Das Amulett
wie ein roter Feuerball, der auf die Erde niedersank. Der Paladin nutzte die letzten Lichtstrahlen des Tages, um sich weiträumig umzusehen.
»Junge, du musst noch viel lernen«, brummte Khalldeg. »Das hier ist alles andere als ein geeigneter Ort, um unser Nachtlager aufzuschlagen.«
Tharador beachtete ihn kaum, sondern versuchte, sich zu orientieren. »Etwas östlich von hier liegt ein kleines Gehöft. Es bringt uns etwas vom Weg ab, aber es bietet uns besseren Schutz für die Nacht.«
»Du willst doch eigentlich aus einem anderen Grund dorthin«, bemerkte Faeron.
Tharador biss sich auf die Unterlippe und belegte Ul‘goth mit einem gequälten Blick.
»Ich möchte auch wissen, ob Crezik und seine Goblins dort waren«, sagte der Hüne verständnisvoll. »Glaubt mir«, fügte er seufzend hinzu, »mich quält die Schuld, mit der ich mich beladen habe, indem ich dieses Pack hierher geführt habe.«
»Dafür hast du geholfen, ein anderes Übel zu beseitigen«, gab Calissa zu bedenken.
»Nur kann das meine Fehler nicht rückgängig machen.«
»Aber es zeigt, dass du an dir arbeitest«, lachte Khalldeg und klopfte dem Ork aufmunternd auf den Rücken. »Ich jedenfalls würde ein sicheres Dach und geschlossene Wände dem kalten Nachtwind vorziehen.«
Tharadors Herz stockte, als das Gehöft in Sichtweite geriet. Es handelte sich um eine kleine Ansammlung von Gebäuden, deren Bewohner die umliegenden Felder gemeinsam bestellt hatten. Tharador wusste nicht, wie viele Familien hier gewohnt hatten, doch der Größe der Siedlung nach konnten es nicht mehr als vier gewesen sein. Er sah sieben Gebäude, von denen drei Stallungen waren, beim Rest musste es sich um Wohnhäuser handeln.
»Die Gebäude scheinen unbeschädigt«, bemerkte Faeron, während sie sich der Siedlung weiter näherten.
»Sieht verlassen aus hier, wenn ihr mich fragt«, meldete Khalldeg sich zu Wort.
»Ja, in den Häusern brennt kein Licht, und es steigt kein Rauch aus den Kaminen auf«, pflichtete Ul‘goth dem Zwerg bei.
Khalldegs Vermutung wurde bestätigt, als sie das erste Wohnhaus des Gehöfts erreichten, denn dessen Türen standen weit offen.
»Sie sind geflohen«, beurteilte Calissa den Anblick.
»Nicht nur das«, sagte Faeron. »Es gibt bisher keine Anzeichen eines Kampfes. Ich kann auch keine Schäden an den Gebäuden erkennen. Die Goblins sind vermutlich nie hier gewesen.«
»Creziks Männer hätten die Gebäude mit Sicherheit verwüstet«, stimmte Ul‘goth dem Elfen zu.
»Aber was hat sie dann vertrieben?«, fragte Tharador und blickte sich erneut um.
»Es wäre möglich, dass es Flüchtlinge aus Surdan gab«, überlegte Khalldeg laut. »Die Kanäle, durch die wir in die Stadt eingedrungen sind, haben vielleicht auch einigen Menschen als Fluchtweg gedient. Diese Eisengitter schienen mir recht neu.«
»Das waren sie auch«, seufzte Ul‘goth. »Ich habe sie dort anbringen lassen, nachdem es einigen Bewohnern der Stadt gelungen war, durch die Kanäle zu fliehen. Allem Anschein nach war ein letzter Durchbruch der Stadtgarde erfolgreich, und es konnten einige Soldaten – aber hauptsächlich Frauen und Kinder – durch diese unterirdischen Gänge entkommen. Ich habe gleich nach der Schlacht alle Zugänge verschließen lassen.«
»Aber das ist doch großartig!«, freute sich Tharador. »Dann sind sie nach Süden geflohen, wahrscheinlich nach Innar oder Ma‘vol. Und sie haben auf dem Weg dorthin sicher viele Menschen gewarnt und gerettet!«
Faeron teilte seine Freude nicht. »Das heißt aber auch, dass die Goblins ziemlich enttäuscht gewesen sein müssen. Wer weiß, was sie alles angerichtet haben. Es wäre denkbar, dass diese Städte nicht mehr existieren.«
»So schlimm wird es schon nicht sein«, widersprach Khalldeg. »Immerhin haben die Flüchtlinge die Menschen im Süden auch gewarnt. Wir werden es vielleicht noch herausfinden, doch jetzt sollten wir in eines der Häuser gehen und ein wärmendes Feuer machen.«
Sie wählten das größte der Wohnhäuser, da es zudem am zentralsten in der kleinen Siedlung lag. Das Erdgeschoss bestand aus einer Küche und einer großen Wohnstube, das obere Stockwerk aus einigen Zimmern. Der Wohnraum maß gut achtzehn mal achtzehn Fuß und wurde von einem großen, frei stehenden, gemauerten Kamin beherrscht. Khalldeg verkündete nach einer kurzen Betrachtung des Gebildes, dass der Kamin wohl den Mittelpunkt des Hauses bildete. Dies war eine übliche Bauweise, da man so mit der Wärme des
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