Das Amulett der Pilgerin - Roman
weiß ich. Das hast du mir in den letzten Stunden ununterbrochen erklärt, und ich sage dir, dass das jetzt gleichgültig ist. Der Mann ist tot und uns nicht mehr nützlich.«
Emmitt errötete.
»Aber es ist doch wichtig, zu wissen, wer es gewesen ist!«, verteidigte er sich.
»Ja, aber nicht jetzt.« Terrence wandte sich wieder Simeon zu. »Du hast schon etwas von der Sache gehört, von wem?«
Simeon zögerte. Er kannte Terrence nur flüchtig und war erstaunt, dass Julian ihn anscheinend näher kannte, denn er war offensichtlich auf Julians Seite. Emmitt war Simeon schon ein paar Mal begegnet, ein etwas zu tatkräftiger Anfänger, aber er schien das Herz auf dem rechten Fleck zu haben. Vielleicht hatte sich eines der Probleme gerade erledigt.
»Die Französin war hier. Sie wird uns Thorn liefern.«
»Was?« Terrence machte große Augen.
Simeon nickte.
»Ich weiß nicht, warum sie das tut, aber sie hat vorgeschlagen, dass wir Thorn eine Falle stellen.«
»Können wir ihr trauen?«
»Ich weiß nicht. Andererseits hat diese Sache keine Vorteile für sie. Möglicherweise will sie nur mit dem Kardinal reinen Tisch machen, aber ich wüsste nicht, warum. Sie könnte sich auch einfach absetzen.«
»Vielleicht will sie Julian helfen?«, schlug Emmitt vor.
»Wenn es nicht so unwahrscheinlich wäre, wäre das die einzige Erklärung.«
»Das nenne ich aber einen Glücksfall, dass Simeon mit von der Partie ist!«, sagte Terrence, als er die stumpfe Feder anspitzte, die der Wirt ihm gebracht hatte, und in das Tintenfass steckte. Doch ehe er den ersten Buchstaben geschrieben hatte, kam das Schankmädchen und stellte zwei Krüge Bier auf den Tisch. Terrence legte die Feder ab und wandte sich den wichtigeren Dingen zu.
»Auf dass die Gerechtigkeit siege!« Er prostete Emmitt, der ihm gegenübersaß, zu. Emmitt grinste. Einen Verbrecher festzunehmen war schon sehr spannend, aber einen Verräter aus den eigenen Reihen dingfest zu machen, das war großartig.
Sie hatten verabredet, dass Simeon eine Nachricht an Viviana schickte und den Treffpunkt angab. Sie würde dann so tun, als wenn sie diese Zusammenkunft mit dem angeblichen Meister Hektor abgemacht hätte.
Das Treffen sollte auf der Themse stattfinden. Das war zwar etwas ungewöhnlich, hatte aber den Vorteil, mögliche Fluchtversuche zu erschweren. Außerdem hatte Simeon richtig erkannt, dass Thorn über ein Netz von unbekannten Helfern und Helfershelfern verfügte, die seine Festnahme vereiteln könnten. Noch vor Morgengrauen wollten Simeon, Terrence und Emmitt mit einem Boot auf die Themse rudern und sich dort mit Melchor und Viviana treffen. Die Dämmerung würde ihnen dabei helfen, sich erst in letzter Minute zu erkennen zu geben. Sie würden Melchor mitsamt der Liste festnehmen, und Julian wäre entlastet. Terrence musste zugeben, dass Simeon da einen guten Plan gemacht hatte. Er schob Emmitt das Pergamentblatt zu.
»Hier, schreib du den Bericht an den Kardinal, du bist bestimmt schneller als ich.«
Emmitt nahm den Federkiel, tauchte ihn in die Tinte und schrieb einen genauen Bericht über die Sachlage und ihren Plan, Melchor morgen in aller Früh festzusetzen.
»Hoffentlich geht alles glatt«, brummte Terrence und nahm einen weiteren Schluck Bier. Emmitt nickte, aber Terrence und er dachten nicht an das Gleiche. Es war schade um einen guten Mann wie Julian, aber Terrence war schon so tief in Melchor Thorns Machenschaften verstrickt, dass es für ihn kein Zurück mehr gab. Er musste tun, was zu tun war, um diese Sache zu Ende zu bringen. Wenn Thorns Versprechungen wahr würden, könnte Terrence seine Schulden bezahlen und sich endlich zur Ruhe setzen. Hoffentlich hatte Thorn die Nachricht bei der Poststation abgeholt, die er ihm aus Saint Albans geschickt hatte. Er sollte Thorn auch vor dieser Falle warnen, aber er wusste nicht, wo er in London abgestiegen war. Es war zweifelhaft, ob er nochmals bei der Poststation nachfragen würde, wenn er keine Nachricht erwartete. Es war auch gleichgültig, denn bei diesem Treffen auf der Themse war das Überraschungsmoment auf seiner Seite. Das Einzige, was ihn wunderte und auch beunruhigte, war die Französin. Sie trieb ein doppeltes Spiel mit Thorn. Wenn er nicht selbst in die Sache verwickelt wäre, würde er Thorn einen solchen Misserfolg von Herzen gönnen. Aber was steckte wirklich dahinter? Er hatte zunächst geglaubt, dass sich die Französin tatsächlich mit Thorn verbündet hatte. Aber stattdessen hatte sie
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