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Das Anastasia-Syndrom

Titel: Das Anastasia-Syndrom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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daß der Wagen bereits unten wartete.
    Rory kam immer zu früh.

    Stephens Stadthaus lag in der Lord North Street. Er weigerte sich, ihr seine Neuigkeit zu berichten, bevor sie zu Abend gegessen und es sich auf dem breiten, hochlehnigen Sofa in der Bibliothek bequem gemacht hatten. Im Kamin flackerte ein Feuer, und im silbernen Sektkühler stand eine Flasche Dom Peri-gnon, Er hatte das Personal weggeschickt und die Türen zur Bibliothek geschlossen. Feierlich erhob er sich, entkorkte den Champagner, schenkte ein und reichte ihr ein Glas. »Einen Toast.«
    »Worauf?«
    »Allgemeine Wahlen. Das Versprechen der Premierministerin, meine Kandidatur als Nachfolger im Parteivorsitz zu unterstützen.«
    Judith sprang auf. »Stephen, mein Gott, Stephen!« Sie stieß mit ihm an. »England hat großes Glück.«

    Sie küßten sich lange. Dann mahnte er: »Behalte das für dich, Darling. In den nächsten drei Wochen werde ich mich laut Plan mit der Ausarbeitung einer Wahlkampfstrategie befassen, politi-sche Rundfunksendungen machen, bei den EG-Tagungen über Terrorismus sichtbar in Erscheinung treten und diskret Unterstützung sammeln.«
    »Sich profilieren, so nennt man das in Washington.« Sie küßte ihn flüchtig auf die Stirn. »Ich bin so stolz auf dich, Stephen.«
    Er lachte. »Mich zu profilieren, das ist genau das Ziel. Dann wird die Premierministerin ihren Entschluß verkünden, nicht noch einmal zu kandidieren. Die erste Schlacht wird entbrennen, wenn die Partei einen neuen Vorsitzenden wählt. Da gibt es Konkurrenz, aber mit ihrer Unterstützung dürfte es klappen.
    Sobald ich zum Parteivorsitzenden gewählt bin, wird die Premierministerin zur Königin gehen und um Auflösung des Parlaments ersuchen. Die allgemeinen Wahlen finden etwa einen Monat danach statt.«
    Er legte den Arm um sie. »Und wenn unsere Partei gewinnt und ich Premierminister werde, kann ich dir gar nicht sagen, was es für mich bedeutet, dich am Ende des Tages hier zu wissen. Mir ist nie klar geworden, wie einsam ich in all den Jahren von Janes Krankheit gewesen bin, bis zu jenem Abend, an dem ich dich bei Fiona kennenlernte. So elegant. So witzig und bildschön. Und deine Augen mit diesem Hauch von Schwermut.«
    »Den haben sie jetzt nicht.«
    Sie setzten sich wieder auf das Sofa, er legte die langen Beine auf den Lederhocker, sie kuschelte sich an ihn. »Erzähl mir von deiner Zusammenkunft mit der Premierministerin, aber bitte haarklein«, verlangte sie.
    »Nun, ich versichere dir, anfangs war ich felsenfest davon überzeugt, daß sie mich so sanft wie möglich abservieren wollte.
    Ich glaube nicht, daß ich dir je etwas über meinen Schwiegervater erzählt habe.«

    Als Judith zuhörte, wie Stephen von dem Skandal sprach und von seinen Ängsten, dies würde ihn vielleicht die Unterstützung der Premierministerin kosten, wurde ihr klar, daß sie ihm nichts von ihrem Besuch bei Dr. Patel sagen und ihn auch nicht bitten durfte, ihr bei der Ermittlung ihrer wahren Identität behilflich zu sein. Kein Wunder, daß er sich ihrem Wunsch, ihre leiblichen Verwandten ausfindig zu machen, so heftig widersetzt hatte.
    Und das fehlte gerade noch, daß die Zeitungen Wind davon be-kämen und mit fetten Schlagzeilen verkündeten, die zukünftige Gattin des Premierministers habe den umstrittenen Reza Patel konsultiert.
    »Und nun zu deinen Neuigkeiten«, sagte Stephen. »Du hast von guten Nachrichten gesprochen.«
    Judith streichelte ihm lächelnd die Wange. »Ich erinnere mich genau, wie Fiona mir mitteilte, daß sie mich beim Abendessen neben dich plaziert hat. Du wärst einfach umwerfend, sagte sie.
    Sie hatte recht. Gegenüber deinen Neuigkeiten sind meine wirklich nicht der Rede wert. Ich wollte dir von einem hochinteres-santen Schwatz mit dem stellvertretenden Leiter des Staatsarchivs berichten. Ihm imponierte es anscheinend, daß Karl II. ein Auge für Frauen hatte.« Sie bot ihm die Lippen, umschlang ihn, spürte sein Verlangen. Ich liebe ihn so, dachte sie und sagte es ihm.

    Am Freitagabend fuhren sie zu Stephens Landsitz in Devon. In diesen drei Stunden erzählte er ihr von Edge Barton Manor.
    »Das liegt in Branscombe, einem schönen alten Dorf. Erbaut während der Eroberung durch die Normannen.«
    »Vor ungefähr neunhundert Jahren«, warf Judith ein.
    »Ich muß unbedingt daran denken, daß ich es mit einer Histo-rikerin zu tun habe. Die Familie Hallett erwarb den Landsitz, als Karl II. auf den Thron zurückkehrte. Bei deinen Recherchen wirst du

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