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Das Amulett

Das Amulett

Titel: Das Amulett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan R. Bellem
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sich sein eigenes Denkmal zu setzen.«
    »Und was setzt du dir?«, fragte Faeron leise. Die Worte ließen Gordan mit einem Mal alt und gebrechlich wirken. Faeron hatte den weisen Freund tief getroffen. Und Gordan musste sich eingestehen, dass der Elf den Kern der Sache auf eine Art begriffen hatte, die er selbst bisher nicht bedacht hatte. Einen neuen Magierzirkel zu bilden, schien auf den ersten Blick ein höchst ehrenhaftes Unterfangen. Bei genauerer Betrachtung jedoch wurde Gordan klar, dass er dies alles aus verletztem Stolz tat. Xandors Sieg vor so vielen Jahren hatte ihn ins Exil getrieben. Nun war Xandor tot und Gordan der mächtigste Magier des Landes. Selbstverständlich würde er diese Macht nutzen. Eine neue Ordnung zu schaffen, schien der einzige Weg – für ihn selbst und alle übrigen Magier. Nein, sie durften nicht im Chaos versinken.
    »Dieser Streit führt zu nichts«, bemerkte Tharador nachdenklich. »Wir wollten Goblins jagen gehen, und genau das sollten wir nun auch tun. Sei vorsichtig mit deinem neuen Schüler, Gordan.«
    »Mach dir um mich keine Sorgen, Tharador«, beruhigte der Alte den Paladin. »Wir werden uns schon bald wieder sehen.«
    Dezlot beobachtete von einem kleinen Zimmer im dritten Stockwerk des Arkanums aus den Aufbruch von Gordans Gefährten. Nun war er mit dem alten Magier allein.
    Gordan hätte ihn töten können, hatte ihn jedoch verschont, und sogar als seinen Schüler angenommen. Weshalb? In Dezlots Hirn brannten die letzten Worte seines früheren Lehrers: »Finde Gordan! Er ist der Schlüssel.«
    Der Schlüssel wozu , dachte Dezlot. Sein Lehrer, Malvner Wibran, war von einem seltsamen Magier getötet worden. Malvner war zu überrascht gewesen und hatte keine magische Verteidigung aufgebaut. Sein Mörder hatte etwas davon erzählt, dass Xandor tot sei und nun die Rangordnung neu bestimmt werden müsse. Malvner war mächtig gewesen, aber auch alt.
    Dezlot war von Trauer übermannt worden. Der einzige Gedanke, der ihn aufrecht gehalten hatte, war Rache gewesen. Er wollte um jeden Preis Vergeltung und hatte angenommen, Malvner sei von Gordan getötet worden. Bevor sein Meister den letzten Atemzug hauchte, hatte er Dezlot auf magische Weise durch den Astralraum versetzt – auf die Fährte des Mörders, wie Dezlot vermutet hatte.
    Anscheinend hatte er sich geirrt. Da er Gordan nicht annähernd gewachsen war, und sein Meister ihn sicher niemals wissentlich in Lebensgefahr gebracht hätte, konnte er nur annehmen, das Malvner ihn bei seinem alten Lehrer in Sicherheit bringen wollte. Allerdings konnte er sich noch immer keinen Reim auf die letzten Worte seines verstorbenen Meisters machen. Aber er hatte er nun unverhofft einen neuen Lehrer bekommen, eine Legende unter Magiern. Dieser Gedanke ließ neue Hoffnung in dem Jungen keimen, eines Tages doch noch seine Rache zu erfahren.
    * * *
    Daavir kniete nieder und tastete mit den Fingern über den weichen Erdboden. »Die Spur ist einige Tage alt. Sie sind es, ohne Zweifel. Der Regen hat einen Großteil der Abdrücke verwischt, aber diese hier sind noch deutlich genug. Es sind Goblins.«
    »Die Reste der Horde?«, fragte Lantuk.
    Der Südländer schüttelte den Kopf. »Kaum mehr als drei der kleinen Monster.«
    Kordal schürzte die Lippen und blickte sich mehrmals um. Sie hatten Ma‘vol erst vor einigen Tagen verlassen und trafen nun bereits auf Goblinspuren. »Vielleicht ein Trupp Kundschafter«, überlegte er.
    »Dann planen sie womöglich einen erneuten Angriff auf Ma‘vol«, fügte Lantuk hinzu.
    »Das glaube ich nicht«, widersprach Daavir. »Diese Spuren verlaufen ostwärts. Ich denke, sie sind umgekehrt.«
    »Umgekehrt? Wohin denn?«, fragte Lantuk.
    Daavir richtete sich auf und schirmte die Augen mit der Hand gegen die untergehende Sonne ab, während er sich umblickte. »Es ist möglich, dass sie zurück nach Surdan fliehen und das hier eine Nachhut war. Allerdings könnten auch die Wälder ihr nächstes Ziel sein.«
    »Die Trauerwälder?«, fragte Lantuk.
    »Wenn das ihr Name ist«, antwortete Daavir knapp.
    Als die Trauerwälder wurde ein weitläufiges Waldgebiet zwischen Surdan und Ma‘vol bezeichnet, so gewaltig, dass man vermutete, es könnte sich bis an die östliche Küste des Kontinents erstrecken – eine Entfernung von mehreren Tausend Meilen. Ihren Namen verdankten die Wälder dem Umstand, dass noch kein Mensch, der sie betrat, je wieder verlassen hatte.
    Kordal erkannte die Bedenken in Lantuks Gesicht.

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