Das Amulett der Zauberin: Roman (German Edition)
gesessen und … das spielt eigentlich keine Rolle. Verstehst du? Sie hat es geschrieben. Das bedeutet, dass es dasselbe Holz ist, das hier war, als sie acht war … vor dem Feuer. Das ergibt keinen Sinn.«
Hazard stand auf und ließ seine Hand über die Oberseite des Türrahmens gleiten. Er kniff die Augen abschätzend zusammen, trat zurück und musterte ihn noch einmal aus diesem Winkel. »Das ist definitiv eine tragende Wand«, entschied er. »Also wäre es aus architektonischer Sicht absolut vernünftig, sie stehen zu lassen, wenn sie nicht beschädigt war.«
Sie stand ebenfalls auf und wandte sich ihm ungläubig zu. »Nicht beschädigt? Sie war nicht nur beschädigt, sie war weg.« Sie deutete hinter sich. »All das hier war zerstört und musste neu gebaut werden. Genau wie ein Großteil des ersten Stocks. Im Erdgeschoss war es nicht so schlimm. Dort lag unser Zimmer, Chloes und meines. Grans war im ersten Stock, aber direkt an der Treppe.« Sie holte Luft und räusperte sich. »Sie ist nach unten gelaufen und hat uns rausgeholt, aber sie konnte nicht … sie hatte nicht genug Zeit …«
Sie brach ab.
Hazard nickte wieder schweigend und strich ihr für ein paar Sekunden über den Rücken. Es war genau das, was sie brauchte. Zu viel Mitgefühl und sie würde zusammenbrechen, und alles käme wieder hoch.
»Bist du dir sicher, dass das Feuer so stattgefunden hat?«, fragte er, als sie wieder aufsah, ihre Gefühle unter Kontrolle.
Sie nickte energisch. »Ja. Ich bin mir sicher.«
»Du hast es hinterher gesehen? Du hast das Ausmaß des Schadens selbst gesehen?«
»Na ja, nein«, gab sie zu, und ihre Miene verfinsterte sich. »Eigentlich nicht. Ich konnte es nicht ertragen, hierher zurückzukommen. Ich bin niemals wieder auch nur diese Straße entlanggefahren, bis zu dem Abend, an dem ich herkam, um Rory zu suchen.«
»Also hast du nur Fotos und Fernsehberichte gesehen?«
»Eigentlich nicht«, sagte sie wieder und Zweifel kamen in ihr auf. »Meine Großeltern – nicht Gran, meine anderen Großeltern, die Eltern meines Vaters – haben sichergestellt, dass all das von uns ferngehalten wurde. Sie dachten, es würde es uns schwerer machen, darüber hinwegzukommen und … um ehrlich zu sein, ich wollte es auch gar nicht sehen. Ich hatte schon genug Schuldgefühle.« Sie hob den Brieföffner auf, wischte ihn an ihrer Jeans ab und legte ihn wieder an seinen Platz. »Ich habe später ein paar Geschichten in der Zeitung gelesen. Ich habe die Zeitungen in der Schulbibliothek gefunden. Sie enthielten wenige Fakten und waren voller Verleumdungen in Bezug auf Gran, und zu der Zeit hatten sie schon aufgehört, Fotos abzudrucken. Und dann gab es da noch die Gerüchte. Nicht mal zwei ausgesprochene Kontrollfreaks wie meine Großeltern konnten verhindern, dass mir die Gerüchte zu Ohren kamen.«
»Und wie hast du dann herausgefunden, wie sehr das Haus beschädigt war?«
»Von meinen Großeltern«, antwortete sie. »Sie haben es uns am nächsten Tag beschrieben … Chloe hat ständig geweint und wollte wissen, wann wir endlich nach Hause können, und sie haben absolut klargemacht, dass wir nicht zurückgehen würden … dass es nichts gab, zu dem wir zurückkonnten. Und Wochen später, als sie den Bericht des Brandermittlers bekamen, haben sie uns gesagt, was drinstand.«
»Mit anderen Worten, alles was du über das Feuer weißt, kam von deinen Großeltern.« Er verzog seinen Mund zu einem zynischen Lächeln. »Den ausgesprochenen Kontrollfreaks.«
»Was denkst du?«, fragte sie, während ihre Gedanken bereits den dunklen, verwinkelten Weg einschlugen, an dessen Ende sich vielleicht eine Antwort befand.
»Nichts. Noch nichts.« Er zögerte nachdenklich, seine Miene besorgt. »Ich hatte so eine Ahnung, also habe ich ein wenig nachgeforscht. Ich hatte nicht vor, dir davon zu erzählen, bevor ich mehr weiß. Und nachdem Pavane aus dem Weg ist. Ich wollte nicht, dass du abgelenkt wirst.« Er warf einen kurzen Blick auf Chloes Schriftzug. »Offensichtlich ist dieser Plan nicht länger aufrechtzuerhalten.«
»Ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst.«
»Ich eigentlich auch nicht«, gab er offen zu. »Das hier wirft Fragen auf, und ich kenne die Antworten nicht. Aber ich weiß jemanden, der sie kennt. Ich finde, du solltest ihn kennenlernen.«
James Porters Wohnung lag im obersten Stockwerk eines Ziegelhochhauses in einer Gegend, die einst ein geschäftiges Industriegebiet gewesen war. Wie viele seiner Nachbarn
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