Das Amulett von Gan (German Edition)
flussaufwärts befindet sich eine alte Brücke. Sie wurde vor langer, langer Zeit von den Lichtalben errichtet. Ich denke, sie wird euch tragen. Seid aber vorsichtig! Über diese Brücke gehtihr. Dann folgt ihr dem Weg für einige Stunden, bis ihr zu einer weiteren Brücke kommt, die euch auf diese Seite des Flusses zurückführt. Die zweite Brücke ist stabiler. Es ist zwar ein Umweg, aber der Pfad hier am Ufer entlang bereitet keine Freude. Das Ufer ist ganz zugewachsen und …« Ihr schneller Redefluss nahm überhaupt kein Ende.
»Ähem!«, hüstelte Alon vorsichtig.
»Ja?«, fragte die Wasserratte spitz. Sie hielt inne. »Ach ja, entschuldigt. Ich schweife ab.« Wenn ihre Wegbeschreibung nicht so wichtig gewesen wäre, hätten sie über die hochnäsige Wasserratte vielleicht laut gelacht. Jetzt aber ärgerten sie sich nur über die umständliche Beschreibung des Tieres. Es dauerte ganz schön lange, und Alon musste mehrmals nachfragen, bis sie die Wegbeschreibung des sprechenden Nagers vollständig verstanden hatten.
»Vielen Dank, verehrte Wasserratte. Sie waren uns wirklich eine große Hilfe«, bedankten sich Alon und die Gefährten schließlich bei dem wichtigtuerischen Tierchen.
»Aber das ist doch selbstverständlich, jeder hier würde euch helfen.« Der kleine Nager schaute kopfschüttelnd nach oben, stieg ohne ein weiteres Wort in den Fluss und schwamm davon.
Die Wanderer schauten sich um und überlegten, wen sie wohl mit »jeder« gemeint haben könnte. Aber bis auf einen Vogel, der sie interessiert anschaute, konnten sie niemanden entdecken.
Den Anweisungen der Wasserratte folgend gingen sie am Ufer entlang und fanden die alte Brücke. Sie war aus weißem Stein gehauen und mit unbeschreiblich prachtvollen Steinmetzarbeiten verziert. Baufällig wirkte sie aber keineswegs. Auf der anderen Seite des Flusses stießen die vier Kinder und Alon auf einen Weg, dem sie folgten. Joe betrachtete immer wieder besorgt den Stand der Sonne und stellte fest: »Dieser Weg kostet uns viel mehr Zeit, als ich befürchtet habe.«
»Aber wenigstens ist er sicher. Mich entspannt das enorm«, hielt Pendo ihm entgegen.
Wie immer, wenn sie am Ende ihrer Kräfte waren, wurden sie schweigsamer. Schließlich sagte Finn: »Ich kann nicht mehr. Können wir nicht eine Pause machen?«
»Nein, wir gehen weiter«, erwiderte Joe etwas gereizt. »Essen können wir auch beim Laufen.«
Finn war fassungslos: »Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder? Wir müssen uns zwischendurch ausruhen. Niemandem ist geholfen, wenn wir total erschöpft bei der Quelle ankommen.« Er setzte sich hin und griff in seine Tasche, um sich etwas Essen und Trinken herauszuholen. Die Mädchen taten es ihm gleich, denn sie waren ebenfalls erschöpft. Zähneknirschend setzte sich auch Joe hin.
»Wir verlieren durch diesen Umweg so viel Zeit. Wir müssen uns ranhalten!«
»Aber wir sind erschöpft, Joe«, sagte Chika. »Wir brauchen die Pause.«
»Wenn der Schöpfer der Lebensströme gewollt hätte, dass alles besonders schnell geht, hätte er sich Hochleistungssportler für diese Aufgabe ausgewählt und nicht uns. Vielleicht bist du durch deine Wanderungen mit deinem Vater so lange Fußmärsche gewohnt. Ich jedenfalls nicht«, sagte Pendo.
»Ich auch nicht«, stöhnte Chika, die sich gerade eine Blase an ihrem großen Zeh genauer anschaute.
Joe grummelte leise vor sich hin. Hoffnungsvoll schaute er zu Alon, aber der war gerade damit beschäftigt, in ein von Finn aus der Lichtalbentasche hervorgeholtes Brot genüsslich hineinzubeißen. Wie gerne wäre Joe sofort weitergegangen! Wirklich überzeugt hatten ihn die Einwände seiner Gefährten nicht. Aber was blieb ihm anderes übrig, als abzuwarten, bis die anderen sich etwas erholt hatten. Eine Viertelstunde später brachen sie wieder auf.
»Wir werden jetzt noch etwa zwei Stunden laufen, und dann suchen wir uns ein Lager für die Nacht«, ermutigte Alon die Kinder.
Als Lagerplatz wählte Alon eine kleine Freifläche im Wald aus, die im Schutz der Bäume gut verborgen war. Als sie sich hinsetzen wollten, hörten sie eine weiche, bezaubernd klingende Frauenstimme: »Aber nicht doch. Die hochgeehrten Träger der Amulette dürfen doch nicht auf dem harten Waldboden schlafen! Oh nein, das würden wir niemals zulassen. Kommt Schwestern, wir bereiten ihnen ein Lager.«
Die Gefährten schauten verwirrt in alle Richtungen und versuchten herauszufinden, wer da gesprochen hatte. Die Bäume um ihren Lagerplatz
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