Das Amulett der Seelentropfen (Seelenseher-Trilogie) (German Edition)
unmöglich gewesen, einfach so über die Wiese hinweg zu eilen.
Mein Blick löste sich nur immer mal wieder für wenige Sekunden von dem hoch aufragenden schwarzen Gebäude. Je näher ich dem beeindruckenden Bau kam, umso deutlicher wurde, dass es nicht als Ruine bezeichnet werden konnte. Dafür war es noch viel zu gut in Stand. Nicht eine Mauer schien eingestürzt und selbst das Dach schien in gutem Zustand zu sein. Es war bestimmt nur noch ein Kilometer, der sich zwischen mir und dem Tempel erstreckte. Ein Kilometer einer unwirklichen Wiese. Die genauso magisch sein musste, wie das Gebäude, auf das ich zulief. Ich konnte nun immer mehr Details an dem imposanten Mauerwerk erkennen. Es hatte ein kuppelförmiges Dach, dessen innerster Kreis aus Kristallglas zu bestehen schien. Helles Gold zierte die verschiedenen Metallstrukturen, die das Glasdach stützten und in jedem Fenster und jedem Türrahmen weiterführten. Die größte Tür, und sicherlich war dies auch die Eingangstür, fiel aus jedem mir bekanntem Muster. Sie war aus demselben sonderbaren Kristallglas wie das Dach. Sie war doppelt so breit, wie jede normale Doppeltür. Feine Adern des Goldes schienen in das Glas eingewoben zu sein und verliefen sich in dem schmückenden Türrahmen. Ich spürte, wie die Magie des Gebäudes allmählich in meinen Körper sickerte. Immer wieder schob sich die Seelensicht ungewollt vor mein Sichtfeld. Wenn ich in ihr war, war ich sicher, ein unsichtbares Pulsieren im Innern des Tempels sehen zu können oder eher viel mehr es fühlen zu können. Zwei unterschiedlich hohe Türme schraubten sich an der Seite der Kuppel in den Himmel. Sie waren aus demselben sandigen Stein wie auch die Mauern der Kuppel. Es war einfach ein wunderschönes Gebäude, das zugleich Respekt vermittelte, als auch das Gefühl von Vertrautheit. Es war wie das Ewige Tal, fremd und zugleich eine Heimat. Ein Ort, an den ich gehörte oder anders gesagt, ein Ort, der zu mir gehörte. Ein Ort, der genauso Teil meines Erbes war, wie die Magie in mir selbst, die ich erst vor so kurzer Zeit entdeckt hatte. Es fühlte sich fast so an, als hätte ich mein ganzes Leben gelebt, ohne zu wissen, dass ein wichtiger Teil fehlte. Ein Teil, der sich in der Zwischenzeit mit Gewalt in mein Leben gedrängt hatte und nun alles nachzuholen schien, was ich in den Jahren zuvor verpasst hatte.
»Wunderschön, oder?«, wandte ich mich das erste Mal seit einer Stunde wieder an Craig. Er war stillschweigend neben mir hergegangen und hatte mich meinen Gedanken überlassen.
»Das ist es. Es wundert mich nicht, dass wir in deinen Träumen immer hierher gekommen sind. Der Ort ist so magisch, wie du.«
Er sagte es und lächelte mich dabei so liebevoll an, dass ich mir einbildete, rot anzulaufen. Nicht wegen seinem Lächeln, sondern wegen meinen eigenen Gedanken, die sein Lächeln bei mir auslöste. Unwillkürlich wurden meine Schritte schneller. Ich war so kurz davor, seine Augenfarbe zu sehen, seine Haut zu berühren, wenn ich mein Ohr an seine Brust legen würde, um dem rhythmischen Schlagen seines Herzens zu lauschen. Es war ein Traum, den ich an einem Ort träumte, der selbst mehr einem Traum glich, als der Wirklichkeit. Mein Herz fing an in dem Rhythmus des Tempels zu schlagen. Ich fand mich, ohne es wirklich mitzubekommen, vor der riesigen Kristallglasdoppeltür wieder. Sie war noch beeindruckender, als sie von Weitem schon gewirkt hatte. Langsam und vorsichtig streckte ich meine Hand nach dem Glas aus. Es vibrierte leicht und war angenehm kühl. Der Griff schien aus der Tür zu wachsen. Aus den winzigen goldenen Einschlüssen, die sich an einer Stelle verbündeten und als eins aus dem Glas heraustraten. Meine Hand schmiegte sich um den wertvollen Griff. Ich stellte mich darauf ein, mein ganzes Gewicht gegen die Tür zu stemmen, um sie auch nur einen Spaltbreit aufzubekommen. Fast wäre ich deshalb bäuchlings auf den marmornen Boden gefallen, der sich zeigte, als die Tür so leicht aufschwang, dass sie eigentlich nur aus Luft bestehen konnte.
»Oh!«, prustete ich, als ich ins Innere des Tempels taumelte. Ich hörte Craigs unterdrücktes Lachen und fuhr zu ihm herum, um ihn mit einem vorwurfsvollen Blick zu strafen. Bei dem Anblick meines Versuches musste er noch stärker anfangen zu lachen. Ich konnte also immer noch nicht wirklich böse gucken. Ein Manko, das ich wohl mein Leben lang haben würde.
»Das war sehr elegant«, grinste er mich frech an.
»Ich weiß«, gab ich
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