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Das Amulett der Macht

Titel: Das Amulett der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Resnick
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das sie zu ihrem Vorteil nutzen könnte.
    Eine isolierte Stromleitung führte über die Gasse hinweg, aber sie befand sich etwa zwölf Fuß über ihr, und sie wusste, dass sie nicht hoch genug springen konnte, um sie zu erreichen. Dann bemerkte sie den Abfall, der sich neben dem Gebäude türmte – hölzerne Versandkisten, schwere Schachteln, die man aus der Bücherei geschafft hatte. Als der Mann einen weiteren Schritt auf sie zumachte, flitzte Lara den Kistenhaufen empor und sprang auf die Stromleitung zu. Ihre Finger schlossen sich um die Plastikisolierung, und sie schwang sich hinauf.
    »Glaubst du etwa, du könntest dich auf einer Leitung verstecken?«, sagte der Mann mit einem verächtlichen Lachen.
    Sie brachte ihre Füße unter sich und stand auf, balancierte über das Kabel und ließ den Blick über die Dächer schweifen, bis sie gefunden hatte, wonach sie suchte.
    »Fang mich doch, wenn du kannst!«, sagte sie und erwiderte sein Lachen.
    »Du glaubst, ich komme da nicht hinauf?«, erwiderte er. »Dann schau her!«
    Er sprang in die Höhe, und seine Finger schlossen sich um das Kabel.
    »Du hättest im sudanesischen Basketballteam bleiben sollen!«, sagte sie und sprang von der vibrierenden Leitung hinüber auf das Dach eines kleinen Gebäudes.
    Er konnte nicht wie sie auf dem Kabel balancieren, aber er schwang sich daran entlang, Hand über Hand und in bemerkenswerter Geschwindigkeit, und einen Augenblick später stand er am Rand des Daches.
    Lara wartete, bis er auf sie zurannte, dann drehte sie sich um, lief zum Dachrand und überwand die fünf Fuß bis zum nächsten mit einem Satz.
    Sie landete auf dem Ziegelrand, rannte darauf entlang und folgte der 90-Grad-Biegung an der Ecke.
    Als sie die Längsseite zur Hälfte hinter sich gelassen hatte, wandte sie sich nach ihrem Verfolger um. Er sprang gerade vom ersten Dach auf das zweite, und dabei hatte er einen solchen Schwung, dass er nicht an der Kante Halt machte, sondern quer über das hölzerne Dach zu rennen begann und versuchte, ihr den Fluchtweg abzuschneiden.
    Doch plötzlich krachte es, das Dach gab nach, und der Mann stürzte schreiend ins Erdgeschoss hinab.
    Vorsichtig ging Lara über das Dach auf das Loch zu, das er hinterlassen hatte, und spähte nach unten. Er lag auf dem Rücken und starrte ins Nichts, seine Arme und Beine in widernatürlichen Winkeln verdreht.
    »Viel Trockenfäule«, sagte Lara. »Dreihundertpfünder sollten hier wirklich nicht über Dächer rennen.«
    Einen Moment später sprang sie leichtfüßig in die Gasse hinunter und kehrte in die Bibliothek zurück.
    Sie suchte Hassam und erzählte ihm, was geschehen war.
    »Ich glaube, es ist Zeit, wieder ins Arak zu gehen«, sagte er.
    »So viel also zu der Theorie, dass mich die Mahdisten jetzt in Ruhe lassen werden.«
    »Offenbar gibt es Einzelgänger unter den Mahdisten«, sagte Hassam, während sie durch den Haupteingang hinausgingen. »Was passiert ist, war meine Schuld. Ich hätte nicht von Ihrer Seite weichen dürfen. Ich muss Omar mein Fehlverhalten melden.«
    »Ich werde ihm nichts sagen, wenn Sie ihm nichts sagen«, erklärte Lara.
    »Ich wäre nicht besser als unsere Feinde, würde ich meinen Führer belügen.«
    »Unsinn«, sagte Lara. »Unsere Feinde wollen die Welt beherrschen. Wir wollen sie nur retten.«
    »Manchmal glaube ich, dass wir das Amulett nie finden werden«, meinte Hassam düster.
    »Wir werden es finden«, sagte Lara.
    »Dann haben Sie heute also doch etwas in Erfahrung gebracht?«
    »Mit ziemlicher Sicherheit«, erwiderte sie. »Jetzt muss ich nur noch herausfinden, was es war.«
     
     

22
     
    Sie kehrten ins Hotel zurück. Lara ging nach oben in ihre Suite, wo sie dankbar ihr Gewand abstreifte und ihre wiedergewonnene Bewegungsfreiheit genoss. Nachdem sie einen Moment herumgelaufen war, wandte sie sich an Hassam.
    »Gehen Sie bitte in die Lobby hinunter und schicken Sie einen von Omars Vettern entweder zur Hauptbibliothek oder zu einer Zweigstelle. Er soll ein halbes Dutzend Bücher über Gordon ausleihen.«
    »Bestimmte Titel?«
    »Nein, eigentlich nicht. Irgendwo muss ich ja anfangen. Über kurz oder lang werde ich sie ohnehin alle lesen.«
    »Alle?«, fragte Hassam.
    »Nun schauen Sie nicht so überrascht. Man fischt nicht im Trüben nach einem Schatz. Wenn man Erfolg haben will, muss man zuerst Recherchen anstellen.«
    »Ich gehe hinunter, sobald Omar wieder hier ist.«
    »Er kommt womöglich nicht vor dem Abendessen zurück«, sagte Lara.

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