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Das Amulett von Gan (German Edition)

Das Amulett von Gan (German Edition)

Titel: Das Amulett von Gan (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Buß
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diesen Wald hineinwagen. Schwarzalbenpatrouillen über dem Zauberwald sind nicht erforderlich. Und falls die Schwarzalben genau wie die Lichtalben an die Existenz der magischen Wesen glauben – sie sind immerhin gleicher Abstammung –, werden sie einen großen Bogen um den Wald machen, denn kein Schwarzalb wird sich mit Einhörnern anlegen wollen. Die können nämlich sehr gefährlich werden. Zumindest in den Geschichten meiner Großmutter.« Seine Gedanken schienen sich in der Vergangenheit zu verlieren, und er grinste über das ganze Gesicht.
    »Deine Großmutter scheint dir ja eine ganze Menge Geschichten erzählt zu haben«, bemerkte Chika.
    »Oh ja!«, erwiderte Alon. »Manchmal wurde es uns schon zu viel. Aber sie sagte immer: ›In den Geschichten wird der Geist unseres Landes weitergegeben.‹ Ihr müsst also gut zuhören!«
    »Mein Großvater hat das ganz ähnlich gemacht. Er hat mir sogar Geschichten von Gan erzählt, allerdings ohne den Namen zu erwähnen«, erinnerte sich Finn.
    Mit etwas trauriger Stimme sagte Chika: »Meine Großeltern wohnen viel zu weit weg, und meine Eltern … nun ja, sie sind immer sehr beschäftigt. Über Gan wissen sie nichts. Meine Großmutter hat wohl nur mir davon erzählt. Ihr wisst ja, zuletzt an meinem Geburtstag.«
    »Meine Großeltern«, erzählte nun Pendo, »sind schon vor langer Zeit gestorben. Ich habe sie nicht mehr kennengelernt. Die alte Tante, von der ich das Amulett überreicht bekam, hat mir zwar vieles erzählt, aber niemals etwas, was an Gan erinnern würde.«
    So unterhielten sie sich, vertieft in ihre Gedanken an die eigenen Familien, während sie hintereinander dem Pfad durch den Zauberwald folgten. Unvermittelt blieb Alon stehen, sodass sie alle der Reihe nach aufeinanderstießen. Rasch waren sie wieder mit ihren Gedanken im Hier und Jetzt.
    »Warum bleibst du so abrupt stehen, Alon? Ist was passiert?«, erkundigten sie sich flüsternd.
    »Nein«, erwiderte der Waldhüter. »Der Weg hört hier am Fluss auf, und ich weiß nicht, was wir jetzt tun sollen.«
    »Vielleicht hilft uns ja der Spiegel weiter«, schlug Chika vor. Schon holte sie den Spiegel Marah aus der Tasche, nahm ihn in beide Hände und schloss die Augen. »Nein, ich sehe nichts. Rein gar nichts.«
    »Schade«, meinte Pendo enttäuscht. »Wir sollten vielleicht die Nymphe fragen.« Mit zitternder Stimme rief sie: »Nymphe! Nymphe! Wir brauchen deine Hilfe.«
    Alle schauten gebannt auf die Wasseroberfläche des Flusses vor ihnen, aber nichts regte sich. Plötzlich sagte eine quiekende Stimme in herablassendem Ton: »Ich bin zwar keine Nymphe, aber falls ihr mit einer Wasserratte vorliebnehmen wollt, kann ich euch behilflich sein.«
    Alon und die vier Gefährten fuhren vor Schreck zusammen. Zuerst mussten sie suchen, wo die Stimme überhaupt herkam. Da saß vor ihnen am Ufer eine Wasserratte. Eine ganz gewöhnliche Wasserratte. Sie war nicht größer als andere Tiere ihrer Art. Sie hatte das gleiche struppige Fell und den langen Schwanz, der so unterschiedliche Reaktionen bei den Menschen auslöste. Was sie stutzig machte, war der Gesichtsausdruck des Tieres: Die Wasserratte schaute ungeduldig zu der Gruppe hoch und wartete offenbar auf eine Antwort. Mit ihrem langen Schwanz klopfte sie auf den Boden, so wie Menschen mit den Fingernägeln auf die Tischplatte trommeln, wenn sie angespannt sind.
    Joe räusperte sich und fragte verdutzt die anderen: »Hat das gerade mit uns gesprochen?«
    Das war allerdings die falsche Frage. Empört quiekte die Wasserratte ihm zu: »Siehst du vielleicht sonst ir-gend-je-man-den außer euch hier, der sprechen könnte?« Beleidigt drehte sie sich um und verschränkte ihre Vorderbeine.
    »Oh entschuldigt, verehrte Wasserratte, aber wir haben noch nie zuvor ein sprechendes Tier gesehen«, sagte Chika bestürzt. Die höfliche Anrede gefiel der Wasserratte fraglos besser, denn sie wandte sich ihnen wieder zu und musterte hochnäsig die Menschen.
    »Nun gut, dann will ich mal nicht so sein. Ihr braucht offensichtlich Hilfe. Der ganze Wald spricht ja über nichts anderes mehr«, piepste sie.
    »Äh, ja, wir brauchen allerdings Hilfe. Die Wassernymphe hat uns auf diesen Weg gewiesen, damit wir sicher am Lager der Schwarzalben vorbeikommen. Aber der Weg hört hier auf, und wir wissen nicht weiter«, legte Finn ihre Situation dar.
    »Das ist leicht zu erklären«, sagte die Wasserrate in rasantem Tempo, scheinbar ohne Luft zu holen. »Nur zweihundert Meter weiter

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