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Das Amulett der Zauberin: Roman (German Edition)

Das Amulett der Zauberin: Roman (German Edition)

Titel: Das Amulett der Zauberin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Coughlin
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der silbernen Haare und der runzligen Haut war sie noch so munter wie an dem Tag, an dem sie in See gestochen war, und genauso entschlossen das zu bewahren, was ihr am meisten bedeutete. Die alte Stofftasche enthielt immer noch etwas sehr Wichtiges. Etwas, das mit nichts anderem zu vergleichen war. Und es war Jahre her, dass sie es das letzte Mal angesehen hatte.
    Sie öffnete die Geheimtasche, die so geschickt zwischen dem Oberstoff und dem Futter verborgen war, und zog eine Schriftrolle heraus, die mit schwarzem Seidenband zusammengehalten wurde. Unendlich vorsichtig entrollte sie das zerbrechliche Pergament und begann zu lesen.

    Sie hatte definitiv die richtige Wahl getroffen.
    Hazard hatte ihr nicht verraten, wo sie essen würden, und sie hatte ihn nicht anrufen wollen, um zu fragen – also war sie bis zum letzten Moment unentschieden gewesen, was sie tragen sollte. Sollte sie auf Nummer sicher gehen, mit schwarzen Stoffhosen und einer Seidenbluse, die überall passte? Oder sollte sie das goldene Seidenkleid anziehen, das auf keinen Fall geeignet war, seine Trägerin mit der Masse verschmelzen zu lassen? Es war die Art von spektakulärem Kleid, die dafür geschaffen war, die Aufmerksamkeit eines Manns zu fesseln. Was auch erklärte, warum es in Chloes Schrank hing, nicht in ihrem eigenen.
    Die Farbe glich dem tiefen Gold alter römischer Münzen. Es war eng geschnitten und hatte hinten und vorne einen tiefen V-Ausschnitt. Und wenn sie in einer Pizzeria landete, sähe sie damit absolut lächerlich aus.
    Aber wenn es nicht so war, wenn Hazard etwas Edleres im Sinn hatte, etwas mit Kerzenlicht und weißen Tischdecken, dann würde es ihr vergönnt sein zu sehen, wie ihm die Kinnlade herunterfiel. Und Eve stellte fest, dass diese Vorstellung sie mehr ansprach, als sie zugeben wollte.
    Während sie über ihre Möglichkeiten nachdachte, schrie jeder sorgfältig kultivierte Instinkt in ihr danach, das Kleid zurückzuhängen und den Mittelweg zu gehen. Die winzige Stimme, die sie herausforderte, es doch zu tun, kannte sie nicht. Es war die unvertraute Stimme einer Fremden in ihr selbst. Einer Fremden, die offensichtlich nicht wusste, dass Eve Lockhart immer auf Nummer sicher ging. Wenn man davon absah, dass der ganze Abend sowieso nicht in die Kategorie »Nummer sicher« fiel, oder?
    Es war nicht »Nummer sicher«, allein mit einem Mann auszugehen, von dem sie so gut wie nichts wusste. Und dem bisschen, was sie wusste, vertraute sie nicht. Einem Mann, der nicht fair spielte und der auf mindestens ein Dutzend offensichtliche Arten gefährlich war und zweifellos auch noch auf ein paar andere. Und die größte Bedrohung von allen war wahrscheinlich die beispiellose und unvorhersehbare Art, wie sie auf ihn reagierte. Um Himmels willen, der Mann konnte ihr Blut aus zehn Stockwerken Entfernung zum Kochen bringen. Im Vergleich dazu schien es gar keine so große Sache zu sein, in Bezug auf ein Kleid etwas zu riskieren.
    Sobald sie die Tür öffnete, wusste sie, dass sie die richtige Wahl getroffen hatte. Hazard sah ihr erst in die Augen, dann glitt sein Blick langsam an dem goldenen Kleid hinunter, über den Körper, den man nur als kurvig bezeichnen konnte, bis er schließlich bei den goldenen Schuhen mit dem Zehn-Zentimeter-Absatz angekommen war, die schick genug waren, um Carrie Bradshaw gierig zu machen. Als sein Blick die Reise nach oben wieder vollendet hatte, waren die kühlen grauen Augen schon um einiges wärmer. Und als er schließlich lächelte, war es das langsame, fast widerwillige Lächeln eines Mannes, der einfach nicht anders konnte.
    Er trug einen maßgeschneiderten schwarzen Anzug über einem rauchgrauen Hemd und einer Krawatte derselben Farbe. Die Art, wie seine Kleidung saß, seine Haltung, selbst der Anflug von arroganter Langeweile in seiner Miene verriet, dass er solche Perfektion regelmäßig und mühelos erreichte.
    Und Eve verriet es, dass sie keine Pizza essen würden.
    In einer Stadt, die für ihre noblen Italiener bekannt war, war Settimio einer der nobelsten. Das Restaurant lag auf dem Federal Hill, aber nicht in dem Teil, in dem sich die Clubs und Restaurants ballten, sondern in einer ruhigen Seitengasse. Der einzige Hinweis auf das Lokal war ein Messing-S, das in den Bürgersteig eingelassen war, und ein weiteres S auf der Markise über der Tür des jahrhundertealten Sandsteinhauses.
    Die Atmosphäre ließ sich am besten als kultiviert europäisch beschreiben. Eve kam der Gedanke, dass diese

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