Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Amulett der Pilgerin - Roman

Titel: Das Amulett der Pilgerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Bastian
Vom Netzwerk:
ich nicht, Sir. Mister Thorn ist auch noch nicht wieder da.«
    »Tatsächlich?« Hier stimmt etwas nicht, dachte Julian. Wo war Thorn mit Viviana hingegangen? Er konnte sie doch hier im Gebäude befragen? Emmitt schob die Klappe wieder zu.
    »Emmitt, halt.«
    Die Klappe öffnete sich wieder.
    »Emmitt, glaubst du das?«
    »Was?«
    »Dass ich ein Verräter bin?«
    »Ich weiß nicht, was ich glauben soll, Sir.« Emmitts Stimme klang unsicher und bedrückt. »Immerhin haben Sie darauf bestanden, die Liste allein zu holen, und sie dann nicht abgegeben.«
    »Ich konnte sie auch nicht abgeben, weil wir in Berts Gasthaus überfallen worden sind.«
    »Ich habe gehört, dass es abgebrannt ist.«
    »Ja, die Männer haben es angesteckt, nachdem sie uns die Liste abgenommen haben.«
    »Armer Bert.«
    »Du kanntest Bert?«, fragte Julian überrascht.
    »Ich habe ihn in der Schenke zwei Straßen weiter kennengelernt. Ich wusste, dass Sie irgendwo in dieser Gegend wohnten. Er hat mir ein Bier gekauft, und wir haben uns unterhalten. So habe ich herausgefunden, wo Sie sich aufhalten, Sir.«
    Julian seufzte. Berts Vorliebe für gut aussehende, junge Männer war ihnen allen zum Verhängnis geworden.
    »Und diese Erkenntnis hast du Thorn berichtet.«
    Julian deutete das Schweigen hinter der Tür als Zustimmung.
    »Emmitt, nicht ich bin der Verräter, Melchor Thorn ist es. Er muss die Männer geschickt haben, die uns bei Bert überfallen haben. Niemand sonst wusste, wo wir uns aufhielten und dass wir im Besitz der Liste waren.«
    »Ich weiß nicht, was ich glauben soll, Sir.«
    »Du sollst nicht einfach etwas glauben, du sollst es selbst herausfinden. Stell deine eigenen Nachforschungen an. Ich sage dir, ich bin unschuldig.«
    »Ich werde die Sache überprüfen, Sir.« Die Klappe schob sich wieder zu.
    »Hoffentlich stellt er sich schlauer an als bisher«, sagte Rinaldo, als er sich eine der Schüsseln nahm und missmutig den Inhalt betrachtete.
    »Er ist jung und hat gerade erst angefangen. Thorn wird ihn wie seinen Lakaien behandelt und kritische Fragen nicht gerade gefördert haben.«
    Julian aß einen Löffel voll aus der Schüssel und schob sie angewidert von sich.
    »Ist das Essen die ganze Zeit über so schlecht gewesen?«
    »Ja.«
    Julian starrte grübelnd vor sich hin. Melchor Thorn war zu den Verrätern übergelaufen. Es konnte nicht anders sein. Er hatte die Liste, und er hatte Viviana, die sie entschlüsseln konnte. Aber trotzdem glaubte Emmitt, dass er, Julian, in Besitz des Pergaments sei. Melchor Thorn hatte die günstige Gelegenheit erkannt und versuchte jetzt den großen Sprung nach oben. Wenn eine Revolte gegen König Henry erfolgreich war und er auf der richtigen Seite stand, dann hatte er sich bestimmt einen Titel und Ländereien gesichert. Steckte er auch hinter dem Überfall im Wald?
    »Rinaldo, Sie haben mir nicht gesagt, was Ihr tatsächlicher Grund für Ihre Reise ist, aber kann es sein, dass die Männer, die uns im Wald überfallen haben, hinter Ihnen her waren?«
    »Möglich.«
    Julian zog den Anhänger, den Viviana gefunden hatte, aus seiner Jackentasche und hielt ihn Rinaldo hin. Er nahm das Amulett, stand auf und hielt ihn in die Höhe, um besser sehen zu können.
    »Woher haben Sie das«, wollte Rinaldo von Julian wissen.
    »Viviana hat es am Waldrand gefunden. Es wurde an einem Halsband getragen. Der Mann, dem es gehört hat, hat vorgestern in der Saint-Stephens-Kirche auf jemanden gewartet. Ich nehme an, auf Sie, Rinaldo. Als Viviana und ich nämlich nachts wiederkamen, um die Liste zu holen, war er nicht dort. Er wartete nicht auf einen Einbrecher, sondern auf einen Pilger. Pilger schlafen nachts, Einbrecher nicht.«
    Der Spanier nickte bedächtig und gab ihm den Anhänger zurück.
    »Ja, er hat auf mich gewartet.«
    Julian hoffte vergebens auf weitere Erklärungen.
    »Na, immerhin. Wenigstens eine Gruppe von Übeltätern, die nicht hinter uns und der Liste her waren.«
    Es hatte nicht lange gedauert, bis das Stubenmädchen den Toten entdeckte. Ein schriller Schrei, und die beiden Schankmädchen und der Wirt liefen zu der Kammer. Er verpasste dem kreischenden Mädchen eine Ohrfeige und herrschte sie an, das Schreien zu lassen. Die Schankmädchen wurden umgehend zurück in die Wirtsstube geschickt, und dem Stubenmädchen wurde befohlen, sich in der Küche einen Becher Wasser geben zu lassen. Das hatte Ailred gerade noch gefehlt, ein Mord in seinem Gasthaus. Er hatte lange und sehr hart dafür gearbeitet,

Weitere Kostenlose Bücher