Das Amulett der Zauberin: Roman (German Edition)
einem verächtlichen Grinsen ab und wollte davongehen.
Die immer noch aktivierte Kreidelinie hielt ihn zurück.
Eve war einerseits froh, ihn im Kreis gefangen zu sehen, und andererseits besorgt, weil sie mit ihm darin festsaßen.
Pavane schaute nach unten, und die Überraschung in seinem Gesicht wurde von Verachtung verdrängt. Als er diesmal die Hand hob, schimmerte und knackte die Luft vor ihm, als er ein Loch in den Schutzkreis brannte. Er marschierte durch den Raum, während sein scharfer Blick alles aufnahm, mal hier und mal dort hängenblieb. Er beugte sich vor, um durch ein Fenster zu spähen und die Umgebung zu mustern.
»Welcher Ort ist das?«, verlangte er. Seine Stimme war rauh und heiser wie eine rostige alte Pumpe, die nach Jahren des Stillstands zum ersten Mal benutzt wird. »Welche Stadt?«
»Providence«, antwortete Taggart wachsam.
Hazard stand hinter seinem Schutzschild wie eine angriffsbereite Schlange.
Als Pavane sich wieder vom Fenster abwandte, war sein Blick erstaunt. »Welches Jahr?«
Als Taggart es ihm sagte, riss Pavane die Augen noch weiter auf. Er zeigte mit einem krummen Finger auf das Fenster. »Diese Kutschen … welche Art von …«
Taggart fiel ihm ins Wort. »Tut mir leid, alter Mann, jetzt bin ich dran. Ich weiß, wer du bist, also können wir uns das schenken. Wo zur Hölle kommst du her?«
»Von hier. Und von nirgendwo und dann wieder hier.«
»Hier?« Taggart kniff die Augen zusammen. »Du meinst dieses Reich? Die Welt der Sterblichen?«
Pavane nickte. Seine Brust hob und senkte sich mit einem pfeifenden Geräusch.
»Und von nirgendwo?« Taggart blieb hartnäckig. »Wo genau soll das sein?«
»Nirgendwo. Das Nichts«, antwortete Pavane ungeduldig. »Der Ort, den es nicht gibt.«
»Du meinst den Tod?«
Er schüttelte den Kopf, seine rissigen rötlich-grauen Lippen entblößten seine Zähne. »Nicht der Tod, Narr. Der Tod ist das Ende. Wie du deutlich sehen kannst, war ich nicht beendet, lediglich unterbrochen. Und jetzt bin ich zurück.«
»Und wer war, wenn ich fragen darf, so schlau, dich zu unterbrechen?«, fragte Taggart.
»Wer hätte es gewagt?«, gab Pavane grimmig zurück. Er ging ein paar Schritte, und sein Spazierstock klackte auf dem Holzboden. »Ich habe es natürlich selbst getan. Ich habe meinen Körper verborgen und meinen Geist eingehüllt und ihn fortgeschickt, damit er wartete.«
Taggart kniff die Augen zusammen. »Um auf was zu warten?«
Pavanes dunkle Augen trafen auf Eve und brachten sie zum Zittern, aber sie wandte sich nicht ab oder senkte den Blick.
»Auf sie«, verkündete er. »Die verlorene Zauberin.«
Dreizehn
I ch habe keine Ahnung, wovon Sie reden«, erklärte Eve.
Pavane legte den Kopf schräg und musterte sie misstrauisch. »Ich spreche natürlich von der Erfüllung der Prophezeiung. Ich spreche von der T’airna-Frau, der es bestimmt ist, die Macht ihrer Vorfahren wiederherzustellen. Acht mal zwanzig und zehn Jahre habe ich in der erbärmlichen Dunkelheit auf die Zauberin gewartet, die die Macht hat, die Welten zu durchdringen und mich zurückzurufen. Ich habe auf dich gewartet.«
»Nein. Sie irren sich«, beharrte sie und schüttelte den Kopf, während ihr gleichzeitig all die Dinge wieder in den Kopf schossen, die Gran ihr über ihr Schicksal erzählt hatte – oder es zumindest versucht hatte. »Ich habe niemanden von nirgendwo zurückgerufen. Ich praktiziere keine Magie. Und selbst wenn ich es täte, hätte ich kaum die Macht, um …« Sie fuhr mit der Hand durch die Luft. »Um zu tun, was Sie gesagt haben, die Welten durchdringen und all das. Ich wüsste nicht mal, wo ich anfangen sollte.«
»Das beweist, dass ich recht habe. Du musst es nicht wissen. Du bist. Bevor ich aus diesem Reich schied, habe ich meine Essenz durch einen Bindungszauber mit dem Talisman verbunden. Ich wusste, dass nur die Prophezeite mit der wahren Gabe des T’airna-Blutes fähig wäre, die vollständige Macht des Talismans zu rufen, um damit den Bindungszauber zu aktivieren und auch mich zu beschwören. Und das hast du getan. Mein Lobpreis und Dank gehören dir, verehrte Zauberin.«
Eve hatte Mühe zu verstehen, was er sagte. Konnte er recht haben? Konnte Gran recht haben? Nein, das war nicht der richtige Zeitpunkt, um sich über Grans Vorhersagen Gedanken zu machen. Sie konnte ja kaum verstehen, was im Moment geschah. Konnte es wahr sein, dass sie irgendwie, unwissentlich, Pavanes Rückkehr bewirkt hatte, indem sie – wie hatte er es
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