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Das Anastasia-Syndrom

Titel: Das Anastasia-Syndrom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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Jah-resball in Edge Barton zu veranstalten. Die flache Atmung und die aschfahle Farbe zeigten Margaret, daß sein Herz versagte.
    Mit Hilfe von ein paar zuverlässigen Dienern entwarf sie einen raffinierten Plan. John würde sich nach London aufmachen, um sich dem König zu ergeben. Pächter und Dorfbewohner könnten die Kutsche abfahren sehen, die dann bei Dunkelheit zurückkehren würde. In den geheimen Räumen, die einst als Priesterversteck benutzt wurden, hatten sie ihm eine Wohnung hergerichtet. Dort hatten Angehörige des katholischen Klerus zur Zeit von Königin Elizabeth I. Zuflucht gefunden, wenn sie nach Frankreich zu entkommen suchten. Danach würde die Kutsche zu einer abgelegenen Stelle nahe der Strecke nach London zurückfahren und so zugerichtet werden, als ob Straßenräuber sie überfallen und die Insassen umgebracht hätten.
    Der Plan funktionierte. Der Kutscher, mit einem stattlichen Betrag entlohnt, war unterwegs in die amerikanischen Kolonien.
    Johns Kammerdiener blieb mit ihm in der Geheimwohnung.
    Margaret schlich sich nachts in die Küche und bereitete ihnen mit Hilfe von Dorcas, einem angejahrten Küchenmädchen, etwas zu essen.
    Als die Nachricht kam, daß man die Königsmörder in Charing Cross gehängt, ausgeweidet und gevierteilt hatte, wußte Margaret, daß ihre Entscheidung die einzig mögliche gewesen war.
    John würde friedlich in Edge Barton sterben.
    Von einem Trupp royalistischer Soldaten begleitet, erschien Simon Hallett am 2. Oktober bei Morgengrauen. Margaret war gerade in ihre Gemächer zurückgekehrt. Sie hatte die Nacht bei John verbracht, seinen gebrechlichen Körper umfangen und die nahende Todeskälte gespürt. Sie wußte, daß er nur mehr Wochen oder gar Tage zu leben hatte. Hastig griff sie nach einem Schlafrock und band ihn zu, während sie die Treppe hinuntereil-te.
    Seit achtzehn Jahren hatte sie Simon Hallett nicht mehr zu Gesicht bekommen. Er war bei Kriegsende zum König nach Frankreich ins Exil gegangen. Seine einst schwächlichen Züge waren schärfer geworden. Anstelle des verschlagenen Ausdrucks, der sie so abgestoßen hatte, war Anmaßung getreten.
    »Wie schön, Euch wiederzusehen, Lady Margaret«, begrüßte er sie zynisch, als sie die große Holztür öffnete. Ohne ihre Aufforderung abzuwarten, ging er an ihr vorbei und schaute sich um. »Edge Barton ist nachlässig gepflegt worden, seitdem ich das letzte Mal hier war.«
    »Während Ihr in Frankreich Eurem königlichen Herrn und Meister schmachtend zu Füßen lagt, zahlten andere Engländer zu Hause hohe Steuern als Ausgleich für die Kriegskosten.«
    Margaret hoffte, daß ihre Augen nicht verrieten, wie furchtbar verängstigt sie war. Argwöhnte Simon Hallett, daß Johns Kutsche gar nicht von Wegelagerern überfallen worden war? Der Befehl, den er den Soldaten erteilte, bestätigte diese Befürchtung.
    »Durchsucht jeden Winkel dieses Hauses. Hier muß es ein Priesterversteck geben. Aber seid vorsichtig, damit ihr keinen Schaden verursacht. Es wird sowieso kostspielig genug, den Besitz wieder ordentlich herzurichten. Sir John hat sich hier irgendwo verkrochen. Wir gehen nicht weg ohne ihn.«
    Lady Margaret bot alles an Verachtung und Zorn auf, was in ihrer Seele brannte. »Ihr irrt Euch«, erklärte sie. »Mein Gatte würde Euch mit dem Schwert empfangen, wenn er hier wäre.«
    Und das würdest du auch, John, dachte sie, aber du bist ja nicht hier. Du lebst in einer glücklichen Vergangenheit…
    Raum für Raum wurde das große Haus untersucht. Sie rissen Schränke auf, klopften Wände ab nach Geheimgängen. Stunden verstrichen. Margaret saß in dem großen Saal an dem Feuer, für das ein Diener gesorgt hatte, und fragte sich, ob sie Hoffnung schöpfen durfte. Hallett wanderte im Haus umher, wurde immer ungeduldiger. Schließlich kehrte er in den großen Saal zurück. Dorcas hatte Margaret eben Tee und Brot gebracht. Als Halletts Blick nachdenklich auf die ältliche Frau fiel, wußte Margaret, daß es aus war. Mit einem behenden Satz durchquerte er den Raum, packte sie an den Armen und drehte sie ihr auf dem Rücken zusammen. »Du weißt, wo er ist«, herrschte er sie an. »Los, sag es mir.«
    »Weiß nicht, was Ihr meint, Sir, bitte«, wimmerte Dorcas. Ihr Flehen steigerte sich zu einem schrillen Aufschrei, als Hallett ihr abermals die Arme verdrehte und das gräßliche Geräusch brechender Knochen durch den Saal hallte.
    »Ich zeig’s Euch, wo er ist«, kreischte sie. »Nicht mehr! Bitte nicht

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