Das Amulett der Zauberin: Roman (German Edition)
Charakterisierung genauso gut auf Hazard passte, als er ihr einen Stuhl hervorzog. Er tat es mit derselben beiläufigen Anmut, mit der er ihr in ihr Auto geholfen oder leicht ihren Ellbogen gestützt hatte, als sie die Stufen zum Restaurant hochgestiegen waren. Es war nicht das erste Mal, dass ein Mann ihr einen Stuhl zurechtrückte oder ihr die Tür offenhielt, und sie konnte nicht genau bestimmen, was Hazard anders machte als jeder andere Mann, den sie gekannt hatte. Sie wusste nur, dass kein anderer Mann ihr jemals so sehr das Gefühl gegeben hatte, eine wohlbehütete Prinzessin zu sein. Kein anderer Mann hatte es je geschafft, dass sie sich zerbrechlich fühlte, als bräuchte sie seinen Schutz und müsste auf Händen getragen werden.
Natürlich war es albern, wie etwas aus einem Märchen oder einem Liebesroman, und es stand in völligem Kontrast zu dem modernen Gleichberechtigungsgedanken, von dem sie überzeugt war. Aber das machte es nicht das kleinste Bisschen weniger aufregend. Und Eve beschloss, dass sie dieses Gefühl heute so leidenschaftlich und ohne Schuldgefühle genießen würde, wie sie vorhatte, ihr Risotto alla Cosara und ihr Pesto di Salmone zu genießen.
»Ich bin froh, dass Sie sich für Settimio entschieden haben«, erklärte sie ihm, während der Weinkellner sein Glas füllte.
Hazard kostete und nickte zustimmend. »Waren Sie schon einmal hier?«
»Ja, aber nicht oft. Es ist ein Restaurant für besondere Anlässe.« Sie sah sich im Raum um und bewunderte die in warmem Gelb gestrichenen Wände, die dunkle Holzeinrichtung und die schweren Samtvorhänge. Auf jedem Tisch standen frische Blumen in einer Kristallvase, und im Kamin brannte ein Feuer.
»Es ist so schön hier«, bemerkte sie.
»Sie sind so schön hier«, erklärte er mit ernstem Blick. »Als Sie die Tür öffneten und ich Sie da stehen sah, dachte ich, Sie könnten nicht mehr schöner sein. Aber hier, umgeben von all diesen Farben und dem Kerzenlicht …«
Normalerweise war er wortgewandt, so dass es Eve überraschte, dass er nach den richtigen Worten suchen musste.
»Es ist, als wäre der Raum eine Kulisse, die eigens dafür gebaut wurde, Sie strahlen zu lassen«, sagte er schließlich. »Und das tun sie.«
»Also, ich … danke«, murmelte sie und hoffte inständig, dass das Licht gedämpft genug war, dass er ihre Gesichtsfarbe nicht sehen konnte. »Das ist ein wunderbares Kompliment.«
Ein wunderbares Kompliment? Großer Gott, es war das Romantischste, was ein Mann jemals zu ihr gesagt hatte, und innerlich schmolz sie dahin. Dann verzog er seinen Mund zu dem vertrauten, spöttischen Lächeln. »Aber in einer Hinsicht bin ich enttäuscht«, sagte er.
Ein Aber. Natürlich musste es ein Aber geben.
»Oh, wirklich?«, fragte sie, zog den Bauch ein und fragte sich, ob sie Lippenstift an den Zähnen hatte. »In welcher Hinsicht?«
»Das pochende Herz. Als Sie meine Einladung zum Abendessen angenommen haben, sagten Sie etwas davon, dass Sie mich mit pochendem Herzen erwarten würden, und darauf hatte ich mich schon den ganzen Tag gefreut.«
»Und so ist es auch«, erklärte sie ihm lächelnd, hob die Haare auf einer Seite und enthüllte filigrane Hängeohrringe mit winzigen Zitrinen und noch kleineren goldenen Herzen. »Wenn Sie genau hingesehen hätten, hätten Sie sie bemerkt.«
»Seien Sie versichert, dass ich so genau hingesehen habe, wie ich es wagte«, murmelte er leise. »Nur nicht auf Ihre Ohren.«
Sein Lächeln vertiefte sich, und seine Augen wurden auf eine Art und Weise dunkler, die gleichzeitig elegant und dekadent war. Er hob die Hand, als wolle er den Ohrring berühren, der ihn so faszinierte. Dann stoppte er sich mitten in der Bewegung und ließ die Hand wieder sinken.
Eve nahm einen schnellen Schluck von ihrem Wein, weil ihr plötzlich warm war. Und sie war verlegen. Was lächerlich war. Das war doch nicht ihre erste Verabredung, um Himmels willen. Wenn man es genau betrachtete, war es vielleicht gar keine Verabredung. Dann saßen sie hier eben im Kerzenlicht, dessen Effekt noch von strategisch im Raum aufgehängten Spiegeln mit Goldrand verstärkt wurde. Dann erklang eben leise Musik von einem kleinen Flügel in einer fernen Ecke, und das gesamte Restaurant verbreitete pure Romantik. Das machte dieses Abendessen noch nicht zu einer Verabredung. Nicht zu einer echten Verabredung. Nichts an ihrer Situation war so eindeutig.
Es war möglich, dass Hazard seine Geschäfte routinemäßig so führte, oder
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