Das Amulett
wurde der Schutzbann schwächer, der auf dem Buch Karand lag.
Der alte Magier hatte das Bild der Aura des Mörders deutlich vor Augen. Er wusste, wie sie sich anfühlte und bewegte. Sie war kalt – und schwach, was ihn zutiefst beunruhigte. Ein Magier, der Malvner mit solcher Leichtigkeit töten konnte, hätte eine weitaus stärkere Spur im Astralraum hinterlassen müssen. Da dem nicht so war, musste der Fremde die Fähigkeit besitzen, seine magischen Spuren zu verwischen – ein überaus verstörender Gedanke.
Für den Bruchteil eines Augenblicks glaubte Gordan, etwas entdeckt zu haben, doch es verschwand zu schnell, um sicher zu sein. Falls er sich jedoch nicht irrte, hielt sich der Mörder weiter im Norden von Kanduras auf.
»Eine gute Gelegenheit, einen alten Freund zu besuchen«, murmelte Gordan, nachdem er seinen Geist aus dem Astralraum zurückgezogen hatte.
»Dezlot!«, rief er, so laut er konnte. »Komm her!«
Der Lehrling, der in einem Nebenzimmer mit seinen Studien beschäftigt gewesen war, eilte zur Tür herein und blickte seinen Meister erwartungsvoll an.
»Mach dich bereit für eine Reise«, sagte Gordan knapp. »Wir brechen morgen auf.«
»Morgen schon? Aber wohin? Folgen wir Tharador und den anderen?«, wollte Dezlot wissen.
»Stell nicht so viele Fragen, sondern gehorche«, schalt Gordan den neugierigen Jungen. »Im Morgengrauen brechen wir auf.«
»Wir werden schon bald wieder hier sein«, beruhigte Gordan die Krieger aus Ma‘vol.
Lantuk war alles andere als erfreut darüber, dass der Magier sie verließ. Sie waren erst seit wenigen Tagen in Surdan, und Gordan verkörperte für ihn eine zentrale Figur der nächsten Ereignisse. Lantuk vertraute auf die Autorität des Magiers bei den Verhandlungen mit Ma‘vol, Innar und Zunam. Die südlichen Städte würden der Ansiedlung der Orks zustimmen müssen, sonst drohte ein erneuter Krieg. Ma‘vol war noch vom Kampf gegen die Goblins geschwächt und würde notgedrungen jeglichem Abkommen zustimmen. Zunam und Innar hingegen waren vor den Goblins verschont geblieben. Die stolzen Südländer würden sich nicht so leicht überzeugen lassen.
Ganz zu schweigen von den Flüchtlingen aus Surdan, die durch milde Worte kaum vergessen würden, was man ihnen angetan hatte. Möglicherweise lässt sie der Gedanke daran, in ihre unversehrte Heimatstadt zurückzukehren und den Winter mit eingebrachter Ernte zu überstehen, ihre Wut vorübergehend vergessen , dachte Lantuk.
»Ihr tut, was wir besprochen haben, Männer aus Ma‘vol«, forderte Gordan sie ein letztes Mal auf. »Sprecht mit Gallak und den übrigen Orks. Lernt ihre Kultur kennen und zeigt ihnen die unsere. Für einen dauerhaften Frieden.
»Und falls wir aufbrechen, bevor Ihr zurückkehrt, Meister Gordan?«, fragte Kordal.
»Dann begleitet sie«, antwortete de Magier. »Und bringt die Leute aus Surdan zurück in ihre Häuser.« Dann rief er über die Schulter: »Dezlot?«
Der junge Magier stolperte eilig die Treppenstufen herab und kam mit freudigem Gesicht zu ihnen. Dezlot hatte die halbe Nacht wach gelegen, obwohl er nicht die geringste Ahnung vom Ziel ihrer Reise hatte. Doch allein, dass Gordan ihn überhaupt mitnahm, ließ sein Herz höher schlagen.
»Da bist du ja endlich«, begrüßte der Meister seinen Schüler.
»Seid vorsichtig, Meister Gordan«, verabschiedete Gallak die beiden. Der Statthalter Ul‘goths war zu diesem Zweck mit einer Handvoll seiner besten Krieger auf den Vorplatz des Arkanums gekommen. Die Orks trugen traditionelle Lederrüstungen, die sie mit allerlei verschiedenen Fellstücken versehen hatten. Teilweise, um ihre Erfolge als Jäger kundzutun, hauptsächlich jedoch, um die Kälte abzuwehren.
»Das werde ich. Freund?«, erwiderte der Magier fragend und reichte dem kräftigen Ork die Hand zur Umarmung. Gallak zeigte ein ehrliches Lächeln und umarmte den alten Mann, wobei sie sich zweimal kurz auf die Schulter klopften.
»Freund«, wiederholte der Ork bestimmt. »Mögen die Ahnen – und die Götter – deinen Weg leiten.«
Gordan schmunzelte spitzbübisch. Ul‘goths Offenbarungen hatten für so manchen Wirbel bei den Orks geführt und würden dies noch für lange Zeit tun. Wie sehr sich das Leben im Süden bald ändern würde.
»So leb denn wohl. Wir sehen uns bei meiner Rückkehr wieder.« Dann wandte er sich an Dezlot. »Du hast bereits eine magische Reise hinter dir, aber diesmal wird es anders sein. Du musst mir etwas versprechen, Dezlot Nybar.« Er legte
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