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Das Anastasia-Syndrom

Titel: Das Anastasia-Syndrom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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    »Mach schon.« Hallett trieb die schluchzende Alte die große Treppe hinauf, drehte ihr dabei weiterhin die Arme auf dem Rücken zusammen.
    Kurz darauf zerrten zwei Soldaten Sir John Carew gefesselt die Treppe hinunter. Simon Hallett steckte sein Schwert wieder in die Scheide. »Dieser Diener hat für seine Frechheit mit dem Leben gebüßt«, teilte er Margaret mit.
    Wie betäubt stand sie auf und eilte zu ihrem Mann. »Ich bin anscheinend etwas unpäßlich, Margaret«, sagte John; es klang bestürzt. »Es ist sehr kalt. Könntest du bitte nachlegen lassen.
    Und schick Vincent zu mir. Ich habe den Jungen den ganzen Tag nicht gesehen.«
    Margaret schloß ihn in die Arme. »Ich folge dir nach London.« Als die Soldaten John aus dem Haus scheuchten, fixierte sie Hallett. »Sogar diese Verrückten können seinen Zustand sehen. Und wenn sie unbedingt jemand vor Gericht stellen wollen, dann sollen sie mir den Prozeß machen. Ich war es, die von meinem Gatten verlangt hat, den Hinrichtungsbefehl für den König zu unterzeichnen.«
    »Seid bedankt für diese Auskunft, Lady Margaret.« Hallett wandte sich an den kommandierenden Offizier. »Ihr könnt ihr Geständnis bezeugen.«
    Margaret wurde vom Prozeß ihres Mannes ausgeschlossen.
    Freunde hielten sie auf dem laufenden. »Sie behaupten, er habe den Narren gespielt, es aber dennoch verstanden, einen schlau-en Fluchtplan auszuhecken. Das Urteil lautet auf Königsmord, binnen drei Tagen zu vollstrecken.«
    Gehenkt in Charing Cross. Sein Leichnam ausgeweidet und gevierteilt. Sein Kopf aufgespießt zur Schau gestellt.
    »Ich muß den König sehen«, sagte Margaret. »Ich muß es ihm begreiflich machen.«

    Ihre Vettern hatten es weder verstanden noch verziehen, daß sie es mit den Parlamentariern hielt. Doch sie stammte aus einer der großen Familien Englands. Sie verschafften ihr eine Audienz.
    An dem Tag, an dem John hingerichtet werden sollte, wurde Margaret zu Karl II. geführt. Dem Vernehmen nach hatte der König seinen Ratgebern erklärt, er sei es leid und wünsche keinen weiteren Tod durch den Strang. Sie würde darum bitten, daß Sir John friedlich in Edge Barton sterben dürfe, und sich selbst als Ersatz anbieten.
    Simon Hallett stand zur Rechten des Königs. Belustigt sah er zu, wie Margaret in einem tiefen Hofknicks versank.
    »Sire, bevor Ihr Lady Margaret anhört, die höchst überzeu-gend sein kann, darf ich Euch andere Zeugen präsentieren?«
    Margaret war starr vor Entsetzen, als der Captain der Wache, der John verhaftet hatte, hereingeführt wurde und dem Monarchen berichtete: »Lady Margaret hat beteuert, sie habe von ihrem Gatten verlangt, den Hinrichtungsbefehl für den König zu unterzeichnen.«
    »Aber genau das wollte ich Euch ja hier kundtun. Sir John wollte es nicht unterzeichnen. Er hat mir nie verziehen, daß ich ihn dazu nötigte«, schrie sie.
    »Eure Majestät«, unterbrach Simon Hallett. »Sein ganzes Leben, sein Militärdienst, seine Jahre im Parlament zeigen Sir John Carew als einen Mann mit unerschütterlichen Überzeu-gungen, der sich nicht von einem nörgelnden Eheweib beeinflussen läßt. Ich sage dies nicht, um ihn zu entschuldigen, sondern um Euch, bei all Eurer Großzügigkeit und Milde, begreiflich zu machen, daß Ihr einer Frau ins Antlitz blickt, die ebenso schuldig ist, als ob sie selbst jene unverzeihliche Urkunde unterzeichnet hätte. Und ich habe noch eine weitere Person, für die ich Euer Augenmerk erbitten möchte – Lady Elizabeth Sethbert.«
    Eine Frau in den Dreißigern trat ein. Warum kam sie ihr so bekannt vor? Auf diese Frage erhielt Margaret bald die Antwort. Es war der Gatte von Lady Elizabeth, der Vincent getötet hatte. »Ich werde es nie vergessen, Euer Majestät«, sagte Lady Elizabeth, während sie Margaret mit eisiger Verachtung fixierte.
    »Als ich meinen Gatten in den Armen hielt, stolz und froh, daß er im Dienste Seiner Majestät sein Leben hingegeben hatte, sagte diese Frau, es sei ein Jammer, daß sich sein Schwert nicht in das Herz des Königs gesenkt habe. Und dann: ›Wäre es mein gewesen, so hätte es da sein Ziel gefunden.‹ Als sie gegangen war, erkundigte ich mich bei einem Offizier des Parlamentarier-heeres nach ihrem Namen, denn sie war eindeutig eine Adelige.
    Den Schrecken jenes Augenblicks habe ich nie vergessen und die Geschichte oft erzählt, deshalb hat auch Simon Hallett davon erfahren.«
    Der König musterte Margaret scharf. Sie hatte gehört, daß er sich einbildete, ein

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