Das Amulett der Zauberin: Roman (German Edition)
war Jim aus den Vororten weggezogen, als seine Kinder aus dem Haus waren, und hatte gutgelaunt einen halben Morgen Wiese gegen einen kürzeren Weg zum Zeitungskiosk und seinen Aufsitz-Rasenmäher gegen Blumentöpfe auf dem Balkon getauscht.
Wenn man in seinem gemütlichen Wohnzimmer saß, hätte man nie vermutet, dass es einst Teil einer Uhrenfabrik gewesen war. Ein Großbildfernseher nahm ein Ende des Raumes ein, ein klassisches Klavier das andere Ende. Auf dem Klavier stand eine Ansammlung von Familienfotos. Auf einem waren drei Generationen von Männern der Porter-Familie im Blau der Feuerwehr von Providence zu sehen. Ein Doppelrahmen enthielt Bilder von Jim und seiner Frau, das erste ein Hochzeitsfoto, das zweite war am vierzigsten Hochzeitstag aufgenommen worden.
»Annie besucht gerade ihre Schwester in Florida«, erklärte er, als er sie ins Wohnzimmer führte, auf dem Weg noch eine verirrte Zeitung aufhob und einen herumliegenden Golfschläger aufsammelte, um beides irgendwo zu verstauen.
Jim Porter war über sechzig und topfit, mit vollem weißem Haar und einer Brille mit Stahlrand. Es fiel leicht, ihn sich mit einem Neuner-Eisen in der Hand vorzustellen.
»Kann ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?«, fragte er, bevor er sich setzte. »Eine Tasse Kaffee? Ein Bier?«
»Danke, nein«, antwortete Hazard.
Eve schüttelte ebenfalls den Kopf. »Für mich nicht, danke.«
Er nahm auf einem Stuhl gegenüber dem Sofa Platz, auf dem sie und Hazard saßen, lehnte sich vor und rieb die Hände aneinander. »Um die Wahrheit zu sagen, bin ich ganz froh, dass meine Frau nicht hier ist, um das zu hören. Nicht, dass wir Geheimnisse voreinander hätten«, fügte er hastig hinzu. »Man bleibt nicht über vierzig Jahre zusammen, indem man Dinge voreinander versteckt. Aber ihr gefiel die Art, wie ich die Dinge angegangen bin, schon damals nicht und es wird ihr noch weniger gefallen, wenn sie hört, was Ihr Freund, Mr. Hazard, mir erzählt hat.«
»Ich will Ihnen keine Probleme bereiten«, sagte Eve.
»Das tun Sie nicht«, versicherte Porter ihr mit einem Lächeln. »Ich werde zu Kreuze kriechen müssen, aber daran bin ich gewöhnt. Ich will das für Sie in Ordnung bringen. Ich bin froh, dass Mr. Hazard mich angerufen hat.«
Eve kleisterte sich ein höfliches Lächeln auf die Lippen, während sie darauf brannte, dass er ihr endlich den Grund für den Anruf nannte. Hazard hatte ihr auf der Fahrt hierher so gut wie nichts verraten, außer, dass er Porters Sohn Jack am Nachmittag im Krankenhaus getroffen und dieser den Kontakt zu seinem Vater hergestellt hatte. »Ich weiß zu schätzen, dass Sie uns so kurzfristig treffen, Captain Porter.«
»Aber gerne. Und sagen Sie doch einfach Jim. Im Moment haben wir ja kein Wortgefecht vor der Kamera.« Er warf einen Blick zu Hazard. »Ich erinnere mich an eine oder zwei Pressekonferenzen im Hauptquartier, als die Fragen dieser Dame mich ganz schön in die Enge getrieben haben. Sie kann recht vehement sein, wenn sie ein Mikrofon in der Hand hält.«
»Ich mag Sie ja in die Enge getrieben haben«, hielt sie dagegen, und diesmal war ihr Lächeln echt, »aber Sie haben sich nie davor gedrückt, die Wahrheit zu sagen.«
»Das war meine Art.« Er schaute ihr direkt in die Augen. »Und ist es immer noch.«
»Gut. Nur diesmal bin ich im Nachteil. Ich habe keine Ahnung, welche Fragen ich stellen soll.« Ruhelos rutschte sie auf dem Sofa nach vorn. »Hat Gabriel Ihnen gesagt, was ich im Haus meiner Großmutter gefunden habe … jetzt seinem Haus?«
»Nein. Ich weiß nur, dass irgendetwas passiert ist in den paar Stunden zwischen seinem ersten Anruf und dem zweiten, und es war drängend genug, dass Sie sich sofort mit mir treffen wollten. Warum erzählen Sie mir den Rest nicht einfach?«
Eve erklärte kurz von Chloes kindlicher Gravur im Turm und wie das darauf hinwies, dass zumindest Teile der Bausubstanz das Feuer überstanden hatten.
»Aber das ist doch unmöglich«, schloss sie ihre Ausführungen energisch, und dann setzte sie in fast flehendem Tonfall hinzu: »Ist es doch, oder?«
»Es ist nicht nur möglich«, antwortete er, »sondern wahrscheinlich.«
»Aber … wie?«
»Bedenken Sie bitte, dass ich nicht dort war, während die Renovierungen stattfanden, also weiß ich nicht, wie viel der Bausubstanz gerettet wurde oder welche Balken ersetzt worden sind. Aber ich habe die Brandstätte zwei ganze Tage lang untersucht – also das Haus Ihrer Großmutter –, und ich kann
Weitere Kostenlose Bücher