht«, erwiderte sie. »Und außerdem, wissen Sie, wie groß dieser Tempel ist? Darin könnte man hundert Amulette verstecken.«
»Aber das hat niemand getan«, sagte Omar überzeugt. »Nachdem die Memoiren dieses Journalisten gefunden wurden, haben die Mahdisten den Tempel von oben bis unten durchsucht. Wenn weder Sie noch die Mahdisten oder Dr. Mason es gefunden haben, dann war es auch nicht dort.«
»Ich
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