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Das Amulett

Das Amulett

Titel: Das Amulett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan R. Bellem
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Gordan eine Warnung und streckte dem Jungen die Handflächen entgegen. Die Menge starrte wie gebannt auf das Schauspiel.
    »Ihr werdet für den Tod meines Meisters bezahlen!«, schrie der Junge. Das Knistern der Luft verstärkte sich, bis blaue Blitze aus den Wolken herab- an der Wand des Arkanums entlangzuckten. Tharador traute seinen Augen nicht, als die Energie in den jungen Magier eindrang, ihn jedoch nicht zu verletzen, sondern sich vielmehr um ihn zu sammeln schien.
    »Verschwindet!«, brüllte Gordan eindringlicher, und Tharador bemerkte, dass sich auf der Stirn des alten Mannes feine Schweißperlen gebildet hatten.
    »Ihr habt ihn gehört!«, donnerte Ul’goths Stimme über die Versammelten, und die Orks begannen, langsam zurückzuweichen.
    »Ihr auch!«, befahl Gordan an Tharador und seine Gefährten gerichtet, die jedoch nicht von seiner Seite wichen.
    »Ihr werdet dafür bezahlen!«, grollte die Stimme des Jungen erneut. Er hob den linken Arm und deutete mit dem Zeigefinger auf Gordan. »Stirb, Mörder!«
    Ein Blitz löste sich aus seiner Fingerspitze und schlug einen Lidschlag später unmittelbar vor Gordans Füßen in den Boden ein. Weitere Blitze folgten dem ersten, zuckten jedoch ohne erkennbare Richtung überallhin.
    »Er hat keine Kontrolle darüber!«, warnte Gordan die Freunde. »Stellt euch hinter mich!«
    Khalldeg löste gerade seine Berserkermesser vom Gürtel, als Tharador ihn mit sich riss und sie beide hinter Gordan in Deckung brachte. Gleich darauf schlug ein gewaltiger Blitz an der Stelle ein, wo der Zwerg kurz zuvor gestanden hatte.
    »Hoppla! Das hätte wahrscheinlich wehgetan«, stellte Khalldeg nüchtern fest.
    Die Orks stoben auseinander, und es war reines Glück, dass keiner von ihnen dem Zauber zum Opfer fiel. Ein verirrter Blitz schlug in einen Handkarren ein, auf dem mehrere Hühner in kleinen Holzkäfigen befördert wurden. Eine Henne wurde unter lautem Gezeter ihrer Gefährtinnen vom Blitz getroffen; brennende Federn stoben auf, und es roch nach frisch gebratenem Hühnchen.
    »Der Kleine taugt vielleicht als Koch«, meinte Khalldeg, »aber als Magier scheint er mir fehl am Platz.«
    Gordan schwieg und schien seine Kräfte zu sammeln. Schließlich donnerte er ein lautes » Nein! «, und der Zauber erstarb von einem Augenblick zum anderen.
    Diesen Zauber zu bannen, hat ihn viel mehr Kraft gekostet als bei Grunduul , dachte Tharador. »Er scheint mächtig zu sein«, sagte er zu Gordan, als er bemerkte, dass der alte Magier sich wieder entspannte.
    »Ja«, pflichtete Gordan ihm bei. »Aber er kann mit seinen Kräften noch nicht umgehen.«
    Der Zauber hatte anscheinend auch an den Kräften des Jungen gezehrt, denn er brach erschöpft zusammen. »Mörder!«, keuchte immer noch unentwegt.
    »Was immer du Gordan vorwirfst, Junge, er hat es nicht getan«, wagte sich Faeron einen Schritt nach vorn.
    Der Klang von Schwertern, die gezogen wurden, ließ sie alle innehalten. Die Wachen der Orks hatten ihre Waffen gezückt und näherten sich vorsichtig. Gordan streckte ihnen beschwichtigend die Arme entgegen.
    »Halt!«, rief er eindringlich. »Tut ihm nichts!«
    Unverständnis trat in die Orkgesichter, dennoch gehorchten sie dem alten Magier. Gordan ging zu dem Jungen und musterte ihn eingehend.
    Seine blonden Haare waren zerzaust und standen ihm in wilden Strähnen vom Kopf ab. Sein sommersprossiges Gesicht wirkte eher mädchenhaft; die Nase und die Augen schienen viel zu groß für den schmalen Kopf, von dem die Ohren zu weit abstanden.
    Seine Robe war aus zerschlissenem blauem Samt, in den dünne Goldfäden eingearbeitet waren. Einst war sie vermutlich ein teures und edles Kleidungsstück gewesen, doch das musste viele Jahre zurückliegen. Außerdem war sie dem schmächtigen Jungen viel zu groß – seine Hände verschwanden in den üppigen Ärmeln, und er würde kaum damit laufen können.
    »Dieser Zauber war sehr mächtig, Junge. Du hast dich von deiner Trauer und deiner Wut übermannen lassen und ihn deshalb nicht beherrschen können«, belehrte er ihn. »Es hätten deinetwegen Menschen sterben können!«
    »Mörder!«, lautete die einzige Antwort des Jungen.
    »Ich habe Malvner nicht getötet«, äußerte Gordan sich nun erstmals zu dem Vorwurf. »Malvner war einst mein Schüler, und ich habe ihn immer als Freund betrachtet. Was ist mit ihm geschehen?«
    Der Jüngling biss sich auf die Unterlippe und schwieg.
    Er ist noch nicht bereit, über seinen Verlust zu sprechen , dachte Tharador

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