Das Amulett der Zauberin: Roman (German Edition)
vielleicht wollte er sie mit Romantik umgarnen, nachdem er gehört hatte, was der Wachmann so über ihr Liebesleben zu sagen hatte … oder die Abwesenheit desselben. Und wenn es so war, würde das die Schmetterlinge in ihrem Bauch nur umso peinlicher machen.
Sie suchte nach einem unverfänglichen Kommentar.
»Ich habe noch nie hier gesessen«, erklärte sie ihm und bezog sich damit auf das kleine Separee, in dem sie nebeneinander auf einer halbrunden, mit grünem Stoff bezogenen Bank saßen. Sie klopfte auf das Stückchen freies Polster zwischen ihnen und fragte sich, ob sie noch dümmer klingen konnte. »Es ist gemütlich.«
Offenbar konnte sie. Es ist gemütlich? Sie hatte einen ganzen Stapel von Journalismuspreisen gewonnen und das Beste, was ihr einfiel, war Es ist gemütlich?
»Und privat«, sagte Hazard. »Ich habe darum gebeten, weil ich dachte, es wäre Ihnen wahrscheinlich lieber, wenn unser Gespräch nicht belauscht würde.«
Und jetzt kamen sie zur Sache.
»So ist es«, bestätigte sie, »falls wir uns über das unterhalten, wovon ich denke, dass Sie reden wollen. Die Frage ist, sollen wir die Diskussion über heiklere Themen als das Wetter und American Idol auf nach dem Essen verschieben oder sollen wir es gleich hinter uns bringen, damit es mir nicht die ganze Zeit davor graut?«
»Was macht Sie so sicher, dass Ihnen davor grauen muss?«, fragte er herausfordernd. »Vielleicht ist es etwas, dem Sie entgegenfiebern sollten.«
»Vielleicht. Aber das glaube ich nicht.« Sie seufzte und verschränkte die Arme. »Okay, bringen wir es einfach hinter uns.«
Er betrachtete sie für einen Moment nachdenklich, dann schüttelte er den Kopf. »Nein, ich glaube, ich möchte warten, bis der Wein und ein gutes Essen Sie in aufgeschlossenere Stimmung versetzt haben.«
»Mit anderen Worten, es ist so schlimm, dass ich beschwipst und halb am Einschlafen sein soll, wenn ich es höre. Sie sollten diese Strategie vielleicht noch mal überdenken. Wenn Sie nicht genau aufpassen, bin ich schon über beschwipst und halb am Einschlafen hinaus und singe lauthals Musical-Songs, bis ich bewusstlos werde … und das wäre doch sicher sehr peinlich für Sie.«
In seinen Augen funkelte Amüsement. »Ich lasse es darauf ankommen, dass Sie nicht allzu viele Musical-Songs kennen … und wenn Sie bewusstlos werden, finde ich sicher einen Weg, sie wieder aufzuwecken.«
Die letzten Worte sprach er langsam, während er sich immer näher zu ihr lehnte. Genau so, dachte Eve, hatte sich der Prinz über Schneewittchen in ihrem gläsernen Sarg gelehnt, und jeder wusste, wie er sie wiederbelebt hatte. Hazard kam nah genug, dass Eve seinen warmen Atem auf ihrer Wange spüren und den Schatten sehen konnte, den seine unglaublich langen Wimpern warfen. Und als er den Kopf unendlich langsam weiter neigte, war sie sich absolut sicher, dass er sie küssen würde.
Und dann tat er es nicht.
Stattdessen lehnte er sich zurück, griff nach den Speisekarten und gab ihr eine, was sie nur noch mehr verwirrte. Vielleicht war das seine Absicht, ein Teil seiner neuen Strategie – aber irgendwie, als sie sah, wie er schwer schluckte, glaubte sie das nicht.
Sie bestellten, und dann entdeckte sie, dass Hazard es ernst gemeint hatte, die geschäftliche Konversation bis nach dem Essen zu verschieben. Zu ihrer Überraschung entpuppte er sich als meisterhafter Unterhalter, der mühelos ein beiläufiges, ja sogar faszinierendes Gespräch aufrechterhielt. Trotz der Tatsache, dass er keine Ahnung von American Idol oder überhaupt von Popkultur hatte.
Allerdings wusste er eine Menge über das Wetter, und zwar nicht im üblichen »Ungewöhnlich kalt momentan, oder?«-Stil. Er wusste von der Wissenschaft und den Geheimnissen des Wetters. Er wusste unglaubliche Dinge über die Sonne und das Meer und die Planeten. Die Breite seines Wissens war beeindruckend. Während des Aperitifs und der Vorspeisen diskutierten sie über Geschichte und Shakespeare und Musik. Sie sprachen über Bücher, die sie beide gelesen hatten. Eve stellte fest, dass sie sich an Theorien und Tatsachen erinnerte, an die sie seit dem College nicht mehr gedacht hatte. Das Gespräch war unglaublich anregend für sie, und sie hatte das Gefühl, dass es ihm ebenso ging.
Es tat ihr fast leid, als die Zeit für Kaffee und Dessert gekommen war. Sie folgte seinem Beispiel und bestellte sich ebenfalls noch einen Brandy, glücklich, noch ein wenig zu verweilen. Bis jetzt war der Abend perfekt
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