Das Amulett
Schornsteins die angrenzenden Räume beheizen konnte.
Khalldeg entzündete innerhalb weniger Augenblicke ein prasselndes Feuer. Sie alle versammelten sich um den Kamin und vertrieben die Kälte des Tagesmarsches aus ihren Knochen. Eine ganze Weile saßen sie schweigend da und betrachteten die Funken, die sich immer wieder aus dem brennenden Holz lösten und aufgeregt umherstoben, ehe sie verglühten und das Schauspiel von Neuem begann.
»Jetzt, wo wir unter uns sind, Elf«, durchbrach Khalldeg schließlich die Stille, »was genau steckt hinter dieser Sache?«
»Hinter welcher Sache denn?«, fragte Faeron unschuldig.
»Wir waren uns einig, dass wir den Gipfel der Todfelsen erklimmen, um das Buch Karand zu zerstören; aber wir befinden uns gerade auf dem Weg nach Süden, haben die Berge im Rücken«, begann der Zwerg zu erklären. »Also, was ist so wichtig? Ein paar Goblins können es nicht sein.«
»Einige Hundert Goblins zu zerstreuen, indem man ihren König tötet, ist nicht wichtig genug für einen Berserkerzwerg?«, fragte Faeron.
»Nicht, wenn ich stattdessen den Gnomenkönig töten könnte!«, entgegnete Khalldeg und spielte damit auf die ursprüngliche Mission an, die ihm aufgetragen wurde, als er die Feste Amosh – die neue Heimat der Zwerge in dem als Eisnadel bekannten Gebirge – verlassen hatte.
Die Zwerge waren vor langer Zeit von den Gnomen aus den Minen unterhalb der Todfelsen vertrieben worden und gezwungen gewesen, nach Norden zu fliehen. Sie hatten die Länder der Menschen durchquert und sich unterhalb des Gipfels der Eisnadel neue Hallen gegraben und Schmieden erbaut. Ihre Zivilisation hat überlebt , dachte Tharador bei sich. Obwohl sie aus ihrer Heimat vertrieben wurden, haben sie sich neu orientiert. Den Menschen aus Surdan könnte dasselbe gelingen.
»Ich sagte doch bereits, Dinge können sich entwickeln«, wiederholte Faeron, was er in Surdan gesagt hatte. »Es wäre möglich, dass wir schon bald einen heiligen Ort erreichen.«
Darob wurden alle hellhörig und blickten ihn auffordernd an.
»Ein heiliger Ort?«, fragte Tharador. »Was für ein Ort könnte das sein? Zwischen Ma‘vol und Surdan liegen lediglich die Trauerwälder.«
»Genau, doch weißt du auch, was in den Trauerwäldern liegt? Tief verborgen in ihrem Herzen?«, fragte Faeron verschwörerisch.
»Viele Bäume?«, scherzte Khalldeg.
»Weit gefehlt, mein Prinz«, entgegnete Faeron. »In der Mitte des Waldes liegt die Quelle der Reinheit. Der Ort, an dem die unsterbliche Seele eines Wesens von seiner sterblichen Hülle getrennt und für die Reise in die nächste Welt vorbereitet wird. Der Ort, der uns von jedem Makel befreit. Die Quelle ist unser Ziel, denn die Goblins werden sie bald verseuchen. Wir wurden um Hilfe gebeten, sie zu beschützen«, erklärte er mit ruhiger Stimme.
»Die Dinge haben sich gerade entwickelt«, stellte Ul‘goth nüchtern fest und verschränkte die Arme vor der mächtigen Brust.
»Das wird Wurlagh gar nicht gefallen, was?«, neckte Khalldeg den Hünen. »Den Beweis dürfte er kaum ablehnen können. Oder will er seine Seele ohne Reinigung auf die Reise schicken?«
»Er schien es recht eilig mit dieser Reise zu haben«, lachte Tharador und zauberte mit der Bemerkung ein flüchtiges Lächeln in Ul‘goths Züge.
»Aber wer hat dich um Hilfe gebeten?«, fragte Calissa. »Der Rabe war doch nur ein Bote.«
»Ja, das stimmt. Ich habe selbst keine Ahnung, wer mich gerufen hat«, gab Faeron zu. »Die Legenden meines Volkes erzählen von einem Hüter der Quelle. Er ist einer der Götter, ihr Menschen kennt ihn als den Ewigen. Doch alle Götter verloren im Kampf mit den Dämonen ihre Körper. Karandras hat das Land wahrlich in finstere Zeiten gestürzt. Ich weiß nicht, wer der derzeitige Hüter der Quelle ist.«
»Wer auch immer dich um Hilfe gebeten hat, wir werden ihn nicht enttäuschen«, sagte Ul‘goth entschlossen. »Und ich werde die Möglichkeit nutzen, einen Fehler wieder gut zu machen.«
Calissa hatte sich nach ihrer Unterhaltung von den anderen entfernt und in die Küche zurückgezogen, wo sie ihren eigenen Gedanken nachhing.
Die Grafschaft Totenfels zu verlassen, war eine einfache Entscheidung gewesen. Nachdem sie von Graf Totenfels das Amulett dessen toter Frau gestohlen hatte, war Totenfels kein sicherer Ort mehr gewesen.
Das Amulett. Ihre Finger befühlten den kostbaren Anhänger durch ihre Bluse hindurch und fuhren jede Erhebung und Vertiefung des Schmuckstückes ab. Für dich,
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