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Das andere Ende der Leine: Was unseren Umgang mit Hunden bestimmt (German Edition)

Das andere Ende der Leine: Was unseren Umgang mit Hunden bestimmt (German Edition)

Titel: Das andere Ende der Leine: Was unseren Umgang mit Hunden bestimmt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia B. McConnell
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stabile Unterschiede in den Persönlichkeiten sehen kann. Viele der Persönlichkeitsunterschiede, die er bei den Rhesusäffchen beschreibt, kommen denen bei Menschen und Hunden sehr nahe. Manche von ihnen sind, genau wie manche Menschen und manche Hunde, in ihnen unbekannten Situationen oder gegenüber unbekannten Objekten scheu, während andere als sehr leicht beirrbar schnell kopflos werdend beschrieben werden können. Was diese Merkmale so interessant macht und so ähnlich zu dem, was die Wissenschaft über die Persönlichkeit des Menschen herausgefunden hat, ist folgendes: Sie können zwar früh im Leben zum Vorschein kommen und mit dem Erwachsenwerden des Tieres relativ stabil bleiben, aber die Erfahrungen in der frühen Entwicklungsphase haben einen tiefgreifenden Einfluss darauf, wie sich das Tier im späteren Leben verhält.
    Schüchternheit zum Beispiel ist bei Menschen, Hunden und Rhesusaffen häufig und scheint sowohl eine genetische als auch eine umweltbedingte Komponente zu besitzen. Wir wissen seit vielen Jahren, dass schüchterne Hunde auch zu einem hohen Prozentsatz schüchterne Nachkommen haben: John Paul Scott und John L. Fullers klassische Forschungen zur genetischen Grundlage des Hundeverhaltens zeigten, dass Schüchternheit eines der am stärksten von der Genetik beeinflussten Verhaltensmerkmale war. Gute Züchter wissen, dass die Verpaarung zweier schüchterner Elterntiere zu extrem schüchternen Welpen führen kann, auch wenn es allerdings selten so einfach ist. Wahrscheinlicher ist, dass der Wurf eine Mischung aus sehr schüchternen, mittelmäßig schüchternen und ein oder zwei überhaupt nicht schüchternen Welpen sein wird.
    Wissenschaftler haben Studien zu Schüchternheit bei Menschen durchgeführt, bei denen sie Genetik und Umwelt streng auseinander hielten, indem sie adoptierte Babys beobachteten. Sie fanden eine Korrelation zwischen schüchternen Kindern und schüchternen biologischen Müttern heraus, auch wenn die Kinder von nicht schüchternen Pflegeeltern adoptiert worden waren. Die Hinweise dafür, dass Schüchternheit bei anderen Spezies teilweise genetisch weitergegeben wird, sind überwältigend. Nach Steve Suomi reagieren etwa 15 bis 20 % der Population verschiedener Primatenarten ängstlicher als andere auf unbekannte Dinge. Scheu oder Schüchternheit scheint etwas zu sein, was Biologen »konservatives« Merkmal nennen, was bedeutet, dass ein Merkmal dazu neigt, in einer Population vorhanden zu bleiben und in ähnlich bleibender Häufigkeit weitergegeben zu werden. Das macht Sinn, denn Suomi fand auch heraus, dass scheue Rhesusäffchen in manchen Situationen mehr Erfolg haben als ihre mutigeren Kollegen. Junge männliche Rhesusaffen müssen zum Beispiel beim Erreichen der Geschlechtsreife ihre Gruppe verlassen und in eine andere Gruppe emigrieren. Dies ist ein gefährlicher Vorgang für einen Affen, und etwa die Hälfte der Männchen stirbt dabei. Die größten Männchen sind die erfolgreichsten, und weil schüchterne Männchen vorsichtiger sind, verlassen sie die Gruppe aus eigenem Antrieb später als die anderen. Weil sie älter sind, wenn sie gehen, sind sie meist auch größer und damit ironischerweise erfolgreicher als ihre mutigeren Kollegen. Aber Wissenschaftler haben auch starke Hinweise auf Umwelteinflüsse gefunden. Scott und Fuller fanden heraus, dass Welpen, wenn sie während ihrer frühen Sozialisationsperiode nicht mit Menschen in Kontakt kommen, zu Erwachsenen werden, die Fremden gegenüber immer Angst haben werden. Forschungen zum Verhalten von Katzen fanden heraus, dass Kätzchen von mutigen Eltern scheu auf Fremde reagieren, wenn sie nicht schon im frühen Alter mit Menschen zu tun hatten, wobei die wichtigste Zeit für diese Kontakte zwischen der dritten und siebten Woche liegt. Suomi fand heraus, dass die Jungen von scheuen Rhesusaffenmüttern, die genetisch schon für Schüchternheit prädispositioniert sind, trotzdem zu relativ extrovertierten Tieren werden können, wenn sie von Adoptiveltern großgezogen werden, die sich sehr eifrig um sie kümmern, ihnen Sicherheit bieten und sie zum Kontakt mit anderen ermutigen.
    Die Beweise dafür, dass bei allen komplexen Tieren die individuelle Persönlichkeit das Ergebnis einer Interaktion zwischen Genetik und Umwelt ist, sind überwältigend. So sind wir auch in dieser sehr wichtigen Hinsicht unseren Hunden sehr ähnlich und sie uns. Zu fragen, ob das Verhalten eines von uns beiden »genetisch« oder

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