Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Amulett

Das Amulett

Titel: Das Amulett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan R. Bellem
Vom Netzwerk:
aus weichem Moos überzogen. Obwohl die kalte Jahreszeit kurz bevorstand, trugen die Bäume noch ihre Blätter, was dem Wald ein unwirkliches Aussehen verlieh. Der Waldrand verlief außerdem nicht fließend wie bei anderen Wäldern, sondern ähnlich dem des Elfenwaldes. Ein einziger Schritt würde sie von ihrem bisherigen Pfad über Felder und Wiesen in dichtes Unterholz führen.
    »Seid vorsichtig, wir wollen nicht jenes Schicksal erleiden, das der Wald Eindringlingen in seinen Legenden verspricht«, warnte sie der Elfenkrieger.
    »Glaubst du, er hat uns überhaupt ein paar Goblins übrig gelassen?«, fragte Khalldeg und kratzte sich am Schädel.
    »Crezik wird sich von ein paar Bäumen nicht aufhalten lassen«, befürchtete Ul‘goth.
    »Wir sollten unser Lager heute Nacht hier am Waldrand aufschlagen und erst bei Tagesanbruch weitergehen«, schlug Faeron vor.
    »Und wie soll es morgen weitergehen, Elf?«, fragte Khalldeg neugierig. »Wir können es nicht mit der ganzen Horde der kleinen Monster auf einmal aufnehmen.«
    »Das müssen wir auch nicht. Wir geben den Goblins das, was sie wollen«, sagte er mit einem breiten Grinsen. »Du solltest schlafen, edler Prinz, sonst bist du morgen nicht bei Kräften«, neckte er den Zwerg.
    »Pah!«, schnaubte Khalldeg.
    »Wir sorgen dafür, dass sie sich gegenseitig umbringen!«, brach die Erkenntnis plötzlich aus Tharador hervor, als er Faerons Plan durchschaute.
    »Ja, und es dürfte nicht all zu schwer werden«, stimmte Faeron zu.
    »Wo bleibt da der Spaß, wenn man sie nicht selber umbringt?«, fragte Khalldeg mürrisch.
    »Keine Sorge, Prinz Khalldeg. Unter den Goblins wirst du nicht sonderlich auffallen«, lachte Faeron.
    Ul‘goth übernahm die erste Wache. Schweigend saß er mit überkreuzten Beinen am Feuer und starrte in die tanzenden Flammen, eine tiefe Falte auf der Stirn. Es ist meine Aufgabe, Crezik zu töten. Ich habe ihn in diesen Teil der Welt gebracht, ich werde ihn auch wieder entfernen, dachte er bei sich.
    Schließlich fasste er einen Entschluss und erhob sich geräuschlos.
    Der Orkkönig packte sein Bündel zusammen und stahl sich davon. Er wollte weiter in den Wald vordringen und Crezik finden. Die Goblins stellten seine Prüfung dar, nicht jene Khalldegs oder Tharadors. Er hatte sie aus den Bergen in dieses Land geführt. Es war seine Pflicht, sich Crezik allein zu stellen. Ul‘goth dachte an den gemeinsamen Kampf gegen Xandor zurück und musste sich eingestehen, dass er mächtige Gefährten zurückließ. Seine Aussichten auf Erfolg schienen gering, doch sein Stolz gebot, es alleine zu versuchen.
    Die Orks waren ein ehrenhaftes Volk – das hatte er sich immer wieder gesagt, seit er König wurde. Er hatte versucht, sein Volk zu neuem Ruhm und einem besseren Leben zu führen, doch alles, was er erreicht hatte, waren Tod und Vernichtung. Er war in all seinen Bemühungen gescheitert. Dies war die einzige Möglichkeit, seine Ehre zu retten.
    Ul‘goth bewegte sich, so schnell es der unebene Untergrund gestattete, und zog sich mehrere Schrammen und Kratzer an abstehenden Ästen zu, die er jedoch kaum wahrnahm. Je weiter er sich von seinen Gefährten entfernte und in den Wald vordrang, desto schneller wurde er. Sein Herz begann, schneller zu schlagen und er hatte das Gefühl, dass seine Sinne schärfer wurden. Er bemerkte, dass sein Weg ihn leicht nach Südosten führte, unbewusst. Der Wald gab ihn ihm vor, und er würde ihm bis ans Ende folgen.
    Ul‘goth wusste, die anderen würden nach ihm suchen, doch bei Tagesanbruch würde er bereits einen erheblichen Vorsprung haben.
    * * *
    Dunkelheit empfing ihn wie jedes Mal, und Dergeron hatte darauf gehofft.
    »Lassen wir diese Spielchen«, sagte er kühl. »Zeig dich!«
    Die Gestalt baute sich vor ihm auf, doch diesmal ohne den alles verschlingenden Nebel. Sie trug eine dunkle Robe mit einer großen, tief ins Gesicht gezogenen Kapuze.
    Dergeron zeigte sich unbeeindruckt. Seit er vermutete, dass sein Amulett der Ursprung dieser nächtlichen Besuche war, fühlte er sich überlegen. Er hatte die Kontrolle über die Situation zurückerlangt; mehr noch, er könnte das Amulett zerstören und alle Stimmen, die sich darin befanden. Diese schlichte Erkenntnis verlieh dem Krieger Selbstsicherheit. »Du weißt, was ich von dir will, aber was verlangst du als Gegenleistung?«, fragte er.
    Ich will frei sein! Die Stimme hallte durch die unendliche Dunkelheit.
    »Du bist also in dem Amulett gefangen, nicht wahr?«
    Du bist

Weitere Kostenlose Bücher