Das Amulett der Macht
ihn. »Ich muss ehrlich sagen, mir ist es egal, welche Seite versucht hat, mich umzubringen. Je eher wir das Amulett finden, desto eher werden sie mich in Ruhe lassen.« Sie deutete auf die Bibliothek. »Ich gehe jedenfalls da rein.«
Mason zog alleine davon, und Lara und Hassam betraten die Bücherei. Einen Augenblick später bemerkte sie, dass ihm Tränen übers Gesicht liefen.
»Ich weiß, er war ein guter Freund und Verbündeter«, flüsterte sie, »aber versuchen Sie, nicht an ihn zu denken, zumindest, bis wir hier wieder raus sind. Die Leute schauen schon und fragen sich, was los ist.«
»Sie haben Recht«, sagte er und unternahm eine fast körperliche Anstrengung, das Bild seines toten Kameraden aus dem Kopf zu verbannen. »Ich werde Sie nicht mehr in Verlegenheit bringen.«
»Das haben Sie nicht«, erwiderte Lara. »Ich will nur nicht noch mehr Aufmerksamkeit erregen.«
Er nickte ergeben, und dann gingen sie beide in den rückwärtigen Teil des Gebäudes, wo sie ein paar Dutzend Bände über Gordon und die Belagerung von Khartoum fand.
»Ich werde ein paar Minuten hier sein«, flüsterte sie ihm zu. »Warum waschen Sie sich inzwischen nicht das Gesicht? Die Tränen haben Spuren in all dem Staub hinterlassen. Sie sehen fast aus, als trügen Sie eine Maske.«
»Sie bleiben hier?«, fragte Hassam.
»Ich werde diesen Teil der Bibliothek nicht verlassen, bis Sie wieder da sind«, versprach sie.
Er drehte sich um und ging in Richtung der Toiletten davon, und Lara zog einen in Arabisch verfassten Band aus dem Regal.
Auf der Suche nach einer Karte blätterte sie ihn durch, konnte jedoch keine finden, und so zog sie ein anderes Buch heraus. In diesem befand sich eine Karte, und sie studierte sie ein paar Minuten lang. Sie zog die Stirn kraus und begann zu blättern – und plötzlich fühlte sie die Spitze eines Messers an ihren Rippen.
»Keinen Laut«, flüsterte eine Stimme auf Arabisch. »Ich möchte, dass du langsam zu dem Ausgang auf der linken Seite gehst.«
»Wenn du mich doch sowieso umbringst, warum sollte ich es dir dann leicht machen?«, flüsterte sie zurück. »Tu es doch gleich hier, vor Zeugen, und sei versichert, dass ich nicht vorhabe, leise zu sterben.«
»Wie du stirbst, interessiert mich nicht«, sagte der Mann. »Ich biete dir eine Chance, am Leben zu bleiben. Ich weiß, dass du das Amulett von Mareish im Horus-Tempel gefunden hast. Sag mir nur, wo es ist.«
Okay, dachte sie, du bist also ein Mahdist. Sieht so aus, als seien doch nicht alle von euch willens, sich im Hintergrund zu halten, während ich danach suche.
»Ich weiß noch nicht einmal, wie es aussieht«, entgegnete sie.
»Du lügst.«
»Wenn ich es hätte, warum wäre ich dann hier und würde versuchen, aus diesen Büchern etwas zu erfahren?«
»Natürlich um herauszufinden, wie man seine Macht benutzt«, sagte der Mann. »Also? Gehst du jetzt, oder willst du hier sterben?«
Ich weiß nicht, wie viele Mahdisten noch in der Bibliothek sind. Gehen wir also raus, wo nur wir beide sind, und dann wollen wir mal sehen, wie hart du bist.
Widerstandslos ging sie auf eine Seitentür zu, und einen Moment später befanden sie sich allein in einer verlassenen Gasse.
»Und jetzt sagst du mir, wo es ist, oder, bei Allah, ich schneide die Antwort aus dir heraus.«
Er drückte ihr die Messerspitze ins Fleisch. Sie keuchte auf und beugte sich vornüber, scheinbar vor Schmerz – doch als sie sich bückte, glitt ihre Hand unter ihr Gewand und berührte den Griff des Skalpells von Isis. Sie packte ihn und zog den Dolch aus ihrem Gürtel, hinter den sie ihn gesteckt hatte.
»Du wirst gleich sehen, was passiert, wenn du nicht kooperierst«, zischte der Mann.
»Was passiert«, sagte sie, »ist, dass ich wütend werde!«
Damit wirbelte sie herum, den Dolch in der Hand, und zog ihn nach oben. Der Mann schrie auf, als ihre Klinge tief in seinen freien Arm schnitt, dann wich er einen Schritt zurück und sie konnte ihren Angreifer zum ersten Mal richtig sehen. Es war ein riesenhafter Mann, über einsneunzig groß, annähernd dreihundert Pfund schwer, ohne ein Gramm Fett am Leibe zu haben.
»Du hättest mir sagen können, was ich wissen wollte, und ich hätte dein Leben verschont!«, krächzte er. »Jetzt wirst du sterben, egal, ob du es mir verrätst oder nicht!«
Sie war klug genug, sich nicht auf einen Nahkampf mit ihm einzulassen, da er sie um mehr als das Zweieinhalbfache überwog. Als er auf sie zukam, sah sie sich nach etwas um,
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