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Das Amulett

Das Amulett

Titel: Das Amulett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan R. Bellem
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als er die Wirkung seiner Worte beobachtete. Totenfels wirkte gleichgültig wie immer, aber ein Leuchten in Alynéas Augen verriet ihm, dass die Magierin bereits Pläne schmiedete.
    »Werdet Ihr lange fort sein?«, fragte der Graf.
    »Vielleicht einen halben Mondlauf.«
    Totenfels schien einen Augenblick nachzudenken, dann nickte er sichtlich zufrieden. »Ich denke, wir werden Eurer Dienste so lange entbehren können.«
    Dergeron verbeugte sich förmlich und verließen zusammen mit Bengram den Raum.
    Alynéa hatte Dergeron aufmerksam zugehört und ihn genau beobachtet. Offensichtlich hatte er gewollt, dass sie von seinen Plänen erfuhr. Er hätte Totenfels auch einfach heimlich verlassen können, stattdessen jedoch hatte er sie eingeweiht. Was bezweckt er damit? fragte sich die Magierin.
    Ein Diener des Grafen trat ein und teilte Totenfels mit, dass es Zeit für die übliche Mittagsaudienz sei. An jedem ersten Tag einer Mondphase empfing der Graf Bittsteller und Bürger, damit sie ihm ihre Anliegen vortragen konnten. Häufig wurde um einen Schuldenerlass oder um die Schlichtung eines Nachbarschaftsstreits gebeten. Nur selten vermochte ein Gesuch, Totenfels‘ Interesse zu wecken, weshalb er dem Ruf nur mühsam und unter mit einem gelangweiltem Seufzen folgte.
    Alynéa indes kam sein Abgang sehr gelegen. Sie bedachte Verren mit einem fragenden Blick. »Was hältst du davon?«
    »Du meinst Dergeron? Ich halte das für ziemlich hohles Geschwätz.«
    »Sollten wir der Sache nachgehen?«
    »Nein«, antwortete der Meuchelmörder bestimmt. »Er führt etwas im Schilde, soviel ist sicher. Du solltest lieber froh sein, dass wir ihn los sind. Es ist schon schlimm genug, diesen lächerlichen Grafen zu ertragen.«
    Alynéa stand auf und näherte sich ihm mit wogenden Hüften. Sie legte Verren eine Hand auf die Brust und umrundete ihn, zog die Hand langsam über seinen Oberkörper, dann über die Schultern und den Rücken, bis sie schließlich wieder bei seinem Herzen angelangte und innehielt. Dabei hauchte sie ihm ins Ohr: »Armer Cantas. So lange verzehrst du dich schon nach mir.« Ihre Hand glitt tiefer und befühlte seinen Schritt. »O ja«, stöhnte sie leise. »Deine Sehnsucht ist groß , nicht wahr?«
    Er wollte sie gerade erfassen und zu Boden werfen, als sie sich geschickt von ihm löste. »Noch nicht«, sagte sie und drehte sich um.
    Cantas packte sie grob am Arm und riss sie unsanft zu sich herum. »Du spielst mit dem Feuer.« Er fuhr ihr mit der freien Hand zärtlich über die Wange und brachte sein Gesicht neben das ihre, sodass sie seine Augen nicht sehen konnte. »Pass auf, dass es dich nicht verbrennt.« Seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, dennoch kam die Drohung darin deutlich zur Geltung. Dann löste er den ehernen Griff.
    Alynéa ließ nur wenige Menschen in diesem Ton mit ihr sprechen, doch sie wusste um Cantas‘ Fähigkeiten. Allein Tizirs Macht hatte den Mörder im Zaum gehalten. Ohne ihn war die Bestie frei – ein Wagnis, dessen sie sich bewusst gewesen war, als sie Dergeron um Hilfe gebeten hatte. Dennoch würde ihr der Mörder noch gute Dienste erweisen – in vielerlei Hinsicht.
    »Vergiss nicht, auch ich lag an Shangos Kette«, sagte sie.
    Verren kniff die Augen bedrohlich zusammen, erwiderte jedoch nichts.
    Ohne ein weiteres Wort drehte die junge Frau sich um und verschwand durch die Tür.
    »Werden wir weit reisen, Kommandant?«, fragte Hagstad in leicht besorgtem Tonfall. »Der Winter bricht gerade mit ganzer Kraft herein. Und wenn Ihr, wie Ihr gesagt habt, in die Todfelsen wollt, halte ich selbst wenige Tage für sehr gefährlich.«
    »Sei unbesorgt, Bengram. Wir werden nicht lange unterwegs sein. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass wir die Berge nicht erklimmen müssen, um unser Ziel zu erreichen.«
    Sie hatten gerade Dergerons Wohngemach betreten. Der Kommandant ließ sich geräuschvoll auf den schweren Sessel vor dem Kamin fallen und lud Hagstad mit einer Handbewegung ein, sich auf den zweiten, freien Sessel zu setzen.
    »Ich kann Eurem Plan nicht folgen«, gestand Hagstad.
    »Weil ich ihn dir noch nicht erklären kann«, erwiderte Dergeron geheimnisvoll. Er hatte seinen Auftritt bewusst unmittelbar vor der Audienz des Grafen stattfinden lassen, weil er wollte, dass Alynéa sofort zu ihm kommen konnte – je weniger Zeit verstrich, desto geringer war die Gefahr, dass sie ihn durchschaute.
    Wie erhofft, klopfte es wenig später an der Tür, und auf seine Einladung hin trat die junge

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